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Die Gaskammer |
Zwischen Anfang 1940 und Ende Juni 1940 wurde ein Teil der Schlosses in
eine Euthanasie-Anstalt umgewandelt. Man installierte eine Gaskammer und ein
Krematorium im Keller des ehemaligen Männerhauses C16. Eine hohe Backsteinmauer
und ein Holzzaun verhinderten Einblicke von allen Seiten. Innerhalb dieses Gebäudekomplexes
lagen vier Gebäude. Sie wurden genutzt als Büros, Unterkünfte für das
Personal etc. Im Dachgeschoss des Hauses C16 befanden sich die Schlafräume der
"Brenner" (Männer, die die Leichen verbrennen sollten). Möglicherweise wurden
auch noch andere Gebäude des Schlosses von Aktion T4 genutzt.
Auch in Sonnenstein glich die Tötung der Behinderten den Vorgängen in anderen
Euthanasie-Anstalten:
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Erdgeschoss |
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Registrierung,
-ausziehen und aushändigen der Wertsachen (Ringe, Uhren etc.) an das
Personal,
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oberflächliche Untersuchung der Opfer zum Finden
einer plausiblen Todesursache, die man dann den Familienangehörigen mitteilen konnte,
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fotografieren der Opfer,
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Keller |
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Begleitung der Opfer nach der Gaskammer und anschließende Vergasung,
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Verbrennung der Toten in den zwei Krematoriumsöfen,
-einfüllen der Asche in Urnen, wobei es für das Personal unerheblich war, von welcher Leiche
die Reste stammen,
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Versand der Urnen und Todesbescheinigungen an die Verwandten.
Die Opfer wurden in Bussen nach Sonnenstein gebracht. Wenn sie nicht sofort vergast werden konnten, verbrachten
sie die Nacht in den Häusern Nr. 13 und 18. Zum Vergasen wurden sie durch das westliche Treppenhaus in den
Keller des Schlosses gebracht, dann durch einen Vorraum in die Gaskammer.
Der Boden der Gaskammer hatte einen Belag aus Ziegelsteinen, die Wände waren nicht gekachelt sondern mit
Farbe gestrichen. Die gasdichte Tür hatte einen Sichtschlitz, durch den die Ärzte den Innenraum
beobachten konnten. Das Fenster war nicht zugemauert sondern durch ein Eisengitter versperrt. Das tödliche
Kohlenmonoxidgas wurde durch Rohre aus dem Nebenraum in die Gaskammer eingeleitet und strömte aus kleinen
Löchern des an den Wänden umlaufenden Gasrohres. Man kann davon ausgehen (es ist allerdings nicht
nachweisbar), dass Duschattrappen an der Decke angebracht waren zur Täuschung der Opfer. Nach der Vergasung
wurden die Opfer durch eine andere gasdichte Tür aus der Kammer entfernt. Diese Tür diente auch zur
anschließenden Reinigung des Raumes. Das Wasser floss in den Sezierraum, wo es sich in einem Gulli sammelte .
Die zwei Krematoriumsöfen wurden von der Firma
Kori (
Berlin)
geliefert. Sie wurden aus Ziegelsteinen gemauert, ähnlich den Öfen in
Mauthausen und
Flossenbürg.
Sie befanden sich auch im Keller, hinter dem Sezierraum. Der Rauch zog durch einen großen Schornstein ab
(1,40 x 1,40 m).
Heute (2005) sind noch die rostigen Reste der Ofen-Installationen im Boden des Krematoriums und damalige
Änderungen in den Wänden zu sehen. Eine Knochenmühle stand ebenfalls im Krematoriumskeller.
Die Asche der Verbrannten wurde durch eine kleine Tür in der Außenwand gebracht und einen Abhang
zur Elbe hinunter geworfen.
Von
Ende Juni 1940 bis September 1942 wurden etwa 15.000 Behinderte im Rahmen des
Euthanasie-Programmes und der
Sonderbehandlung 14f13 umgebracht.
Im
August/September 1942 wurde die Euthanasie-Anstalt Sonnenstein geschlossen.
Verräterische Installationen wie die Gaskammer und die Krematoriumöfen wurden umgebaut bzw. entfernt,
Löcher in Wänden verschlossen und Türen zugemauert. Ab
Oktober 1942
diente Sonnenstein als Militärhospital. Während der DDR-Zeit wurden die Räume für
unterschiedliche Zwecke genutzt, so dass weitere Spuren der Euthanasie-Zeit zerstört wurden.
Foto:
Dr. Boris Böhm, Gedenkstätte Sonnenstein
© ARC 2005