ARC Main Page Die Besetzung Osteuropas Lwow Ghetto

Janowska

Letztes Update 28. Mai 2006





Camp Map
Lagerkarte
Im September 1941 übernahmen die Deutschen ein Fabrikgelände an der Janowska-Straße 134 in Lviv (Lwow / Lemberg). Sie richteten hier nun einen Versorgungsbetrieb für die Wehrmacht ein. Wenig später wurde dieser zu einem Großbetrieb erweitert, der nun Teil der Deutsche Ausrüstungwerke (DAW), einem SS-Unternehmen, wurde. Von Anfang an wurden Juden aus Lviv als Zwangsarbeiter eingesetzt. Ende Oktober 1941 arbeiteten hier 600 Juden.
Mitte Oktober 1941 mussten 350 Zwangsarbeiter neben dem DAW-Betrieb ein eingezäuntes Barackenlager bauen. Am 1. November riegelte die SS die Baustelle ab und erklärte es zu einem Zwangsarbeitslager (ZAL).

Der Janowska-Komplex war in drei Teile gegliedert. Im ersten Bereich befanden sich Einrichtungen der SS: Garagen, Werkstätten, Büros, Wohnbaracken und das Haus des Kommandanten im Zentrum. Im zweiten Bereich, dem eigentlichen ZAL, standen die Baracken für die Zwangsarbeiter. Jede konnte bis zu 2.000 Insassen aufnehmen. Die Lebensverhältnisse in den Baracken waren erschreckend. Die Menschen mussten auf Brettern oder auf dem Boden schlafen. Durch die schlechten sanitären Verhältnisse brachen Krankheiten aus. Viele Gefangene verhungerten wegen der geringen Essensrationen in Kombination mit der schweren Arbeit. Es gab morgens einen Becher Ersatzkaffee, mittags wässrige Suppe mit ungeschälten Kartoffeln und abends 200 g Brot. Im dritten Teil des Geländes,etwas entfernt, befanden sich die eigentlichen Fabrikgebäude der DAW.
Jeder Lagerteil war mit Stacheldrahtzäunen abgetrennt, das gesamte Lager mit einem doppelten Stacheldrahtzaun gesichert. In Abständen von 50 m befanden sich Wachtürme mit Suchscheinwerfern. Bewaffnete ukrainische Hilfstruppen und SS-Männer patroullierten am Zaun.

Wilhaus am Lagertor*
Im Mai 1942 übernahm SS-Obersturmführer Fritz Gebauer das Kommando über das DAW-Gelände. Kommandant des Zwangsarbeitslagers wurde SS-Untersturmführer Gustav Wilhaus geleitet, später von Friedrich Warzok, als Stellvertreter Rokita und Fichtner. 12-15 SS-Offiziere und 60-80 sonstige SS-Männer beaufsichtigten das Lager, unterstützt von sowjetischen Kriegsgefangenen, die sich mehr oder weniger freiwillig zur SS gemeldet hatten.

Obwohl das Lager ursprünglich für Juden errichtet worden war, wurde nach einigen Monaten ein abgetrennter Bereich für Polen eingerichtet. Diese wurden etwas besser versorgt und konnten sogar nach einiger Zeit entlassen werden.
In den ersten Monaten wurden nur Juden aus Lviv eingeliefert, später auch aus entfernt liegenden Gebieten, z.B. Krakau. Die meisten Zwangsarbeiter kamen aus ost-galizischen Distrikten sowie den Kreisen Rawa-Ruska, Kamionka Strumilowa, Sambor, Brzezany und Kaluz. SS-Männer aus Janowska suchten diese Regionen auf, um dort Vernichtungsaktionen durchzuführen oder Zweiglager von Janowska einzurichten. z.B. in Laski Kurowice und Jaktarowe.

Bei der Einlieferung ins Lager mussten die Juden sämtliche Wertsachen abgeben. Dann teilte man sie in Kommandos von 20-30 Personen ein. Sie arbeiteten täglich 12 Stunden sowohl im Lager als auch in Lviv, wo sie Grabsteine von den jüdischen Friedhöfen entfernen mussten. Ein Kommando hatte die im Lager verstorbenen Juden und die in den Sandhügeln hinter dem Lager (Piaski) Erschossenen zu begraben. Dieses Kommando musste auch Kleidung und Wertsachen der Toten sortieren.

Lagerskizze
Lagerskizze *
Hinaus zur Arbeit
"Hinaus zur Arbeit" *
Aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen zogen es viele Gefangene vor, sich zu erhängen anstatt den nächsten Tag erleiden zu müssen. Die Rückkehr von der Arbeit mussten die Menschen im Laufschritt absolvieren. Wilhaus und sein Assistent sortierten dabei die Ermüdeten gnadenlos aus. Die Erschöpften wurden zwischen den Stacheldrahtzäunen eingeschlossen um dort zu sterben. Jeden Morgen mussten die Gefangenen zum Appell antreten, dabei inspiziert durch einen SS-Mann. Jeder, der bei dieser Musterung "durchfiel", wurde sofort erschossen. SS-Mann Rokita tötete dabei jeden, der ihm nicht passte, durch Genickschuss. So hatte jeder SS-Mann seine spezielle Methode...
Juden wurden wegen des geringsten "Vergehens" bestraft: Für langsames Arbeiten, nicht aufpassen usw. Die Tötungsmethoden waren unterschiedlich, je nach SS-Mann: Erschießen, totprügeln, erhängen, erwürgen, mit dem Kopf nach unten kreuzigen, zerstückeln mit Äxten und Messern. Frauen wurden meistens erwürgt oder erstochen. Oft wurden die Quälereien oder Morde von Musik des Lagerorchesters begleitet, das von Professor Stricts und dem bekannten Dirigenten Mund geleitet wurde. Inhaftierte Komponisten wurden gezwungen, eine bestimmte Melodie zu schaffen, genannt "Der Todestango". Kurz bevor das Lager aufgelöst wurde, erschoss die SS alle Mitglieder des Orchesters.

Baracke 5, in der die "Ostbahn-Brigade" inhaftiert war, war Schauplatz besonderer Brutalitäten. Die hier eingesperrten Juden, die die Lokomotiven auf dem Bahnhof zu säubern hatten, litten unter besonders häufigen Exekutionen. Am 16. März 1943 wurden z.B. 30 Männer des Kommandos in einer Vergeltungsaktion umgebracht, weil der Jude Kotnowski einen SS-Mann getötet hatte. Weitere 11 jüdische Ghetto-Polizisten wurden in der Hauptstraße des Ghettos Lviv an Balkonen erhängt. Etwa 1.000 Juden wurden aus diversen Arbeitskommandos außerhalb von Janowska herausgeholt und erschossen. 200 Insassen von Janowska ebenfalls.

Als im März 1942 die Massendeportationen aus Ost-Galizien nach Belzec begannen, wandelte sich das Lager in ein Durchgangslager für die Juden aus den in der Umgebung liegenden Städten und Dörfern. Nun fanden Selektionen statt, die die Arbeitsfähigen von denen separierten, die wegen ihres Alters oder Arbeitsunfähigkeit zur Vergasung nach Belzec geschickt wurden.
Wenig später wurde Janowska erweitert und nahm mehr und mehr den Charakter eines KZ an. Infolge von "Aktionen" im Ghetto Lviv trafen nun im Sommer 1942 tausende Juden im Lager ein. Ab Mitte 1943 kann man Janowska auch als Vernichtungslager ansehen. Immer weniger Gefangene wurden zur Arbeit in den DAW und in Lviv eingesetzt. Die Länge des Aufenthaltes im Lager nahm immer mehr ab. Immer mehr Exekutionen fanden statt, bevorzugt in den Sandhügeln von Piaski, hinter dem Lager. Dort wurden die Opfer in zwei Gräben erschossen und verscharrt. Allein Mitte Mai 1943 wurden dort über 6.000 Juden ermordet.

Unter Gebauer wurde das Morden noch grausamer. Nach seiner Beförderung / Versetzung wurde es von Lagerkommandant Wilhaus und dessen Stellvertreter Franz Warzok noch gesteigert. Gemäß Zeugenaussagen von sowjetischen und französischen Gefangenen erfand die SS spezielle Mordmethoden in Janowska, was sogar als besonderer Verdienst angesehen wurde. Eine ungenannte Zeugin berichtete der sowjetischen Untersuchungskommission:
"Ich sah mit eigenen Augen, wie Gebauer Frauen und Kinder erwürgte. Ich sah, wie man Männer im tiefsten Winter in Wasserfässer steckte bis sie einfroren. Die Fässer waren mit Wasser gefüllt, und die Opfer wurden an Händen und Füßen gefesselt ins Wasser gesteckt. Die armen Leute blieben in den Fässern, bis sie erfroren waren."
Wilhaus *
Rokita *
Wilhaus mochte es, mit einem Maschinengewehr vom Balkon des Lagerbüros auf Menschen zu schießen, die in den Werkstätten arbeiteten. Dies aus "sportlichen Gründen" und auch zur Belustigung seiner Frau und Tochter. Dann übernahm seine Frau das MG und tat dasselbe. Um seiner neunjährigen Tochter zu imponieren, ließ er einmal zwei vierjährige Kinder als fliegende Ziele in die Luft werfen und schoss auf sie. Seine Tochter klatschte Beifall und rief:
"Papa, mach's noch einmal! Papa, mach's noch einmal!" Er tat es.

Warzok liebte es, Gefangene an den Füßen an Pfosten zu hängen und sie hängen zu lassen, bis sie gestorben waren.
Rokita schlitzte gern Gefangenen den Bauch auf. Der Chef der Untersuchungsabteilung des Janowska-Lagers, Heine, mochte es, Gefangene mit einem Spieß zu durchlöchern. Er zog auch gern seinen weiblichen Opfern die Fingernägel mit einer Zange, ließ sie sich entkleiden und an den Haaren aufhängen. Dann schaukelte er die Opfer hin- und her und schoss auf sie als "bewegliches Ziel".
In Janowska wurde man in dieser Zeit aus nichtigem Anlass ermordet, wobei die Opfer nicht immer Juden waren. Die Zeugin Kirschner berichtete der sowjetischen Untersuchungskommission, dass der Gestapo-Kommissar Wepke vor anderen Janowka-Mördern damit prahlte, dass er mit einem Hieb seines Beiles einen Jungen in zwei Teile schlagen könne. Seine Kollegen glaubten ihm nicht, woraufhin er einen beliebigen Jungen fing, auf die Knie zwang und ihm befahl, seine Hände vor die Augen zu halten. Dann nahm Wepke Maß und durchtrennte den Jungen mit seinem Beil. Die Umstehenden applaudierten ihm herzlich und schüttelten dem Mörder die Hand.

Am 2. März 1942, dem jüdischen Purim-Fest, zwang man 6 Juden, die Nacht außerhalb der Baracke zu verbringen. Sie sahen angeblich krank aus und sollten die anderen nicht anstecken. Die Außentemperatur war unterhalb des Nullpunktes. Leon Wells (Wieliczker) berichtet:
"Am Morgen lagen alle 6 Juden erfroren da, wo man sie hingelegt hatte, total weiß, wie lange Schneebälle."
Am 4. März 1942 befahl Gebauer, ein Fass mit Wasser zu bringen. Er suchte 8 Zwangsarbeiter aus. Man zwang sie, sich zu entkleiden und in die Fässer zu steigen. Die ganze Nacht mussten sie in den Fässern bleiben. Wieliczker sagte aus, dass man am Morgen das Eis aufhacken musste, um die zu Tode gefrorenen Männer zu befreien.
Eine Woche später begannen Gebauer und Wilhaus ein Spiel, bei dem sie jüdische Arbeiter zu Schießübungen benutzten, die im Lager ihres Weges gingen. Am Abend suchten sie kranke Juden aus, um sie zu erschießen.

Am 20. April 1943, Hitlers 54. Geburtstag, suchte sich Wilhaus 54 Gefangene aus uns erschoss sie.
Im Lager gab es auch ein sogenanntes Krankenhaus für Gefangene. Am 1. und 15. jedes Monats wurden die Patienten den SS-Männern Brambauer und Birmann vorgeführt. Dann wurde jeder, der mehr als 14 Tage im "Krankenhaus" verbracht hatte, auf der Stelle erschossen. 6-7 Menschen verloren bei jeder dieser "Visiten" ihr Leben.

Wunderbarerweise überlebte Leon Wells (Wieliczker) das Lager "zweimal". Einmal als zum Tode verurteilter Gefangener, dann als Mitglied des "Sonderkommandos 1005", gezwungen, Leichen zu exhumieren und zu verbrennen.
In seiner Aussage beim Prozess gegen Adolf Eichmann in Jerusalem im Jahre 1961 beschrieb er bildhaft, wie er zuerst sein eigenes Grab in den Sandhügeln von Piaski schaufeln musste und dann den Befehl erhielt, einen Erschossenen heran zu ziehen. Als die Bewachung ihm den Rücken zudrehte, zog Wieliczker den Leichnam in die Grube und floh zurück ins Lager. Der Bewacher wusste, dass er entkommen war, und meldete Wieliczker offiziell als tot und begraben. Dies aus Angst vor Repressalien, war es doch "Gesetz", dass niemand von Piaski lebend zurückkommen durfte. So war Wieliczker offiziell tot. Dies wiederum war von lebenswichtiger Bedeutung für Wieliczker. Damals war die Flucht aus dem Lager noch relativ einfach. Das Problem einer Flucht bestand hauptsächlich nur darin, dass für jeden Flüchtling 10 Zurückgebliebene seines Kommandos erschossen und die Familienangehörigen gehängt wurden. Nun wissend, dass er offiziell tot war, konnte er flüchten ohne seine Kameraden und die Familie zu gefährden. Leider wurde er auf der Flucht gefasst und wieder ins Lager eingeliefert.

Die Knochenmühle
Die Knochenmühle*
Im Juni 1943 begannen 126 Männer des "Sonderkommandos 1005", die Leichen in Piaski und im Distrikt Lviv auszugraben und zu verbrennen. Die Aufsicht führenden SS-Offiziere waren der Sipo-SD Scharführer Rauch und Sipo-SD Oberwachtmeister Kepick.
Die ausgegrabenen Leichen wurden auf Scheiterhaufen gestapelt, jeder fasste 1.200-1.600 Leichen. Mit Teer und Benzin wurden die Scheiterhaufen in Brand gesteckt. Asche und verbliebene Knochen wurden durchgesiebt, um noch vorhandenes Gold zu finden. Nach Augenzeugenberichten fand das "Todeskommando" während der fünfmonatigen Arbeit etwa 110 kg Gold, das nach Deutschland verschickt wurde. Die Asche vergrub man oder verstreute sie auf den umliegenden Feldern. Größere Knochenreste wurden in einer Knochenmühle zermahlen, beaufsichtigt vom Sipo-SD Scharführer Elitko. Diese Maschine blieb nach dem Rückzug der Deutschen erhalten und wurde als Beweismittel in Kriegsverbrecherprozessen in der UdSSR verwendet.

Wieliczker war Mitglied dieses Kommandos und beschrieb alles im Prozess gegen Eichmann:
"Wir suchten alle Massengräber der letzten drei Jahre, holten die Leichen heraus, schichteten sie auf und verbrannten die Körper. Wir zermahlten die Knochen und suchten in der Asche die Wertsachen wie Goldzähne, Ringe, usw. Nach Zermahlen der Knochen warfen wir normalerweise die Asche in die Luft, so dass sie verschwand, bedeckten die Gräber mit Erde und säten Pflanzen aus, so dass niemand erkennen konnte, dass da mal Gräber waren.
Zusätzlich brachte man neue Leute - neue Opfer; sie wurden dort erschossen - unbekleidet - wir mussten diese Leichen auch verbrennen. Als am Dienstag, dem 29. Juni 1943, 275 Leute ankamen, wurden diese in Gruppen von 25 mit einem Maschinengewehr erschossen. Nachdem die ersten 25 in die Grube gegangen und erschossen worden sind, folgten die nächsten 25. Die 275 Erschossenen zeigten uns etwas, was wir schon vorher festgestellt hatten: Es gab einige Gräber, wo es schien, als ob die Leute gar nicht erschossen worden waren... Die Münder waren offen, die Zungen herausgestreckt. Sie sahen aus, als ob sie erstickt waren. Das zeigte uns, dass diese Leute lebendig begraben worden sind. Als wir sie verbrannten, merkten wir, dass sie teilweise nur leicht verletzt worden waren von den MG-Salven. Einige waren nur leicht am Arm verletzt, fielen nieder und wurden unter anderen Körpern begraben. So kam es vor, dass diese Nacht, als wir einen Körper ins Feuer warfen, die Person im letzten Moment anfing zu schreien - laut brüllend, weil noch am Leben...
Das Kommando war in verschiedene Abteilungen unterteilt. Da gab es, am Anfang einen, später zwei, "Brandmeister", zwei "Zähler", einen "Aschenkommandeur", "Träger", "Zieher" und auch "Reiniger". Die "Brandmeister" waren für das Feuer zuständig. Sie passten auf, dass das Feuer der Leichenpyramiden (manchmal bis zu 2.000 Leichen) nicht ausging.
Die "Zähler" zählten, wieviele Leichen verbrannt wurden. Die Zahlen verglichen sie mit den Originallisten. Es gab genaue Listen über die Ermordeten. Deshalb suchten wir manchmal stundenlang nach einer oder mehreren vergrabenen Leichen. Die Statistik wurde mit Bleistift und Papier geführt - es war jedem verboten, die Zahl zu erwähnen, und der "Zähler" hatte sie zu vergessen. Wenn der Hauptscharführer oder Untersturmführer am nächsten Morgen fragte, wieviele gestern verbrannt wurden, durfte der "Zähler" es nicht sagen. Er musste sagen, dass er es vergessen hat.
Wir mussten beim Gang zur Arbeit Lieder singen. Der "Brandmeister" marschierte voran, angezogen wie ein Teufel. Er hatte eine besondere Uniform, trug einen Haken in der Hand, und wir mussten singend hinter ihm marschieren. Später begleitete uns auch ein Orchester zur Arbeit.
Man sagte uns, dass wir nach 8 oder 10 Tagen ausgetauscht werden würden. Wir würden erschossen und eine andere Gruppe käme. Deshalb war es uns verboten zu sagen, dass wir länger als 6, 8, bis zu 8 oder 10 Tage und nicht länger da waren, wenn SD-Leute kamen und fragten...
"

Die sowjetische Untersuchungskommission, die nach dem Krieg Nazi-Verbrechen untersuchte, fand eine Anzahl Gruben, die noch mit Leichen von Gefangenen aus der zweiten Hälfte des Juli 1944 gefüllt waren. Nach Aussagen von Zeugen und Verwandten von Opfern benutzten die Nazis Janowska auch als Exekutionsstätte für Leute, die aus verschiedenen Gestapo-Gefängnissen angeliefert wurden. Im Gegensatz zur üblichen Praxis wurde die Kleidung dieser Opfer nicht durchsucht. So fand die Kommission noch Ausweise in den Taschen der Erschossenen. Dadurch konnte die Identität der Opfer festgestellt werden. Die Kommission ermittelte Folgendes:
1. Im Lager Janowska wurde Massenmord an Zivilisten begangen.
2. Die Morde wurden nach der deutschen Standardmethode begangen: Genickschuss oder Schuss durch die Schädeldecke.
3. Auf dem dem Lager benachbarten Gelände legten die Deutschen Massengräber an und verbrannten die Leichen. Die Verbrennungen fanden über einen gewissen Zeitraum statt, verteilt über das Lagergelände, aber meistens in Piaski.
4. Der Boden in Piaski ist bis zu einer beträchtlichen Tiefe mit Leichenflüssigkeit und Fetten, zusammen mit fauligem Geruch und Brandgeruch getränkt.
5. Der Zustand der entdeckten Asche, die aus kleinen Knochenstücken besteht, und die Brüchigkeit der größeren Knochenstücke zeigen, dass die Verbrennung der Körper bei hohen Temperaturen stattgefunden hat. Die nach der Verbrennung übrig gebliebene Asche wurde an verschiedenen Plätzen im Lagerbereich in 90-180 cm Tiefe vergraben. Zusammen hat man 59 solcher Stellen gefunden. Obendrein fand man Asche und Knochen an der Oberfläche des Bodens fast überall im von der Kommission untersuchten Lagerbereich. Weil sich die Gräber und die Verteilung von Asche und Knochen über fast 2 km2 erstrecken, geht die Expertenkommission von mehr als 200.000 in Janowska ermordeten Menschen aus.

So wie auch bei anderen Tötungsstätten der Nazis lässt sich für Janowska keine genaue Zahl der Opfer feststellen. Untersuchungskommissionen tendierten gleich nach Kriegsende zu überhöhten Zahlen. Wieliczker sagte der sowjetischen Kommission:
"Ich war ein ehemaliger Insasse des Janowska-Lagers, dem befohlen wurde, in Blobels "Kommando 1005" zu arbeiten; gezwungen, bei diesem Trupp Leichen auszugraben und zu verbrennen. Ich tat dies vom 6, Juni 1943 bis 20. November 1943. Während dieser Zeit verbrannte die Gruppe mehr als 310.000 Leichen, darin eingeschlossen etwa 170.000 auf dem Sandstein von Janowska und über 140.000 im Lisincki Wald. Diese Zahl beinhaltet Leichen, die vom "Kommando" exhumiert wurden und auch solche, die nicht begraben, sondern nach dem Erschießen sofort verbrannt worden sind.
Am 20. November 1943 floh unsere ganze Gruppe. Nur wenige sind am Leben geblieben, die meisten wurden auf der Flucht ermordet.
Danach bildeten die Deutschen eine andere Gruppe von Gefangenen, die die Verbrennungsarbeit fortsetzte. Ich weiß nicht, wieviele Leichen nach meiner Flucht noch verbrannt worden sind; aber ich weiß, dass das Verbrennen von Leichen im Lisincki Wald bis Januar 1944 ging.
"

Ein anderer Zeuge, Manussevich:
"Nach Verbrennung der Leichen im Graben, nahe des Janowska-Lagers, wurden wir nachts auf Lastwagen nach dem Lisincki Wald gebracht, wo wir 45 Gruben voll mit Erschossenen öffneten. An den Uniformen, Erkennungsmarken, Knöpfen, Medaillen und Orden identifizierten wir u.a. Rotarmisten und französische, belgische und italienische Kriegsgefangene. Es waren auch Leichen von Zivilisten dabei."

Zur Zeit schätzt man die Zahl der in Janowska Ermordeten auf 100.000-200.000 Menschen.
Die Verbrennungs-Gruppe wurde ab 25. Oktober 1943 aufgelöst. Als die etwa 30 verbliebenen Juden des Sonderkommandos merkten, welches Ende ihnen zugedacht war, flüchteten sie. Bei dem Ausbruch wurden mehrere Deutsche umgebracht. Wieviele entkommen konnten, ist nicht bekannt.

Die Rote Armee befreite Lviv am 26. Juli 1944. Gebauer wurde von einem westdeutschen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt
In den Nachkriegsjahren blieb Janowska ein Gefängnis, das sowjetische Lager Nr. 30. Heute ist dort ein ukrainisches Gefängnis.


Fotos:
GFH *
USHMM *

Quellen:
O'Neil, Robin. Unveröffentlichtes Manuscript
Gilbert, Martin. The Holocaust, London, 1986
Kahane, David. Lvov Ghetto Diary, Univ. of Massachusetts Press, 1991
Soviet Government Statements on Nazi Atrocities – London, 1946
The Trial of Adolf Eichmann – Transcripts - www.nizkor.org/hweb/people/e/eichmann-adolf/transcripts/
Justiz und NS-Verbrechen - www1.jur.uva.nl/junsv/index.htm
Gutman, Israel (Ed). Encyclopedia of the Holocaust, New York 1990.
Sandkühler, Thomas. "Endlösung" in Galizien, J.H.W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn, 1996


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