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Lagerkarte |
Im
September 1941 übernahmen die Deutschen ein Fabrikgelände
an der
Janowska-Straße 134 in
Lviv (Lwow / Lemberg). Sie richteten hier nun einen Versorgungsbetrieb
für die Wehrmacht ein. Wenig später wurde dieser zu einem Großbetrieb erweitert, der
nun Teil der
Deutsche Ausrüstungwerke (
DAW), einem SS-Unternehmen, wurde. Von Anfang
an wurden Juden aus
Lviv als Zwangsarbeiter eingesetzt.
Ende Oktober 1941 arbeiteten hier 600 Juden.
Mitte Oktober 1941 mussten 350 Zwangsarbeiter
neben dem
DAW-Betrieb ein eingezäuntes Barackenlager bauen. Am 1. November riegelte die SS die
Baustelle ab und erklärte es zu einem Zwangsarbeitslager (ZAL).
Der Janowska-Komplex war in drei Teile gegliedert. Im ersten Bereich befanden sich Einrichtungen der SS:
Garagen, Werkstätten, Büros, Wohnbaracken und das Haus des Kommandanten im Zentrum.
Im zweiten Bereich, dem eigentlichen ZAL, standen die Baracken für die Zwangsarbeiter. Jede
konnte bis zu 2.000 Insassen
aufnehmen. Die Lebensverhältnisse in den Baracken waren erschreckend. Die Menschen mussten auf Brettern
oder auf dem Boden schlafen. Durch die schlechten sanitären Verhältnisse brachen Krankheiten aus.
Viele Gefangene verhungerten wegen der geringen Essensrationen in Kombination mit der schweren Arbeit. Es gab
morgens einen Becher Ersatzkaffee, mittags wässrige Suppe mit ungeschälten Kartoffeln und abends
200 g Brot. Im dritten Teil des Geländes,etwas entfernt, befanden sich die eigentlichen Fabrikgebäude
der
DAW.
Jeder Lagerteil war mit Stacheldrahtzäunen abgetrennt, das gesamte Lager mit einem doppelten Stacheldrahtzaun
gesichert. In Abständen von 50 m befanden sich Wachtürme mit Suchscheinwerfern. Bewaffnete ukrainische
Hilfstruppen und SS-Männer patroullierten am Zaun.
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Wilhaus am Lagertor* |
Im
Mai 1942 übernahm SS-Obersturmführer
Fritz Gebauer das Kommando über das DAW-Gelände.
Kommandant des Zwangsarbeitslagers wurde SS-Untersturmführer
Gustav Wilhaus geleitet, später von
Friedrich Warzok, als Stellvertreter
Rokita und
Fichtner.
12-15 SS-Offiziere und 60-80 sonstige SS-Männer beaufsichtigten das Lager, unterstützt von
sowjetischen Kriegsgefangenen, die sich mehr oder weniger freiwillig zur SS gemeldet hatten.
Obwohl das Lager ursprünglich für Juden errichtet worden war, wurde nach einigen Monaten ein
abgetrennter Bereich für Polen eingerichtet. Diese wurden etwas besser versorgt und konnten sogar nach
einiger Zeit entlassen werden.
In den ersten Monaten wurden nur Juden aus
Lviv eingeliefert, später
auch aus entfernt liegenden Gebieten,
z.B.
Krakau. Die meisten Zwangsarbeiter kamen aus ost-galizischen Distrikten
sowie den Kreisen
Rawa-Ruska, Kamionka Strumilowa, Sambor, Brzezany und
Kaluz. SS-Männer aus Janowska suchten diese Regionen auf, um dort
Vernichtungsaktionen durchzuführen oder Zweiglager von Janowska einzurichten. z.B. in
Laski Kurowice und
Jaktarowe.
Bei der Einlieferung ins Lager mussten die Juden sämtliche Wertsachen abgeben. Dann teilte man sie in
Kommandos von 20-30 Personen ein. Sie arbeiteten täglich 12 Stunden sowohl im Lager als auch in
Lviv, wo sie Grabsteine von den jüdischen Friedhöfen entfernen mussten.
Ein Kommando hatte die im Lager verstorbenen Juden und die in den Sandhügeln hinter dem Lager
(
Piaski) Erschossenen zu begraben. Dieses Kommando musste auch Kleidung und
Wertsachen der Toten sortieren.
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Lagerskizze * |
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"Hinaus zur Arbeit" * |
Aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen zogen es viele Gefangene vor, sich zu erhängen anstatt
den nächsten Tag erleiden zu müssen. Die Rückkehr von der Arbeit mussten die Menschen im Laufschritt
absolvieren.
Wilhaus und sein Assistent sortierten dabei die Ermüdeten
gnadenlos aus. Die Erschöpften wurden zwischen den Stacheldrahtzäunen eingeschlossen um dort zu sterben.
Jeden Morgen mussten die Gefangenen zum Appell antreten, dabei inspiziert durch einen SS-Mann. Jeder, der bei
dieser Musterung "durchfiel", wurde sofort erschossen. SS-Mann
Rokita
tötete dabei jeden, der ihm nicht passte, durch Genickschuss. So hatte jeder SS-Mann seine spezielle Methode...
Juden wurden wegen des geringsten "Vergehens" bestraft: Für langsames Arbeiten, nicht aufpassen usw. Die
Tötungsmethoden waren unterschiedlich, je nach SS-Mann: Erschießen, totprügeln, erhängen,
erwürgen, mit dem Kopf nach unten kreuzigen, zerstückeln mit Äxten und Messern. Frauen wurden meistens
erwürgt oder erstochen. Oft wurden die Quälereien oder Morde von Musik des Lagerorchesters begleitet, das von
Professor
Stricts und dem bekannten Dirigenten
Mund geleitet wurde. Inhaftierte Komponisten wurden gezwungen, eine bestimmte
Melodie zu schaffen, genannt "Der Todestango". Kurz bevor das Lager aufgelöst wurde, erschoss die SS alle
Mitglieder des Orchesters.
Baracke 5, in der die "Ostbahn-Brigade" inhaftiert war, war Schauplatz besonderer Brutalitäten. Die hier
eingesperrten Juden, die die Lokomotiven auf dem Bahnhof zu säubern hatten, litten unter besonders häufigen
Exekutionen. Am
16. März 1943 wurden z.B. 30 Männer des Kommandos in einer
Vergeltungsaktion umgebracht, weil der Jude
Kotnowski einen SS-Mann getötet
hatte. Weitere 11 jüdische Ghetto-Polizisten wurden in der Hauptstraße des
Ghettos Lviv an Balkonen erhängt. Etwa 1.000 Juden wurden aus diversen
Arbeitskommandos außerhalb von Janowska herausgeholt und erschossen. 200 Insassen von Janowska ebenfalls.
Als im
März 1942 die Massendeportationen aus Ost-Galizien nach
Belzec begannen, wandelte sich das Lager in ein Durchgangslager für die
Juden aus den in der Umgebung liegenden Städten und Dörfern. Nun fanden Selektionen statt, die die
Arbeitsfähigen von denen separierten, die wegen ihres Alters oder Arbeitsunfähigkeit zur Vergasung
nach
Belzec geschickt wurden.
Wenig später wurde Janowska erweitert und nahm mehr und mehr den Charakter eines KZ an. Infolge von "Aktionen" im
Ghetto Lviv trafen nun im
Sommer 1942 tausende
Juden im Lager ein. Ab Mitte 1943 kann man Janowska auch als Vernichtungslager ansehen. Immer weniger Gefangene
wurden zur Arbeit in den
DAW und in
Lviv eingesetzt. Die Länge des
Aufenthaltes im Lager nahm immer mehr ab. Immer mehr Exekutionen fanden statt, bevorzugt in den Sandhügeln
von
Piaski, hinter dem Lager. Dort wurden die Opfer in zwei Gräben erschossen
und verscharrt. Allein
Mitte Mai 1943 wurden dort über 6.000 Juden ermordet.
Unter
Gebauer wurde das Morden noch grausamer. Nach seiner Beförderung /
Versetzung wurde es von Lagerkommandant
Wilhaus und dessen Stellvertreter
Franz Warzok noch gesteigert. Gemäß Zeugenaussagen von sowjetischen
und französischen Gefangenen erfand die SS spezielle Mordmethoden in Janowska, was sogar als besonderer
Verdienst angesehen wurde. Eine ungenannte Zeugin berichtete der sowjetischen Untersuchungskommission:
"
Ich sah mit eigenen Augen, wie Gebauer Frauen und Kinder
erwürgte. Ich sah, wie man Männer im tiefsten Winter in Wasserfässer steckte bis sie einfroren.
Die Fässer waren mit Wasser gefüllt, und die Opfer wurden an Händen und Füßen gefesselt
ins Wasser gesteckt. Die armen Leute blieben in den Fässern, bis sie erfroren waren."
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Wilhaus * |
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Rokita * |
Wilhaus mochte es, mit einem Maschinengewehr vom Balkon des Lagerbüros
auf Menschen zu schießen, die in den Werkstätten arbeiteten. Dies aus "sportlichen Gründen"
und auch zur Belustigung seiner Frau und Tochter. Dann übernahm seine Frau das MG und tat dasselbe.
Um seiner neunjährigen Tochter zu imponieren, ließ er einmal zwei vierjährige Kinder als
fliegende Ziele in die Luft werfen und schoss auf sie. Seine Tochter klatschte Beifall und rief:
"
Papa, mach's noch einmal! Papa, mach's noch einmal!" Er tat es.
Warzok liebte es, Gefangene an den Füßen an Pfosten zu hängen
und sie hängen zu lassen, bis sie gestorben waren.
Rokita schlitzte gern Gefangenen den Bauch auf. Der Chef der Untersuchungsabteilung
des Janowska-Lagers,
Heine, mochte es, Gefangene mit einem Spieß zu
durchlöchern. Er zog auch gern seinen weiblichen Opfern die Fingernägel mit einer Zange, ließ sie sich
entkleiden und an den Haaren aufhängen. Dann schaukelte er die Opfer hin- und her und schoss auf sie als
"bewegliches Ziel".
In Janowska wurde man in dieser Zeit aus nichtigem Anlass ermordet, wobei die Opfer nicht immer Juden waren. Die
Zeugin
Kirschner berichtete der sowjetischen Untersuchungskommission, dass
der Gestapo-Kommissar
Wepke vor anderen Janowka-Mördern damit prahlte,
dass er mit einem Hieb seines Beiles einen Jungen in zwei Teile schlagen könne. Seine Kollegen glaubten ihm nicht,
woraufhin er einen beliebigen Jungen fing, auf die Knie zwang und ihm befahl, seine Hände vor die Augen zu halten.
Dann nahm
Wepke Maß und durchtrennte den Jungen mit seinem Beil. Die
Umstehenden applaudierten ihm herzlich und schüttelten dem Mörder die Hand.
Am
2. März 1942, dem jüdischen Purim-Fest, zwang man 6 Juden, die Nacht
außerhalb der Baracke zu verbringen. Sie sahen angeblich krank aus und sollten die anderen nicht anstecken.
Die Außentemperatur war unterhalb des Nullpunktes.
Leon Wells (Wieliczker)
berichtet:
"
Am Morgen lagen alle 6 Juden erfroren da, wo man sie hingelegt hatte, total weiß, wie lange
Schneebälle."
Am
4. März 1942 befahl
Gebauer, ein Fass
mit Wasser zu bringen. Er suchte 8 Zwangsarbeiter aus. Man zwang sie, sich zu entkleiden und in die Fässer zu
steigen. Die ganze Nacht mussten sie in den Fässern bleiben.
Wieliczker
sagte aus, dass man am Morgen das Eis aufhacken musste, um die zu Tode gefrorenen Männer zu befreien.
Eine Woche später begannen
Gebauer und
Wilhaus ein Spiel, bei dem sie jüdische Arbeiter zu Schießübungen
benutzten, die im Lager ihres Weges gingen. Am Abend suchten sie kranke Juden aus, um sie zu erschießen.
Am
20. April 1943,
Hitlers 54. Geburtstag,
suchte sich
Wilhaus 54 Gefangene aus uns erschoss sie.
Im Lager gab es auch ein sogenanntes Krankenhaus für Gefangene. Am 1. und 15. jedes Monats wurden die
Patienten den SS-Männern
Brambauer und
Birmann vorgeführt. Dann wurde jeder, der mehr als 14 Tage im
"Krankenhaus" verbracht hatte, auf der Stelle erschossen. 6-7 Menschen verloren bei jeder dieser "Visiten"
ihr Leben.
Wunderbarerweise überlebte
Leon Wells (Wieliczker) das Lager "zweimal".
Einmal als zum Tode verurteilter Gefangener, dann als Mitglied des
"
Sonderkommandos 1005", gezwungen, Leichen zu exhumieren und zu verbrennen.
In seiner Aussage beim Prozess gegen
Adolf Eichmann in Jerusalem im Jahre
1961 beschrieb er bildhaft, wie er zuerst sein eigenes Grab in den Sandhügeln
von
Piaski schaufeln musste und dann den Befehl erhielt, einen Erschossenen
heran zu ziehen. Als die Bewachung ihm den Rücken zudrehte, zog
Wieliczker
den Leichnam in die Grube und floh zurück ins Lager. Der Bewacher wusste, dass er entkommen war, und meldete
Wieliczker offiziell als tot und begraben. Dies aus Angst vor Repressalien,
war es doch "Gesetz", dass niemand von
Piaski lebend zurückkommen durfte.
So war
Wieliczker offiziell tot. Dies wiederum war von lebenswichtiger
Bedeutung für
Wieliczker. Damals war die Flucht aus dem Lager noch
relativ einfach. Das Problem einer Flucht bestand hauptsächlich nur darin, dass für jeden Flüchtling
10 Zurückgebliebene seines Kommandos erschossen und die Familienangehörigen gehängt wurden.
Nun wissend, dass er offiziell tot war, konnte er flüchten ohne seine Kameraden und die Familie zu gefährden.
Leider wurde er auf der Flucht gefasst und wieder ins Lager eingeliefert.
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Die Knochenmühle* |
Im
Juni 1943 begannen 126 Männer des "Sonderkommandos 1005", die Leichen in
Piaski und im
Distrikt Lviv auszugraben
und zu verbrennen. Die Aufsicht führenden SS-Offiziere waren der Sipo-SD Scharführer
Rauch und Sipo-SD Oberwachtmeister
Kepick.
Die ausgegrabenen Leichen wurden auf Scheiterhaufen gestapelt, jeder fasste 1.200-1.600 Leichen. Mit Teer
und Benzin wurden die Scheiterhaufen in Brand gesteckt. Asche und verbliebene Knochen wurden durchgesiebt, um noch
vorhandenes Gold zu finden. Nach Augenzeugenberichten fand das "Todeskommando" während der fünfmonatigen
Arbeit etwa 110 kg Gold, das nach Deutschland verschickt wurde. Die Asche vergrub man oder verstreute sie auf den
umliegenden Feldern. Größere Knochenreste wurden in einer Knochenmühle zermahlen, beaufsichtigt
vom Sipo-SD Scharführer
Elitko. Diese Maschine blieb nach dem Rückzug der
Deutschen erhalten und wurde als Beweismittel in Kriegsverbrecherprozessen in der UdSSR verwendet.
Wieliczker war Mitglied dieses Kommandos und beschrieb alles im Prozess gegen
Eichmann:
"
Wir suchten alle Massengräber der letzten drei Jahre, holten die Leichen heraus,
schichteten sie auf und verbrannten die Körper. Wir zermahlten die Knochen und suchten in der Asche die
Wertsachen wie Goldzähne, Ringe, usw. Nach Zermahlen der Knochen warfen wir normalerweise die Asche in die
Luft, so dass sie verschwand, bedeckten die Gräber mit Erde und säten Pflanzen aus, so dass niemand
erkennen konnte, dass da mal Gräber waren.
Zusätzlich brachte man neue Leute - neue Opfer; sie wurden dort erschossen - unbekleidet - wir mussten diese
Leichen auch verbrennen. Als am Dienstag, dem 29. Juni 1943, 275 Leute ankamen,
wurden diese in Gruppen von 25 mit einem Maschinengewehr erschossen. Nachdem die ersten 25 in die Grube gegangen
und erschossen worden sind, folgten die nächsten 25. Die 275 Erschossenen zeigten uns etwas, was wir schon
vorher festgestellt hatten: Es gab einige Gräber, wo es schien, als ob die Leute gar nicht erschossen
worden waren... Die Münder waren offen, die Zungen herausgestreckt. Sie sahen aus, als ob sie erstickt waren.
Das zeigte uns, dass diese Leute lebendig begraben worden sind. Als wir sie verbrannten, merkten wir, dass sie
teilweise nur leicht verletzt worden waren von den MG-Salven. Einige waren nur leicht am Arm verletzt, fielen nieder
und wurden unter anderen Körpern begraben. So kam es vor, dass diese Nacht, als wir einen Körper ins
Feuer warfen, die Person im letzten Moment anfing zu schreien - laut brüllend, weil noch am Leben...
Das Kommando war in verschiedene Abteilungen unterteilt. Da gab es, am Anfang einen, später zwei,
"Brandmeister", zwei "Zähler", einen "Aschenkommandeur", "Träger", "Zieher" und auch "Reiniger".
Die "Brandmeister" waren für das Feuer zuständig. Sie passten auf, dass das Feuer der Leichenpyramiden
(manchmal bis zu 2.000 Leichen) nicht ausging.
Die "Zähler" zählten, wieviele Leichen verbrannt wurden. Die Zahlen verglichen sie mit den Originallisten.
Es gab genaue Listen über die Ermordeten. Deshalb suchten wir manchmal stundenlang nach einer oder
mehreren vergrabenen Leichen. Die Statistik wurde mit Bleistift und Papier geführt - es war jedem verboten,
die Zahl zu erwähnen, und der "Zähler" hatte sie zu vergessen. Wenn der
Hauptscharführer oder Untersturmführer am nächsten Morgen fragte, wieviele gestern verbrannt
wurden, durfte der "Zähler" es nicht sagen. Er musste sagen, dass er es vergessen hat.
Wir mussten beim Gang zur Arbeit Lieder singen. Der "Brandmeister" marschierte voran, angezogen wie ein Teufel.
Er hatte eine besondere Uniform, trug einen Haken in der Hand, und wir mussten singend hinter ihm marschieren.
Später begleitete uns auch ein Orchester zur Arbeit.
Man sagte uns, dass wir nach 8 oder 10 Tagen ausgetauscht werden würden. Wir würden erschossen und eine
andere Gruppe käme. Deshalb war es uns verboten zu sagen, dass wir länger als 6, 8, bis zu 8 oder 10 Tage
und nicht länger da waren, wenn SD-Leute kamen und fragten..."
Die sowjetische Untersuchungskommission, die nach dem Krieg Nazi-Verbrechen untersuchte, fand eine Anzahl Gruben,
die noch mit Leichen von Gefangenen aus der zweiten Hälfte des
Juli 1944
gefüllt waren. Nach Aussagen von Zeugen und Verwandten von Opfern benutzten die Nazis Janowska auch als
Exekutionsstätte für Leute, die aus verschiedenen Gestapo-Gefängnissen angeliefert wurden.
Im Gegensatz zur üblichen Praxis wurde die Kleidung dieser Opfer nicht durchsucht. So fand die Kommission
noch Ausweise in den Taschen der Erschossenen. Dadurch konnte die Identität der Opfer festgestellt werden.
Die Kommission ermittelte Folgendes:
1. Im Lager Janowska wurde Massenmord an Zivilisten begangen.
2. Die Morde wurden nach der deutschen Standardmethode begangen: Genickschuss oder Schuss durch die
Schädeldecke.
3. Auf dem dem Lager benachbarten Gelände legten die Deutschen Massengräber an und verbrannten die
Leichen. Die Verbrennungen fanden über einen gewissen Zeitraum statt, verteilt über das
Lagergelände, aber meistens in
Piaski.
4. Der Boden in
Piaski ist bis zu einer beträchtlichen Tiefe mit
Leichenflüssigkeit und Fetten, zusammen mit fauligem Geruch und Brandgeruch getränkt.
5. Der Zustand der entdeckten Asche, die aus kleinen Knochenstücken besteht, und die Brüchigkeit der
größeren Knochenstücke zeigen, dass die Verbrennung der Körper bei hohen Temperaturen
stattgefunden hat. Die nach der Verbrennung übrig gebliebene Asche wurde an verschiedenen Plätzen
im Lagerbereich in 90-180 cm Tiefe vergraben. Zusammen hat man 59 solcher Stellen gefunden. Obendrein fand man
Asche und Knochen an der Oberfläche des Bodens fast überall im von der Kommission untersuchten Lagerbereich.
Weil sich die Gräber und die Verteilung von Asche und Knochen über fast 2 km
2 erstrecken,
geht die Expertenkommission von mehr als 200.000 in Janowska ermordeten Menschen aus.
So wie auch bei anderen Tötungsstätten der Nazis lässt sich für Janowska keine genaue Zahl
der Opfer feststellen. Untersuchungskommissionen tendierten gleich nach Kriegsende zu überhöhten Zahlen.
Wieliczker sagte der sowjetischen Kommission:
"
Ich war ein ehemaliger Insasse des Janowska-Lagers, dem befohlen wurde, in
Blobels "Kommando 1005" zu arbeiten; gezwungen, bei diesem Trupp Leichen auszugraben
und zu verbrennen. Ich tat dies vom 6, Juni 1943 bis
20. November 1943. Während dieser Zeit verbrannte die Gruppe mehr als 310.000 Leichen,
darin eingeschlossen etwa 170.000 auf dem Sandstein von Janowska und über 140.000 im
Lisincki Wald. Diese Zahl beinhaltet Leichen, die vom "Kommando" exhumiert wurden und
auch solche, die nicht begraben, sondern nach dem Erschießen sofort verbrannt worden sind.
Am 20. November 1943 floh unsere ganze Gruppe. Nur wenige sind am Leben geblieben, die
meisten wurden auf der Flucht ermordet.
Danach bildeten die Deutschen eine andere Gruppe von Gefangenen, die die Verbrennungsarbeit fortsetzte. Ich weiß
nicht, wieviele Leichen nach meiner Flucht noch verbrannt worden sind; aber ich weiß, dass das Verbrennen von
Leichen im Lisincki Wald bis Januar 1944 ging."
Ein anderer Zeuge,
Manussevich:
"
Nach Verbrennung der Leichen im Graben, nahe des Janowska-Lagers, wurden wir nachts auf
Lastwagen nach dem Lisincki Wald gebracht, wo wir 45 Gruben voll mit Erschossenen
öffneten. An den Uniformen, Erkennungsmarken, Knöpfen, Medaillen und Orden identifizierten wir u.a.
Rotarmisten und französische, belgische und italienische Kriegsgefangene. Es waren auch Leichen von
Zivilisten dabei."
Zur Zeit schätzt man die Zahl der in Janowska Ermordeten auf 100.000-200.000 Menschen.
Die Verbrennungs-Gruppe wurde ab
25. Oktober 1943 aufgelöst. Als die etwa 30
verbliebenen Juden des Sonderkommandos merkten, welches Ende ihnen zugedacht war, flüchteten sie. Bei dem
Ausbruch wurden mehrere Deutsche umgebracht. Wieviele entkommen konnten, ist nicht bekannt.
Die Rote Armee befreite
Lviv am
26. Juli 1944.
Gebauer wurde von einem westdeutschen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt
In den Nachkriegsjahren blieb Janowska ein Gefängnis, das sowjetische Lager Nr. 30. Heute ist dort ein
ukrainisches Gefängnis.
Fotos:
GFH
*
USHMM
*
Quellen:
O'Neil, Robin. Unveröffentlichtes Manuscript
Gilbert, Martin.
The Holocaust, London, 1986
Kahane, David.
Lvov Ghetto Diary, Univ. of Massachusetts Press, 1991
Soviet Government Statements on Nazi Atrocities – London, 1946
The Trial of Adolf Eichmann – Transcripts -
www.nizkor.org/hweb/people/e/eichmann-adolf/transcripts/
Justiz und NS-Verbrechen -
www1.jur.uva.nl/junsv/index.htm
Gutman, Israel (Ed).
Encyclopedia of the Holocaust, New York 1990.
Sandkühler, Thomas.
"Endlösung" in Galizien, J.H.W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn, 1996
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