Der Inspekteur für Statistik
beim Reichsführer SS
[Stempel: Geheime Reichssache]
DIE ENDLÖSUNG DER EUROPÄISCHEN JUDENFRAGE
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Statistischer Bericht
I n h a l t :
I. Vorbemerkung
II. Die Judenbilanz in Deutschland
III. Jüdische Volksschwäche
IV. Die Auswanderung der Juden aus Deutschland
V. Die Evakuierung der Juden
VI. Die Juden in den Ghettos
VII. Die Juden in den Konzentrationslagern
VIII. Juden in Justizvollzugsanstalten
IX. Der Arbeitseinsatz der Juden
X. Europäische Judenbilanz
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DIE ENDLÖSUNG DER EUROPÄISCHEN JUDENFRAGE
Statistischer Bericht
I. VORBEMERKUNG
Zur Aufstellung einer Bilanz über die Ergebnisse auf dem
Wege zur Lösung der Judenfrage bedarf es der zahlenmäßigen
Erfassung des Judentums und seiner Entwicklung. Die Wider-
sprüche in den Zahlenangaben über das Judentum machen je-
doch eine Vorbemerkung dahingehend nötig, daß Zahlen über
das Judentum stets mit besonderem Vorbehalt aufzunehmen
sind und ohne Kenntnis ihrer Quelle und Entstehung oft zu
Fehlschlüssen führen. Die Fehlerquellen liegen vor allem
im Wesen des Judentums und seiner historischen Entwicklung,
in seiner tausendjährigen ruhelosen Wanderschaft, den zahl-
losen Aufnahmen und Austritten, den Angleichungsbestrebun-
gen, der Vermischung mit den Wirtsvölkern, in dem Bemühen
des Juden, sich unbemerkt der Erfassung zu entziehen, und
schließlich in falschen oder falsch ausgelegten Statistiken
über das Judentum.
Darüber hinaus hat die Statistik -teils als statistischen
Notbehelf, teils wegen der weitgehenden Übereinstimmung
zwischen jüdischem Glauben und jüdischer Rasse, teils in
Unkenntnis des Rassegedankens, teils im religiösen Denken
der jeweiligen Zeit befangen- bis zuletzt die Juden fast
nie nach ihrer Rasse, sondern nach ihrem religiösen Bekennt-
nis erfaßt. Die Erfassung der Rasse setzt eine vieljährige
Schulung und auch Ahnenforschung voraus. Auch gestaltete
sie sich schwierig, vor allem in südlichen und östlichen
Ländern, weil trotz aller Übereinstimmung eine einheitliche
jüdische Rasse sich statistisch schwer abgrenzen ließ. Das
Bekenntnis zum mosaischen oder israelitischen Gluaben ist
wieder kein vollgültiges Beweismittel, weil es infolge der
einstigen jüdischen Missionsbewegung mit ihrer Aufnahme von
Massen von Heiden und Christen, auch durch die Übertritte
zum Judentum in neuer Zeit durch Mischehen und "Bekehrung"
nicht wenige Glaubensjuden nichtjüdischer Rasse gibt, wäh-
2
rend umgekehrt das Zwangschristentum und die im letzten
Jahrhundert wieder stark angestiegene Zahl der getauften
Juden und daneben der Gemeinschaftslosen mit jüdischer
Rasse die Judenzahl drückten. so schätzte Leroy-Beaulieu
1893 den Verlust des Judentums durch das Christentum auf
das Vier- bis Zehnfache seiner heutigen Anhänger, nach
Maurice Fishberg und Mathias Mieses ist das Dreifache der
heutigen Judenzahl im arischen Europa aufgegangen. Sogar
hans Günther schätzt die Zahl der Juden in Deutschland auf
das Doppelte der Zahl der Juden mosaischen Glaubens, die
deutsche Staatsangehörige sind. Schließlich geht der litau-
ische Jude Brutzkus so weit, die Berliner Juden nach ihrer
Blutzusammensetzung als reinere Europäer zu bezeichnen als
die Deutschen in Berlin.
Entsprechend diesen Meinungen hat man die Anteile der Rasse-
juden samt Mischlingen in Europa vielfach dreimal so hoch
als die der Glaubensjuden angenommen (in Osteuropa zweimal,
in Mitteleuropa viermal, im übrigen Europa gar achtmal so
hoch) und mit etwa 6 vH mehr oder weniger jüdischem Blut in
der europäischen Bevölkerung gerechnet. Demgegenüber führte
Burgdörfer die Judenzahlen für das Deutschland von 1933 auf
850 000 Voll-, Halb- und Vierteljuden (bei 502 799 Glaubens-
juden) in seinen Schätzungen zurück, für Österreich von 1934
auf 300-400 00 (bei 191 738 Glaubensjuden). Die Erhebung
der Rassejuden bei der deutschen Volkszählung von 1939 hat
bei 307 892 Glaubensjuden nur die etwas höhere Zahl von
330 892 Volljuden, 72 738 Halbjuden und 42 811 Vierteljuden
ergeben, die vor allem bezüglich der Halb- und Vierteljuden
keinesfalls als zuverlässig angesehen werden kann. Die ge-
wonnenen Zahlen lassen sich nur als Mindestzahlen werten.
Sie kamen durch die in einer "Ergänzungskarte" zur Haus-
haltungsliste der Volkszählung 1939 enthaltene Frage "War
oder ist einer der 4 Großelternteile Volljude?" zustande,
die für jeden Großelternteil mit "ja" oder mit "nein" zu
beantworten war. Da diese Ergänzungskarte in verschlosse-
nem Umschlag abzugeben und darum der Kontrolle am Ort ent-
zogen war, wurde sie schlecht ausgefüllt. Vielfach wurden
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statt einer Antwort nur Striche in dei entsprechenden Fächer
gemacht.
Der erste amtliche Versuch, die Juden nach ihrer Rasse zu er-
fassen, wurde von den Juden sofort sabotiert. Er geschah bei
der österreichischen Volkszählung vom 7. März 1923. Vizekanz-
ler Dr. Frank (Großdeutsche Volkspartei) unterzeichnet ekurz
vor der Zählung eine Verordnung, wonach zur Frage 7 des Zähl-
blattes (Sprache) "auch die Volkszugehörigkeit und Rasse anzu-
geben" waren. Da die Zählblätter bereits gedruckt waren, wurde
darauf nur in einem roten Merkzettel ohne Erläuterung, anleitung
und Musterbeispiele hingewiesen. Die österreichischen Juden sa-
botierten diese Frage dadurch, dass die jüdisch-marxistische Pres-
se unmittelbar vor dem Zählungstag ihre Leser aufforderte, die
Frage nach der Rasse mit " w e i ß " zu beantworten. Das Ergeb-
nis war, daß daraufhin die "weiße Rasse in Österreich etwa so
weit verbreitet war, wie die Einflußspähre der jüdisch-marxisti-
schen Presse und Parteien reichte". Nur in Kärnten und im Bur-
genland wurde die Aufbereitung des Materials mit recht zweifel-
haftem Erfolg durchgeführt, in den anderen Bundesländern und
vor allem in Wien aber als zwecklos eingestellt.
II. DIE JUDENBILANZ IN DEUTSCHLAND
Die folgenden Angaben über die Zahl und Entwicklung der Juden
in Deutschland fußen auf den amtlichen Zahlen der Volkszählun-
gen und sonstigen Erhebungen des Reiches und auf den Berechnun-
gen und Schätzungen der Wissenschaft, sind aber in der Haupt-
sache von der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland und
von den Kultusgemeinden in Wien und Prag erstellt, die mit Zäh-
lungen, Zählkarten für die Bevölkerungsbewegung, Fortschreibung
und daneben mit Berechnungen und Schätzungen arbeiten. Diese
jüdischen Dienststellen arbeiten unter der Kontrolle des Reichs-
sicherheitshauptamtes und für dessen Zwecke. Vom fraglichen An-
fangsbestand der Juden abgesehen scheint die Reichtsvereinigung
der Juden in Deutschland zuverlässig zu arbeiten. Aufgrund der
an dieser Stelle gefertigten und vom Reichssicherheitshauptamt
bislang überprüften Statistiken kann folgende Bilanz über die
Entwicklung des Judentums in Deutschland von der Macht-
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ergreifung (30.1.1933) im Altreich, März 1938 in Österreich,
März 1939 im Protektorat Böhmen-Mähren) bis zum 1.1.1943
gezogen werden:
1. Judenbilanz des Altreichs mit Sudetengau und Danzig
Zahl der Juden im Altreich (ohne Sudetengau
und Danzig) am 30.1.1933 rund 561 000
Abgang vom 30.1.33 bis 1.1.43 durch
Sterbeüberschuß (im Altreich) - 61 193
Auswanderungsüberschuß - 352 534
Abwanderung (Evakuierung) - 100 516
- 514 243
Zugang vom 30.1.33 bis 1.1.43 durch
Eingliederung des Sudeten-
landes + 2 649 x)
sonstige Veränderungen (Dan-
zig, Zuzug, Wegzug, geneh-
migte Austritte, Anerken-
nung als Mischling I. Grades,
Neuerfassung, Karteibereini-
gung) + 1 921
+ 4 570
Zahl der Juden im Altreich (mit Sudetengau
und Danzig) am 1.1.1943 51 327
2. Judenbilanz der Ostmark
Zahl der Juden in der Ostmark am 1.3.1938 rund 220 000
Abgang vom 1.3.38 bis 1.1.43 durch
Sterbeüberschuß - 14 509
Auswanderungsüberschuß - 149 124
Abwanderung (Evakuierung) - 47 555
sonst. Veränderungen - 710
- 211 898
Zahl der Juden in der Ostmark am 1.1.1943 8 102
3. Judenbilanz des Protektorats Böhmen-Mähren
Zahl der Juden im Protektorat am 15.3.1943 118 310
Abgang vom 15.3.39 bis 1.1.43 durch
Sterbeüberschuß - 7 074
Auswanderungsüberschuß - 26 009
Abwanderung (Evakuierung) - 69 677
- 102 760
Zahl der Juden im Protektorat am 1.1.1943 15 550
_______________
x) Diese Zahl von 2 649 Juden im Sudetenland wurde bei der
Volkszählung 1939 festgestellt. Vor Eingliederung des Sudeten-
lands ins Reich betrug die Judenzahl rund 3 . . die aber
sehr rasch ohne Überschreitung einer Staatsgrenze und ohne
Vermögensverluste ins Protektorat auströmten.
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In der Bilanz sind die neuerworbenen Ostgebiete (mit Ausnahme
von Danzig) nicht enthalten. Ihre Bilanz kann noch nicht erstellt
werden. Doch gibt es über die Juden in diesen Gebieten zur Zeit
der Übernahme ins Reich verschiedene Schätzungen, die auf eine
Zahl von etwa 630 000 hinführen dürften. Dazu kommen etwa
160 000 Juden im Bezirk Bialystok und rund 1,3 Millionen Juden
im Generalgouvernement zur Zeit seiner Errichtung.x) Das würde zu-
sammen im gesamtdeutschen Raum (ohne die besetzten Ostgebiete)
Ende 1939 eine Gesamtzahl der Juden von etwa 2,5 Millionen erge-
ben x), deren weitaus größter Teil auf den neuen Osten entfällt.
Am 1.1.1943 zählt das Reich ohne die neuen Ostgebiete, ohne das
Altersghetto Theresienstadt und ohne den Arbeitseinsatz im Rahmen
der Organisation Schmelt nur mehr 74 979 Juden, davon 51 327 im
Altreich, 8 102 in der Ostmark und 15 550 im Protektorat. Im Alt-
reich mit Sudetenland sind nur mehr 9,2 vH der Zahl der Juden vom
Tag der Machtübernahme vorhanden. Am 30.1.1943 beträgt ihre Zahl
nur mehr 48 242 oder 8,6 vH, am 25.2.1943 gar nur mehr 44 589 oder
7,9 vH. Berlin, wo schon 1880 ein Achtel, 1910 über ein Viertel,
1933 fast ein Drittel der Juden Deutschlands wohnten, zählt am
1.1.1943 nicht weniger als 32 999 oder 64,3 vH der gesamten Juden
des Altreichs, am 30.1.1943 noch 30 121, am 28.2.1943 noch 27 281.
In der Ostmark weist nur mehr Wien überhaupt noch Juden auf.
Von den 51 327 Juden des Altreichs sind 23 197 Männer und 28 130
Frauen. 40 351 sind Glaubensjuden, 10 976 sind Nichtglaubensjuden.
16 760 leben in Mischehe, in der Ostmark 4 803 (von 8 102), im
Protektorat 6 211 (von 15 550).
III. JÜDISCHE VOLKSSCHWÄCHE
Die Judenbilanz in Deutschland weist einen außerordentlichen Ster-
beüberschuß auf, der nicht allein durch die sehr hohe Sterblich-
keit der Juden bedingt ist, sondern mehr noch durch die ausgespro-
chene Geburtenarmut. So hat sich die natürliche Bevölkerungsbewe-
gung im Altreich mit Sudetenland von 1933 bis 1942 folgendermaßen
entwickelt (nach den Schätzungen und Unterlagen der Reichsvereini-
gung der Juden in Deutschland, da die Auszählungen nach Glaubens-
juden viel komplizierter und unzuverlässiger sind):
_______________
x) Ohne Distrikt Lemberg mit rund 700 000 Juden.
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Geburten und Sterbefälle der Juden im Altreich
(bis 1939 berechnet und geschätzt)
Jahre Geburten Sterbefälle Sterbeüberschuß(-)
1933 3 425 8 925 - 5 500
1934 2 300 8 200 - 5 900
1935 2 500 8 100 - 5 600
1936 2 300 8 000 - 5 700
1937 2 100 8 000 - 5 900
1938 1 000 7 448 - 6 448
1939 610 8 136 - 7 526
1940 396 6 199 - 5 803
1941 351 6 249 - 5 898
1942 239 7 657 - 7 418
1933-1942 15 221 76 914 - 61 693
Vom Tag der Machtergreifung(30.1.1933) bis 1.1.1943 beträgt
der Sterbeüberschuß der Juden im Altreich mit Sudetenland
61 693; er stellt das Ergebnis aus 14 921 Geburten und
76 114 Sterbefällen dar. Die Wanderungen einesteils, die in
den ersten Jahren fehlende und seitdem mangelhafte Erfassung
vor allem der Sterbefälle in den Konzentrationslagern durch
die Reichsvereinigung der Juden andernteils geben iher zwar
für viele Fehlerquellen Raum, doch läßt auch der ungefähre
Überblick die trotz des Rückgangs der Judenzahl etwa gleich-
bleibende Höhe der Sterbefälle erkennen. Die jüdische Sterb-
lichkeit würde demnach 80-85(gegen 10 bis 15 im europäischen
Durchschnitt) auf 1000 betragen(im Jahre 1942)
Darüber hinaus fällt der Rückgang der Geburten auf, der dem
Rückgang der Judenzahl weit vorauseilt. Die Geburtenziffer
der Juden im Altreich würde danach im Jahre 1942 nur mehr
rund 2 1/2 auf 1 000 betragen. Ähnlich treffen in der Ost-
mark vom 1.3.1938 bis 1.1.1943 auf 15 188 jüdische Sterbe-
fälle nur 679 jüdische Geburten. Im Altreich wurden schließ-
lich im Dezember 1942 nur mehr 14, im Januar und Februar
1943 nur mehr 7 bzw. 8 jüdische Kinder geboren. Es ist dabei
zu berücksichtigen, daß das Judentum schon seit Jahrzehnten
in den zivilisierten abendländischen Staaten in der Kinder-
armut voranging, wie sich an Hand der konfessionellen Ge-
burtenstatistik ergab. Der Jude Felix Theilhaber hat schon
1911 auf den daraus folgenden "Untergang der deutschen
7
Juden" hingewiesen, der nur durch den dauernden Zustrom
ostjüdischen Blutes verdeckt wurde. Nur zum Teil hing diese
Erscheinung mit der Überalterung des europäischen Großstadt-
Judentums zusammen: In der Hauptsache handelte es sich um
wirkliche Lebensschwäche.
Bei der heutigen außerordentlichen Sterblichkeit der Juden
und ihrem Geburtentiefstand muß jedoch der äußerst ungün-
stige Altersaufbau der Juden mitberücksichtigt werden. Die
Juden in Deutschland setzen sich nach der Abwanderung ihrer
besten Jahrgänge größtenteils aus alten Leuten zusammen,
sodaß ihr Altersaufbau bei graphischer Darstellung in
Gestalt der Alterspyramide nach dem Stichwort der Reichs-
vereinigung der Juden der Form einer "Keule" gleicht, was
objektiv zutrifft. Es mangeln die Kinder und die zeugungs-
fähigen Jahrgänge, während die Jahrgänge der alten Leute
nicht nur verhältnismäßig zu stark sind, sondern auch rein
zahlenmäßig viel stärker sind als die jüngeren Jahrgänge.
Daraus entspringt auch z.T. die stark überhöhte Selbstmord-
ziffer der Juden, da der Selbstmord überwiegend eine Todes-
art der alten Leute ist.
IV. DIE AUSWANDERUNG DER JUDEN AUS DEUTSCHLAND
Die Wanderung der Juden aus Ost- nach Mittel- und West-
europa und aus ganz Europa nach Übersee und hier wieder in
erster Linie nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika
ist eine seit Jahrzehnten allgemein beobachtete Erscheinung.
Aus Deutschland wanderten vor allem von 1840-1870 sehr
viele Juden aus, doch nach 1870 hörte ihre Auswanderung
fast völlig auf. Dafür wanderten nun die Deutschen aus.
Die jüdische Auswanderung aus Deutschland seit 1933, ge-
wissermaßen ein nachholen der 1870 unterbliebenen Bewegung,
erregte die besondere Aufmerksamkeit der gesamten zivili-
sierten Welt, besonders der jüdisch regierten demokratischen
Länder. Die Zahl und Struktur der Auswanderer wurde von
verschiedensten Seiten und mit verschiedensten Methoden zu
erfassen versucht. Doch gelangte man zu keinen einheitlichen
Ergebnissen. Die Zahlen der deutschen Auswanderungsstatistik,
8
jene der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland und der
israelitischen Kultusgemeinden in Wien und Prag, die zahl-
reichen ausländischen Erfassungen, Berechnungen und Schät-
zungen, die Statistiken des internationalen Judentums und
die Zahlen wissenschaftlicher Untersuchungen weichen sehr
stark voneinander ab. So rechnete Prof. Zielenziger-Amsterdam
mit einer Zahl von 135 000 Auswanderern von der Machtergrei-
fung bis Ende 1937, die Reichsvereinigung der Juden mit
203 000 Auswanderern. Seit 1938 ist die Auswanderung noch
beträchtlich angestiegen, endete aber fast restlos(bis auf
einige wenige Ausnahmefälle je Monat) durch das Verbot der
jüdischen Auswanderung im Herbst 1941. Die Reichsvereinigung
der Juden und die israelitischen Kultusgemeinden in Wien
und Prag kamen bis 1.1. 1943 zu folgenden hohen Auswande-
rungszahlen(einschl.Doppelzählungen):
Auswanderer aus Zahl Zeitraum
Altreich mit Sudetenland 352 543 (30.1.33-1.1.43)
Ostmark 149 124 ( 1.3.38-1.1.43)
Protektorat 26 009 (15.2.39-1.1.43)
Die anfangs überstürzte Auswanderung machte genaue Angaben
überhaupt unmöglich. Ebenso dürfte das angegebene Auswande-
rungsziel, soweit es sich um europäische Länder handelt,
vielfach nur als Zwischenstation zu betrachten sein. Von
den Auswanderern aus dem Altreich gingen rund 144 000 nach
anderen europäischen Ländern, rund 57 000 nach USA, 54 000
nach Südamerika, 10 000 nach Mittelamerika, 53 000 nach
Palästina, 15 000 nach Afrika(vor allem Südafrika), 16 000
nach Asien (China), 4 000 nach Australien. Von den 144 000
nach europäischen Ländern ausgewanderten Juden gingen allein
über 32 000 nach England, 39 000 nach Polen bzw.ins General-
gouvernement, 18 000 nach Frankreich, 8 000 nach Italien,
7 500 nach den Niederlanden, 6 000 nach Belgien. Es ist an-
zunehmen, daß der größte Teil dieser Auswanderer von diesen
Ländern nach Übersee weitergezogen. Für die jüdischen Auswan-
derer aus der Ostmark werden folgende Ziele angegeben:
65 500 nach europäischen Ländern, 50 000 nach Amerika,
20 000 nach Asien, 9 000 nach Palästina, 2 600 nach Afrika,
2 000 nach Australien.
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V. DIE EVAKUIERUNG DER JUDEN
Die Evakuierung der Juden löste, wenigstens im Reichsgebiet,
die Auswanderung der Juden ab. Sie wurde seit dem Verbot der
jüdischen Auswanderung ab Herbst 1941 in großem Stile vor-
bereitet und im Jahre 1942 im gesamten Reichsgebiet weit-
gehend durchgeführt. In der Bilanz des Judentums erscheint
sie als "Abwanderung".
Bis 1.1.1943 wanderten nach den Zusammenstellungen des
Reichssicherheitshauptamtes ab:
aus dem Altreich mit Sudetenland 100 516 Juden
aus der Ostmark 47 555 "
aus dem Protektorat 9 677 "
Zusammen 217 748 Juden
In diesen Zahlen sind auch die ins Altresghetto Theresien-
stadt evakuierten Juden enthalten.
Die gesamten Evakuierungen ergaben im Reichsgebiet einschl.
Ostgebieten und darüber hinaus im deutschen Macht- und Ein-
flußbereich in Europa von Oktober 1939 oder später bis zum
31.12.1942 folgende Zahlen:
1. Evakuierung von Juden aus Baden
und der Pfalz nach Frankreich....... 6 504 Juden
2. Evakuierung von Juden aus dem Reichs-
gebiet einschl.Protektorat und
Bezirk Bialystok nach Osten......... 170 642 "
3. Evakuierung von Juden aus dem Reichs-
gebiet und dem Protektorat
nach Theresienstadt................. 87 193 „
4. Transportierung von Juden aus den
Ostprovinzen nach dem russischen
Osten: ............................ 1 449 692 "
Es wurden durchgeschleust
durch die Lager im General-
gouvernement..................... 1 274 166 Juden
durch die Lager im Warthegau..... 145 301 Juden
5. Evakuierung aus anderen
Ländern, nämlich:
Frankreich (soweit vor dem
10.11.1942 besetzt)............... 41 911 Juden
Niederlande........................ 38 571 "
Belgien............................ 16 886 "
Norwegen........................... 532 "
10
Slowakei................. 56 691 Juden
Kroatien................. 4 927 "
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Evakuierungen insgesamt(einschl.
Theresienstadt und einschl.
Sonderbehandlung)............ 1 873 549 Juden
ohne Theresienstadt.......... 1 786 356 "
6. Dazu kommt noch nach den Angaben
des Reichssicherheitshauptamtes
die Evakuierung von.......... 633 300 Juden
in den russischen Gebieten
einschl.der früheren baltischen
Länder seit Beginn des Ost-
feldzuges.
In den obigen Zahlen sind nicht enthalten die Insassen
der Ghettos und der Konzentrationslager.
Die Evakuierungen aus der Slowakei und aus Kroatien
wurden von diesen Staaten selbst in Angriff genommen.
VI. DIE JUDEN IN DEN GHETTOS
Es sind hier zu nennen:
1. Das Altersghetto Theresienstadt, dem insgesamt zuge-
führt wurden:
87 193 Juden,
davon aus dem Reichsgebiet 47 471 (Ostmark 14 222)
" " " Protektorat 39 722.
Es zählt zu Beginn des Jahres 1943 insgesamt
an jüdischen Insassen: 49 392
davon mit
deutsch.Staatsangehörigk. 24 313
Protektoratsangehörigkeit 25 079
Die Verminderung trat vor allem durch Sterbefälle ein.
Außer Theresienstadt gibt es im Reichsgebiet eine Anzahl
von jüdischen Alters- und Siechenheimen mit kleinerem
Fassungsvermögen, die aber weder als Ghettos noch als
Evakuierungsorte angesehen werden.
11
2. Das Ghetto Litzmannstadt zählt Anfang 1943
87 180 Juden,
davon 83 133 mit ehem.polnischer Staatsangehörigkeit.
3. Die überwiegend in Rest-Ghettos untergebrachten Juden
des Generalgouvernements werden für 31.12.1942 folgender-
maßen angegeben bzw. geschätzt:
im Distrikt Zahl der Juden
Krakau 37 000
Radom 29 000
Lublin 20 000 (geschätzt)
Warschau 50 000
Lemberg 161 514
Generalgouv.zus. 297 914
VII. DIE JUDEN IN DEN KONZENTRATIONSLAGERN
In den Konzentrationslagern erfolgten von der Machter-
greifung bis zum 31.12.1942
73 417 Einlieferungen von Juden
davon
wurden entlassen 36 943
sind durch Tod abgegangen 27 347
Restbestand vom 31.12.42: 9 127 Juden
Es ist hier zu beachten, daß die Zahl der Einlieferungen
von Juden größer sein wird als die Zahl der in die Kon-
zentrationslager eingelieferten Juden, da wiederholte
Einlieferungen eines Juden wiederholt zählen.
Nicht enthalten sind die im Zuge der Evakuierungsaktion
in den Konzentrationslagern Auschwitz und Lublin unter-
gebrachten Juden.
Nach Konzentrationslagern ergeben sich, untergeteilt nach
Einlieferungen, Entlassungen, Todesfällen und dem Bestand
vom 31.12.1942, folgende Zahlen:
12
Juden in den Konzentrationslagern
Konzentrations- Einlieferungen Entlassungen Todesfälle Bestand vom
lager 31.12.1942
Lublin/Männer 23 409 4 509 14 217 4 683
Lublin/Frauen 2 849 59 131 2 659
Auschwitz/Männer 4 917 1 3 716 1 200
Auschwitz/Frauen 932 - 720 212
Buchenwald 16 827 13 805 2 795 227
Mauthausen/Gusen 2 064 - 1 985 79
Sachsenhausen 7 960 6 570 1 344 46
Stutthof/Männer 28 - 13 15
Stutthof/Frauen 3 - - 3
Ravensbrück/Frauen 1 321 531 787 3
Ravensbrück/Männer 273 44 229 -
Dachau 12 026 11 140 886 -
Groß-Rosen 231 - 231 -
Lichtenburg 195 195 - -
Neuengamme 192 2 190 -
Floßenbürg 80 2 78 -
Sachsenburg 52 52 - -
Esterwegen 36 33 3 -
Niederhagen 12 - 12 -
Natzweiler 10 - 10 -
K L zusammen 73 417 36 943 27 347 9 127
VIII. JUDEN IN JUSTIZVOLLZUGSANSTALTEN
Zu Beginn des Jahres 1943 saßen in Justizvollzugsanstalten des
Reichsgebietes 458 Juden ein, die sich auf Männer und Frauen und
auf Arten des Strafvollzugs folgendermaßen verteilen:
Männer Frauen Zusammen
Strafhaft 350 78 428
Sicherungsverwahrung 29 - 29
Arbeitshaus - 1 1
Justizvollzugsanstalten
insgesamt 379 79 458
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II. DER ARBEITSEINSATZ DER JUDEN
In kriegswichtigem Arbeitseinsatz waren zu Beginn des
Jahres 1943 im Reichsgebiet tätig
185 776 Juden
Davon waren eingesetzt:
1) innerhalb der Inspekteur-Bereiche der Sicher-
heitspolizei und des SD (ohne Posen und ohne sowjet-
russische Juden) 21 659, davon 18 546 mit deutscher
Staatsangehörigkeit, 107 mit Protektoratsangehörigkeit,
2 519 Staatenlose und 487 Ausländer. Sie verteilten sich
nach Inspekteur-Bereichen(ohne Posen) folgendermaßen:
Berlin 15 100 Königsberg 2) 96
Braunschweig 110 München 313
Breslau 1) 2 451 Nürnberg 89
Danzig - Salzburg 7
Dresden 485 Stettin 18
Düsseldorf 673 Stuttgart 178
Hamburg 497 Wien 1 226
Kassel 259 Wiesbaden 139
__________
1) ohne Organisation Schmelt 2) ohne sowjetruss.Juden
2) im Inspekteur-bereich Königsberg außerdem
18 435 ausländische, d.h.fast ausschließlich sowjet-
russische Juden.
3) im Inspekteur-Bereich Posten im Ghetto- und Lager-
einsatz 95 112 hauptsächlich polnische Juden.
4) im Rahmen der Organisation Schmelt (Breslau)
50 570 Juden, davon 42 382 Staatenlose und 8 188
Ausländer.
14
X. EUROPÄISCHE JUDENBILANZ
Der Zusammenbruch des europäischen Judentums wurde schon vor
Jahrzehnten durch den völkischen Verfall des europopäischen Groß-
stadt-Judentums einesteils, durch die jüdische Auswanderung an-
dernteils eingeleitet. Der jüdische Statistiker Lestschinsky
hat den Rückgang des Judentums in Europa im Jahre 1927 folgen-
dermaßen verdeutlicht: "Zu Anfang des 19. Jahrhunderts lebten
in Europa 85 % und allein in Rußland, Österreich-Ungarn und
Deutschland 80 % aller Juden; in Amerika gab es zu jener Zeit
nur 2 - 3 000 Juden. Im Jahre 1925 waren 63 % aller Juden in
Europa ansässig, innerhalb der Grenzen Deutschlands, Öster-
reich-Ungarns und Rußlands lebten nur noch 57 % des Gesamtju-
dentums, in Amerika dagegen lebten 30 %, in den übrigen Welt-
teilen 7 % ". Nach Berechnungen des Statistischen Reichsamts
betrug der Judenanteil Europas im Jahre 1880 sogar 88,4 vH, im
Jahre 1937 nur mehr 60,4 vH. 1943 dürfte der europäische Anteil
noch 1/3 des Weltjudentums betragen.
Um 1930 und in den letzten Jahren betrug die Zahl der Juden in
einigen wichtigeren Staaten Europas:
Neuere Zählung od. Schätzung
Volks- Zahl Zahl der vH der Be-
Staat zählungs- der Juden völkerung
jahr Juden Jahr in 1000 des Wirts-
volkes
Altreich 1933/35 502 799 1943 51 0,07
Österreich 1934 191 481 1943 8 0,1
Tschechoslow. 1930 356 830 „ „ „
- Protektorat „ „ 1943 16 0,2
Danzig 1929 10 448 „ „ „
Memelgebiet 1925 2 402 1937 3 2,0
Belgien „ „ 1937 80 1,0
Bulgarien 1934 48 398 1937 50 0,8
Finnland „ „ 1937 2 0,04
Frankreich „ „ 1937 280 0,7
Griechenland 1928 72 791 1937 90 1,1
Großbritann. 1931/33 234 000 1937 345 0,7
Italien 1930 47 825 1937 52 0,1
15
Fortsetzung:
Neuere Zählung od. Schätzung
Volks- Zahl Zahl der vH der Be-
Staat zählungs- der Juden völkerung
jahr Juden Jahr in 1000 des Wirts-
volkes
Irland „ „ 1936 4 0,1
Jugoslawien 1930 68 405 1937 75 0,3
Lettland 1935 93 479 1937 96 4,9
Litauen 1923 155 125 1937 175 7,4
Niederlande 1930 111 917 1937 135 1,6
Polen 1930 3 113 933 1937 3 300 9,6
Rumänien 1930 984 213 1941 302 1) 2,2
Slowakei „ „ 1940 89 3,4
Sowjetrußl. 1926 2 570 330 1939 4 600 2) 2,4
Ungarn 1930 444 567 1940 750 3) 5,8
__________
1) Neuer Gebietsstand
2) Neuer Gebietsstand, mit Ostpolen; die Zahl ist geschätzt.
3) Neuer Gebietsstand; die Zahl ist berechnet
Die Gesamtzahl der Juden auf der Erde schätzt man um das Jahr
1937 im allgemeinen auf rund 17 Millionen, wovon über 10 Mil-
lionen auf Europa entfallen. Sie häufen bzw. häuften sich in
Europa vor allem in den von Deutschland besetzten früheren
polnisch-russischen Gebieten zwischen Ostsee und Finnischem
Meerbusen und dem Schwarzen und Asowschen Meer, daneben in den
Handelsmittelpunkten und im Rheingebiet Mittel- und Westeuro-
pas und an den Küsten des Mittelmeers.
Von 1937 bis Anfang 1943 dürfte die Zahl der Juden in Europa
teils durch Auswanderung, teils durch den Sterbeüberschuß der
Juden in Mittel- und Westeuropa, teils durch die Evakuierungen
vor allem in den völkisch stärkeren Ostgebieten, die hier als
Abgang gerechnet werden, um schätzungsweise 4 Millionen zu-
rückgegangen sein. Dabei darf nicht übersehen werden, daß von
den Todesfällen der sowjetrussischen Juden in den besetzten
Ostgebieten nur ein Teil erfaßt wurde, während diejenigen im
übrigen europäischen Rußland und an der Front überhaupt nicht
enthalten sind. Dazu kommen uns unbekannte Wanderungsströme
der Juden innerhalb Rußlands in den asiatischen Bereich hin-
16
über. Auch der Wanderungsstrom der Juden aus den europäischen
Ländern außerhalb des deutschen Einflusses ist eine weitgehend
unbekannte Größe. Insgesamt dürfte das europäische Judentum
seit 1933, also im ersten Jahrzehnt der nationalsozialistischen
deutschen Machtentfaltung, bald die Hälfte seines Bestandes ver-
loren haben.