Babi Jar Aussagen
Letztes Update 15. Februar 2006
|
Eidesstattliche Aussagen von Beteiligten des Massakers von Babi Jar nach 1945:
Aussage des Kraftfahrers Höfer:
"
Eines Tages bekam ich den Auftrag, mit meinem Lkw vor die Stadt zu fahren. Als Begleiter hatte
ich einen Ukrainer bei mir. Es mochte so gegen 10.00 Uhr gewesen sein. Auf dem Wege dorthin
überholten wir zu Fuß gehende Juden, die mit Gepäck in meiner Richtung
marschierten. Es waren ganze Familien. Je mehr wir aus der Stadt herauskamen, desto dichter wurden
die Kolonnen. Auf einem großen freien Feld lagen Haufen von Kleidungsstücken.
Diese waren mein Fahrziel. Ich wurde von dem Ukrainer dorthin gelotst. Nach dem Anhalten auf dem
Platz, in der Nähe der Kleiderhaufen, wurde der Lkw sofort mit Bekleidungsstücken beladen.
Dies wurde von den dort befindlichen Ukrainern ausgeführt. Ich beobachtete auf diesem Platz,
dass die angekommenen Juden Männer, Frauen und Kinder von den Ukrainern in Empfang
genommen wurden. Sie wurden an verschiedenen Plätzen vorbeigeleitet, wo sie nacheinander
zunächst ihr Gepäck, die Mäntel, Schuhe und Oberbekleidung und auch die
Unterbekleidung ablegen mussten. Genauso mussten sie an einer bestimmten Stelle ihre Wertsachen
ablegen. Für jedes Kleidungsstück war ein besonderer Haufen gebildet worden. Das ging alles
sehr schnell vor sich, und wo der Einzelne zögerte, wurde von den Ukrainern mit Fußtritten
und Stößen nachgeholfen. Ich glaube, dass der Einzelne keine Minute brauchte, bis er
von der Abgabe des Mantels vollkommen nackt da stand. Es wurde hier kein Unterschied zwischen
Männern, Frauen und Kindern gemacht. Die nachkommenden Juden hatten wohl Gelegenheit,
angesichts dieser Entkleidung kehrt zu machen. Ich wundere mich noch heute, dass dies nicht geschehen ist.
Die entkleideten Juden wurden in eine Schlucht geleitet, die die Ausmaße von etwa 150 m
Länge, 30 m Breite hatte und gut 15 m tief war. Zu dieser Schlucht führten zwei oder
drei schmale Eingänge, durch die die Juden hinunter geschleust wurden. Wenn sie am Rande
der Schlucht ankamen, wurden sie von Beamten der Schutzpolizei ergriffen und auf bereits erschossene
Juden gelegt. Dies ging alles sehr schnell.
Die Leichen wurden regelrecht geschichtet. So wie ein Jude da lag, kam ein Schütze von der
Schutzpolizei mit der Maschinenpistole und erschoss den daliegenden durch Genickschuss. Die Juden,
die in die Schlucht kamen, waren von dem Anblick dieses grausigen Bildes so erschrocken, dass
sie vollkommen willenlos waren. Es soll sogar vorgekommen sein, dass sie sich selbst in Reih und
Glied legten und den Schuss abgewartet haben.
Es waren nur zwei Schützen da, die die Erschießungen vornahmen. Der eine Schütze
war auf dem einen Ende der Schlucht in Aktion und der andere auf dem anderen. Ich sah die Schützen
auf den bereits aufgeschichteten Leichen stehen, während sie nacheinander geschossen haben.
Sowie ein Jude durch einen Schuss tot war, ging der Schütze auf den Leibern der Erschossenen
zum nächsten inzwischen hingelegten Juden und erschoss diesen. So ging das am laufenden Band,
ohne Unterschied zwischen Männern, Frauen und Kindern. Die Kinder wurden bei ihren Müttern
gelassen und mit ihnen erschossen.
Ich habe diesen Anblick nur kurz gehabt. Als ich an die Grube heran kam, war ich so erschrocken von
dem grauenvollen Anblick, dass ich nicht lange hinschauen konnte. Ich sah in der Grube bereits 3 Reihen
Leichen in einer Länge von etwa 60 m aufgeschichtet. Wieviele Schichten bereits übereinander
waren, konnte ich nicht sehen. Der Anblick der zuckenden, mit Blut verschmierten Körper war
einfach nicht zu fassen, so dass ich Einzelheiten nicht so recht erfassen konnte. Außer den beiden
Schützen waren an jedem Eingang zur Schlucht je ein "Packer", ein Schutzpolizist, der das Opfer
so auf die anderen Leichen legte, dass der vorbeigehende Schütze nur noch den Schuss abgeben
brauchte. Wenn die Opfer durch die Wege zur Schlucht kamen und im letzten Augenblick das grauenvolle
Bild sahen, stießen sie Entsetzensschreie aus. Aber im nächsten Augenblick wurden sie schon
von den "Packern" umgerissen und zu den anderen gelegt. Die Nachfolgenden konnten dieses entsetzliche
Bild nicht gleich sehen, weil es um eine Ecke ging. Bei der Entkleidung der einzelnen Personen wehrten sich
die meisten, und es gab viel Geschrei. Die Ukrainer nahmen darauf keine Rücksicht. Sie trieben sie
in größter Eile nur schnell zur Schlucht, durch die Zugänge.
Vom Entkleidungsplatz aus konnte man die Schlucht, die etwa 150 m vom ersten Kleiderhaufen weg war,
nicht erkennen. Außerdem wehte ein scharfer Wind, und es war auch sehr kalt. Die Schüsse
in der Schlucht waren nicht zu hören. Daraus erkläre ich mir, dass die Juden nicht rechtzeitig
den eigentlichen Vorgang erkennen konnten. Ich wundere mich noch heute darüber, dass von Seiten
der Juden nichts dagegen unternommen wurde. Es kamen immer neue Massen aus der Stadt zu diesem
Gelände, das sie scheinbar ahnungslos betraten, immer in der Meinung, dass sie umgesiedelt werden."
Aussage Kurt Werner, Mitglied des SK 4a:
"
Das ganze Kommando, mit Ausnahme einer Wache, ist damals gegen sechs Uhr morgens zu diesen
Erschießungen ausgerückt. Ich selbst saß auf einem Lkw. Es musste alles ran, was
verfügbar war. Wir sind damals etwa 20 Minuten lang in nördlicher Richtung gefahren.
Wir hielten auf einer gepflasterten Straße im freien Gelände an, die dort aufhörte.
Dort waren unzählige Juden versammelt, und dort war auch eine Stelle eingerichtet, wo die Juden
ihre Kleidung und ihr Gepäck ablegen mussten. Nach einem Kilometer sah ich eine große,
natürliche Schlucht. Es war sandiges Gelände. Die Schlucht war ca. 10 m tief, etwa 400 m lang,
oben etwa 80 m breit und unten etwa 10 m breit.
Gleich nach meiner Ankunft im Exekutionsgelände musste ich mich zusammen mit anderen Kameraden
nach unten in diese Mulde begeben. Es dauerte nicht lange, und es wurden uns schon die ersten Juden über
die Schluchtabhänge zugeführt. Die Juden mussten sich mit dem Gesicht zur Erde an die
Muldenwände hinlegen. In der Mulde befanden sich drei Gruppen mit Schützen, mit insgesamt
etwa 12 Schützen. Gleichzeitig sind diesen Erschießungsgruppen von oben her laufend Juden
zugeführt worden. Die nachfolgenden Juden mussten sich auf die Leichen der zuvor erschossenen
Juden legen. Die Schützen standen jeweils hinter den Juden und haben diese mit Genickschüssen
getötet. Mir ist heute noch in Erinnerung, in welches Entsetzen die Juden kamen, die oben am
Grubenrand zum ersten Mal auf die Leichen in der Grube hinunterblicken konnten. Viele Juden haben vor
Schreck laut aufgeschrien. Man kann sich gar nicht vorstellen, welche Nervenkraft es kostete, da unten
diese schmutzige Tätigkeit auszuführen. Es war grauenhaft...
Ich musste den ganzen Vormittag über unten in der Schlucht bleiben. Dort musste ich eine Zeitlang immer
wieder schießen, und dann war ich damit beschäftigt, Magazine der MPi mit Munition zu füllen.
Während dieser Zeit wurden andere Kameraden als Schützen eingeteilt. Gegen Mittag wurden wir
aus der Mulde herausgezogen, und nachmittags musste ich mit anderen oben die Juden der Mulde zuführen.
In dieser Zeit haben dann andere Kameraden unten in der Mulde geschossen. Die Juden wurden von uns bis zum
Muldenrand hingeleitet, dort sind sie dann von selbst die Abhänge hinunter gelaufen. Die ganze Erschießung
an diesem Tage mag etwa bis ... 17.00 oder 18.00 Uhr gedauert haben. Anschließend wurden wir wieder
in unser Quartier zurück gezogen. An diesem Abend hat es wieder Alkohol (Schnaps) gegeben."
Anton Heidborn (SK4a) über die Tage danach:
"
Am dritten Tag nach der Exekution wurden wir noch einmal an die Exekutionsstelle gefahren. Bei der Ankunft
sahen wir, dass eine Frau an einem Busch saß und die Exekution anscheinend unverletzt überstanden hatte.
Diese Frau wurde von dem uns begleitenden SD-Mann Name unbekannt erschossen. Weiter haben wir gesehen,
dass aus einem Leichenhaufen heraus noch eine Person mit der Hand winkte. Ob es eine Frau oder ein Mann war,
weiß ich nicht. Ich nehme an, dass auch diese Person von dem SD-Mann vollends erschossen wurde, gesehen
habe ich es allerdings nicht. An diesem Tage wurde nun damit begonnen, die Leichenhaufen zuzudecken. Hierzu waren
Zivilisten eingesetzt. Teilweise sind die Wände auch abgesprengt worden. Nach diesem Tage kam ich nicht
mehr an die Exekutionsstelle. Wir waren danach einige Tage damit beschäftigt, Geldscheine zu glätten,
die aus dem Eigentum der erschossenen Juden stammten. Ich schätze, es muss sich um Millionenbeträge
gehandelt haben. Was mit dem Geld geschehen ist, weiß ich nicht. Es wurde in Säcke verpackt und
weggeschickt."
Zeugentabelle
© ARC 2005