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Zwolen Marktplatz |
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Zwolen Marktplatz am 16.9.39 |
Juden lebten in Zwolen seit dem 16. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert
machten sie ca. 10% von 2.700 Einwohnern aus. Vor dem 2. Weltkrieg wohnten 3.000 Juden in der Stadt, was etwa
50% der Bevölkerung ausmachte. Sie waren nicht reich, die meisten waren Handwerker oder Ladenbesitzer.
Am
6. September 1939 wurde Zwolen erstmalig schwer von der Deutschen Luftwaffe
bombardiert. Der zweite Luftangriff fand zwei Tage später
statt, kombiniert mit Artilleriefeuer. Fast 80% der Stadt wurden
zerstört.
Die in Trümmern liegende Stadt war damals ein bei den deutschen Soldaten beliebtes Fotomotiv.
So sind viele Bilder von Ruinen,
Gefangenen
und nun in schlechten Verhältnissen lebenden
Juden und Nichtjuden erhalten geblieben.
Schon kurz nach der Einnahme der Stadt zeigte sich für alle Einwohner das unbarmherzige
Gesicht des Nationalsozialismus. Eine Gruppe von Juden wurde in einer Scheune von deutschen Soldaten
lebendig verbrannt. Die ökonomische Ausplünderung der Juden begann auch sofort. Die neuen Herren
konfiszierten jüdisches Eigentum, und Juden wurden zu hohen Lösegeldern erpresst. Die
Synagoge, die bereits durch das Bombardement erheblich beschädigt
worden war, wurde nun ganz abgerissen. Wie auch in anderen polnischen Städten wurden die Juden in Zwolen
zur Zwangsarbeit einberufen
(
photo #1 und
photo #2).
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Jüdische Arbeiter, 17.9.39 |
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Jüd. Arbeiter, September 39 |
Anfang 1941 wurde im südlichen Teil der Stadt ein Ghetto eingerichtet.
Etwa 6.000-7.000 Juden aus der Stadt und aus Nachbargemeinden wurden darin zusammengefasst. Es war kein geschlossenes
Ghetto, doch wurden viele, die das Ghetto verließen, festgenommen und erschossen.
1942 selektierte die SS eine große Gruppe junger Frauen und Männer und
deportierte sie zur Zwangsarbeit nach
Skarzysko-Kamienna, wo sie im
HASAG-Werk Munition für
die Deutsche Wehrmacht produzieren mussten.
Die endgültige Liquidierung des Ghettos in Zwolen fand am
29. September 1942 statt.
Die noch verbliebenen Juden mussten 15 km weit nach dem
Bahnhof Garbatka marschieren. Dort verlud man sie in Güterwaggons und
deportierte sie ins Vernichtungslager
Treblinka.
Während der Auflösung des Ghettos und auf dem Marsch zum Bahnhof wurden etwa 200 Juden ermordet. Vor allem
ältere und kranke Menschen, die den langen Weg nicht bewältigen konnten, erschoss man auf dem
Judenfriedhof. Diejenigen, die auf dem Marsch zum Bahnhof flüchten wollten,
wurden auf der Stelle erschossen.
Eine letzte Gruppe von etwa 100 Juden verblieb in der Stadt. Sie mussten das Ghetto säubern. Danach schickte man
sie in ein Zwangsarbeitslager.
1944 wurde der jüdische Friedhof zerstört. Dabei beseitigte die
SS auch alle Spuren der Massenerschießungen, die hier verübt worden waren.
Gerichtsverfahren:
Fall Nr.1041
Kategorie: Kriegsverbrechen, andere Massenvernichtungsverbrechen
Angeklagt:
Schuster, Albert Hugo Todesstrafe
Rehabilitation: Strafe reduziert auf
lebenslänglich
Gericht:
LG/BG Karl-Marx-Stadt 730209; Ob. Gericht der DDR 730406; LG/BG Chemnitz 941010
Staat, in dem das Verbrechen verübt wurde: UdSSR, Polen
Ort des Verbrechens: Nowogrudok, Bielowiec, Bodzentyn, Bodzentyn-Celiny, Debno,
Grabkow, Huta-Sklana, Jeziorko, Klonow, Krasnik-Wysokie, Nowa-Slupia, Opoczno, Parczew, Psary-Podlesy,
Swietla-Katharczyna, Tarczek, Woiciechow, Wola-Szczygielkowa, Wywoz, Zwolen
Datum: 12/1941, 08/1942 - 12/1944
Opfer: Gefangene, Juden, Zigeuner, Zivilisten
Nationalität: Sowjetisch, polnisch
Dienststelle: Gendarmeriezug (mot.) 7, Gendarmerie-Batallion (mot.) 1, Gendarmeriezug (mot.) 62
Verfahrensgegenstand: Teilnahme an Zusammentreiben und Deportation von Juden in
Nowogrudok. Festnahme, Misshandlung, Deportation und Erschießung
von Zivilisten bei Patroullien, während der systematischen Durchsuchung von potentiellem Partisanengebiet
und sogenannter Stadtrazzien im Rahmen der "Bandenbekämpfung" im
Distrikt Radom.
Massenerschießung von Gefangenen. Erschießung einer Gruppe von Männern, Frauen und Kindern
(Juden und Zigeuner), die bei bei einer Streifenfahrt entdeckt worden waren. Erschießung von Stadtbewohnern
als Vergeltung für einen nahe gelegenen Partisanenangriff. Inhaftierung von Zivilisten als Geiseln für
Familienmitglieder, die man nicht finden konnte (die Geiseln wurden später erschossen).
Quellen:
Pawel Nakonieczny
DDR-Justiz und NS-Verbrechen
Fotos:
Zbigniew Lesisz:
O Zydach Zwolenskich, Zwolen 1999
Pawel Nakonieczny
© ARC 2005