Auf dem Gelände von
Auschwitz gab es insgesamt sieben Gebäude, die
über längere Zeit als Gaskammern verwendet wurden. Außerdem gab es noch zwei
Bauten, die ebenfalls als Gaskammern dienten, jedoch nur für wenige Vergasungen. Es handelt
sich dabei um den
Keller von Block 11 im Stammlager, wo die ersten Probevergasungen im
August 1941 stattfanden, und ein Entlausungsgebäude auf dem Gelände
von
"Kanada I" im Hauptwirtschaftslager (dem Stammlager gegenüber), wo am
23. September 1944 200 Mitglieder des Sonderkommandos mit Zyklon B vergast wurden.
Krematorium I (im Stammlager KZ Auschwitz)
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Gaskammer I |
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Krematorium I * |
Die Gaskammer wurde in der Leichenhalle des Krematoriums eingerichtet und fasste zwischen 700 und 800
Opfer (17 x 4,5 m). Das Gas wurde durch Öffnungen im Dach hineingeworfen. Die Verwendung
der Leichenhalle als Gaskammer hatte außerdem den Vorteil, verglichen mit den Kellerräumen in
Block 11, dass es hier ein kräftiges Ventilationssystem gab. Jedoch gab es keine Brause-Attrappen in der
Decke, um die Opfer zu täuschen. Die Gaskammer wurde im
Herbst 1941 in Betrieb genommen,
die letzte Vergasung fand im
Dezember 1942 statt, als das Sonderkommando, das in Birkenau
die ersten Massengräber geleert hatte, vergast wurde.
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Dach der Gaskammer I |
Die Zahl der Opfer in dieser Gaskammer ist ungewiss.
Filip Müller, der ein
Jahr im Sonderkommando des Krematoriums I gearbeitet hat, schätzt die Zahl der Opfer in die Zehntausende,
Jean-Claude Pressac dagegen rechnet mit höchstens 10.000 Opfern.
Nachdem hier die Vergasungen beendet waren, wurde die Leichenhalle weiterhin als Hinrichtungsstätte
durch Erschießen verwendet. Nachdem die großen Krematorien in Birkenau fertig wurden,
wurden die Räume im Krematorium I anderen Zwecken zugeführt, und
1944
wurde das Gebäude als Luftschutzbunker umgebaut.
Nach der Befreiung hat man das Gebäude teilweise auf den ursprünglichen Stand zurückgeführt.
Das, was der Besucher heute sieht, ist also eine Rekonstruktion aus originalen Teilen.
Die provisorischen Gaskammern Bunker 1 und Bunker 2 (in Auschwitz-Birkenau)
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Lage von Bunker 1 und 2 |
Da die Platzierung des Krematoriums I in unmittelbarer Nähe des Stammlagers die Geheimhaltung der
Vorgänge unmöglich machte und da die Kapazität der Gaskammer nicht ausreichte,
wenn Auschwitz eine Schlüsselrolle in der Durchführung der „Endlösung“ spielen sollte,
musste die Lagerleitung sich nach Alternativen umsehen. Die Lösung fand sich auf dem Gelände
des Lagers Birkenau. Hier war die polnische Bevölkerung zwangsausgesiedelt worden, und in zwei
somit leer stehenden Bauernhäusern wurden die neuen Gaskammern eingerichtet.
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Lage von Bunker 1 |
Bunker 1, oder das "Rote Haus", wie es wegen seiner roten, unverputzten Wände auch genannt wurde,
lag am nördlichen Rand des Gebietes auf Höhe des späteren Bauabschnittes III.
Ursprünglich hatte das Haus, das ungefähr 15 x 6 m maß, vier Räume, die aber
jetzt auf zwei zusammengelegt wurden. Jeder Raum wurde mit einer Tür versehen und die Fenster
wurden zugemauert. Um das Gas hineinwerfen zu können, schlug man in jeden Raum zwei
Öffnungen von etwa 30 x 40 cm Größe, die mit gasdichten Klappen geschlossen werden
konnten. Die Türen wurden mit Filz abgedichtet und konnten fest zugeschraubt werden. An den Türen
waren Schilder mit dem Text „Zur Desinfektion“ angebracht. Die Räume waren weiß getüncht
und Sägemehl wurde nach jeder Vergasung frisch auf den Boden gestreut. Es gab keine Ventilation,
weshalb die Entlüftung recht langsam verlief. Vergast wurde am Anfang nur nachts, später musste
man jedoch auch die Tagesstunden in Anspruch nehmen, da die Transporte sich häuften und oft zu
unregelmäßigen Zeitpunkten ankamen. Die Vergasungskapazität betrug für jeden der beiden
Räume etwa 400 Personen. Die Leichen der Ermordeten wurden in Massengräbern in unmittelbarer
Nähe verscharrt.
Es herrscht Unklarheit darüber, wann genau Bunker 1 in Betrieb genommen wurde.
Danuta Czech gibt im Kalendarium der Ereignisse den
Beginn mit
Ende März 1942 an; andere Forscher, wie
van Pelt und
Pressac,
meinen, dass der Anfang später war, und zwar im
Mai. Vermutlich liegt
die Inbetriebnahme eher im
März, da zu diesem Zeitpunkt die
großen Vernichtungsaktionen gegen die Juden Oberschlesiens anliefen.
Mit der Inbetriebnahme der großen Krematorien im
Frühjahr /
Sommer 1943 wurden die primitiven, provisorischen Gaskammern überflüssig, weswegen
Bunker 1 wahrscheinlich im
März 1943 abgerissen wurde.
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Reste von Bunker 2 |
Bunker 2, nach seiner Farbe auch das "Weiße Haus" genannt, lag am westlichen Ende des Lagers,
wenige hundert Meter hinter der späteren Zentralsauna. Dieses Haus war mit einer Grundfläche
von etwa 17 x 8 m etwas größer als Bunker 1 und wurde mit vier unterschiedlich großen
Gaskammern versehen. Im Gegensatz zu den Kammern im "Roten Haus" gab es in jeder Kammer zwei
Türen, womit die Entlüftung viel schneller verlief. Sonst waren die beiden Häuser in
technischer Hinsicht gleich eingerichtet. Die Kapazität von Bunker 2 war erheblich größer
als bei Bunker 1, nicht nur wegen der Größe, sondern auch weil das zwei-Türen-System
eine schnellere Entleerung und Entlüftung der Kammern bewirkte und somit die tägliche Mordrate
erheblich erhöhte.
Der SS-Lagerarzt
Johann Kremer schreibt in seinen Tagebüchern
unter dem Datum
12. Oktober 1942:
“
... Trotzdem in der Nacht noch bei einer Sonderaktion aus Holland (1.600 Personen) zugegen.
Schauerliche Szene vor dem letzten Bunker! Das war die 10. Sonderaktion.“
Am Rande setzt er noch den Namen
Hössler ein, weil SS-Obersturmführer
Franz Hössler für die Vergasungen bei den Bunkern verantwortlich war.
Hössler hatte versucht, alle Opfer auf einmal
zu vergasen. Einen letzten Mann konnte er jedoch in den Bunker nicht hineinzwängen, weshalb er ihn erschoss.
Kremer macht in seinem Tagebuch jedoch einen Fehler indem er von holländischen Juden spricht.
Alles deutet darauf hin, dass es sich um belgische Juden handelte, die mit einem Transport aus
Mechelen
am
12. Oktober in Auschwitz angekommen waren (Transport Nr. 12 und 13 aus
Mechelen wurden zu einem Zug zusammengestellt und verließen
Mechelen am
10. Oktober).
Von den 1.673 Personen dieses Transportes wurden 28 Männer und 88 Frauen im Lager aufgenommen, die übrigen wurden vergast.
Wie es der Fall bei Bunker 1 war, wurde Bunker 2, der vermutlich im Juni 1942 in Betrieb genommen wurde,
seit Fertigstellung der großen Krematorien nicht mehr verwendet. Hier wurden jedoch nur die Holzbaracken,
in denen sich die Opfer zu entkleiden hatten, abgerissen, das Haus mit den Gaskammern jedoch blieb stehen und
wurde während der Ungarn-Aktion im
Sommer 1944 wieder als Gaskammer benutzt.
Bunker 2, der in dieser Periode auch Bunker 5 genannt wurde, blieb bis zum
Herbst
in Betrieb und wurde erst im
November 1944 abgerissen.
Rudolf Höß:
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Alte "Judenrampe" |
"
2 alte Bauernhäuser, die abgelegen im Gelände Birkenau lagen, wurden fugendicht gemacht
und mit starken Holztüren versehen. Die Transporte selbst wurden auf einem Abstellgleis in Birkenau ausgeladen.
Die arbeitsfähigen Häftlinge wurden ausgesucht und nach den Lagern abgeführt, sämtliches Gepäck
wurde abgelegt und später zu den Effektenlagern gebracht. Die anderen, zur Vergasung bestimmten, gingen im
Fußmarsch zu der etwa 1 km entfernten Anlage. Die Kranken und nicht Gehfähigen wurden mit Lastwagen
hintransportiert. Bei Transporten, die des Nachts ankamen, wurden alle mit Lastwagen dahin befördert.
Vor den Bauernhäusern mussten sich alle ausziehen hinter aufgebauten Reisigwänden. An den Türen stand
"Desinfektionsraum". Die Dienst tuenden Unterführer mussten durch Dolmetscher den Menschen sagen, dass sie genau auf
ihre Sachen achten sollen, damit sie diese nach der Entlausung gleich wiederfänden. Hierdurch wurde von vornherein
eine Beunruhigung unterbunden. Die Ausgezogenen gingen dann in die Räume hinein, je nach Größe
200-300 Menschen. Die Türen wurden zugeschraubt und durch kleine Luken je ein bis zwei Büchsen Zyklon B
hineingestreut; es handelt sich dabei um eine körnige Masse von Blausäure. Die Wirkungsdauer, je nach
Witterung, 3-10 Minuten. Nach einer halben Stunde wurden die Türen geöffnet und die Leichen durch ein
Kommando von Häftlingen, die ständig dort arbeiteten, herausgezogen und in Erdgruben verbrannt. Vor der
Verbrennung wurden die Goldzähne und Ringe entfernt, zwischen den Leichen wurde Brennholz geschichtet, und
wenn ein Stoß von ca. 100 Leichen drin war, wurde mit Petroleum getränkten Lappen das Holz entzündet.
Wenn die Verbrennung dann richtig im Gange war, wurden die anderen Leichen dazugeworfen. Das sich auf dem Boden der Gruben
sammelnde Fett wurde mit Eimern dem Feuer wieder zugegossen, um besonders bei nasser Witterung den
Verbrennungsprozess zu beschleunigen. Die Dauer der Verbrennung dauerte 6-7 Stunden. Der Gestank der verbrannten
Leichen konnte bei Westwind selbst im Lager bemerkt werden. Nach Räumung der Gruben wurden die Aschenreste
zerstampft. Dies geschah auf einer Zementplatte, wo Häftlinge mit Holzstampfern die Knochenreste pulverisierten.
Diese Reste wurden dann mittels Lastwagen an einer abgelegenen Stelle in die Weichsel geschüttet."
Die großen Krematorien II-V (in Auschwitz-Birkenau)
Die recht lange und komplizierte Baugeschichte der vier großen Krematorien in Birkenau wird besonders
eingehend von
Pressac und
Robert Jan van Pelt
beschrieben. Die Geschichte beginnt im
Oktober 1941, als der Leiter der
SS-Zentralbauleitung in Auschwitz,
Karl Bischoff, und der Ingenieur
Kurt Prüfer von der Firma
Topf & Söhne, die schon Leichenverbrennungsöfen nach Auschwitz
geliefert hatte, sich in Auschwitz trafen, um Bau und Ausstattung eines neuen, großen Krematoriums zu
beschließen. Ursprünglich sollte das neue Krematorium, das wegen der zu erwartenden enormen Erweiterung
des Lagers notwendig werden würde, im Stammlager gebaut werden. Im
Frühling 1942
beschloss man jedoch, das Krematorium in Birkenau zu bauen und zwar am Ende der breiten Lagerstraße, zwischen den
Bauabschnitten B I und B II, wo später (im
Frühjahr 1944) die neue
Rampe angelegt wurde.
Die sich ständig ändernden Pläne der SS-Führung bedeuteten, dass im Laufe des
Sommers 1942 die ursprünglichen Pläne hinfällig geworden waren.
Jetzt sollte Auschwitz-Birkenau
eine Schlüsselrolle in der Vernichtung der europäischen Juden spielen. Eigentlich sollte Krematorium II
mit zwei großen, unterirdischen Leichenkellern gebaut werden. Im Laufe der Planungsarbeiten wurde jedoch
beschlossen, das Gebäude mit den 15 Leichenverbrennungsöfen in ein Krematorium mit Gaskammer
umzubauen. Dies bedeutete, dass es notwendig wurde, eine Treppe für die noch lebenden Opfer statt einer Rutsche für
Leichen zu konstruieren. Die Treppe taucht sehr spät in den Bauzeichnungen auf, wogegen eine wichtige
Änderung in Bezug auf die Tür zu der Gaskammer auf einer Zeichnung vom
2. Dezember 1942 deutlich zu erkennen ist: Die Tür zum ursprünglichen
Leichenkeller 1, der jetzt Gaskammer sein sollte, öffnete nicht mehr nach innen, sondern nach außen.
Um genügend Kapazität zu haben, beschloss man im
August 1942, ein weiteres,
völlig identisches Krematorium zu bauen. Dieses Gebäude, Krematorium III, wurde
spiegelverkehrt dem Krematorium II gegenüber auf der anderen Seite der Rampe gebaut. Außerdem
beschloss man den zusätzlichen Bau von zwei gleich konstruierten Krematorien ohne unterirdische Kammern
und mit weniger Öfen, die späteren Krematorien IV und V. (Ein sechstes, noch größeres
Krematorium wurde besprochen, jedoch weder gezeichnet noch verwirklicht).
Krematorium II und III (in Auschwitz-Birkenau)
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Gaskammer und Krematorium II * |
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Gaskammer und Krematorium II * |
Die Bauarbeiten am Krematorium II begannen im
August 1942. Trotz des sehr hohen
Arbeitstempos von Häftlingen und Zivilangestellten konnte das Gebäude nicht wie versprochen
Mitte Februar 1943 übergeben werden, sondern erst einen Monat später.
Die erste Vergasung im Krematorium II fand am
13.März 1943 statt. An diesem Tag
wurden knapp 1.500 Menschen aus dem
Ghetto B in Krakau durch Zyklon B - Gas ermordet.
Die Gaskammer hatte eine Länge von 30 m und war 7 m breit, womit eine Grundfläche
von 210 m
2 entstand. Die Höhe bis zur Decke betrug 2,41 m. Die Decke bestand aus einer
ungefähr 22 cm dicken Eisenbetonschicht, die zusätzlich von von einer 45 cm dicken Erdschicht
bedeckt war.
Ende 1943 wurde eine Trennwand eingebaut, wodurch zwei Kammern entstanden. Diese
Maßnahme wurde ergriffen, um den Raum bei kleineren Transporten "wirtschaftlicher" ausnutzen zu
können, da Zyklon B nicht nur Geld kostete, sondern auch ab und zu schwer zu liefern war. Bei kleineren
Transporten wurde der hintere Raum verwendet.
Um die Opfer zu täuschen, waren in der Decke falsche Brausen eingebaut, die die beruhigende
Lüge von Bad und Desinfektion aufrechterhalten sollten. Da sich die Kammer aber nur langsam
füllte, weil das Auskleiden recht viel Zeit in Anspruch nahm, hatten die ersten Opfer, die hineingehen
mussten, Zeit, bei der künstlichen Beleuchtung den Raum näher zu betrachten. So kam es vor,
dass Opfer Verdacht schöpften und Panik entstand, die von der SS mit Waffengewalt bekämpft wurde.
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Leichenkeller 1 und 2 * |
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Krematorium II * |
Im Gegensatz zu Leichenkeller 2, dem Auskleideraum, war Leichenkeller 1, die Gaskammer, mit einem besonderen
Ventilationssystem ausgestattet. Mit diesem System war es möglich, nicht nur den Raum zu entlüften,
sondern auch zu belüften. Die geplante Doppeltür wurde durch eine einfache, gasdichte Tür
(192 cm hoch und 100 cm breit) mit einem Guckloch ersetzt. Die Tür wurde in der Regel mit einem
Riegel verschlossen, konnte aber auch zusätzlich festgeschraubt werden, um dem Druck von innen Stand
halten zu können. Das Guckloch befand sich in Augenhöhe, und damit die Opfer das Glas nicht
zertrümmern konnten, war es auf der Innenseite durch ein Gitter geschützt.
Die Decke wurde von sieben Betonsäulen getragen. Neben den Säulen Nummer 1, 3, 5 und 7
befanden sich die besonderen Einwurfvorrichtungen für das Gas. Diese bestanden aus einer viereckigen,
70 x 70 cm breiten Drahtnetzsäule, die vom Boden bis zur Decke reichte. Außen bestand jede
Säule aus zwei Schichten von unterschiedlich dichtem Drahtnetz, innen befand sich ein
beweglicher Kern, der wiederum aus Drahtnetz bestand. Der innere Kern diente als Behälter für das Kieselgur,
in dem das Gas gebunden war. Dieser Behälter ließ sich an einer Schnur von oben bis ganz nach unten
bewegen. Wenn eine Vergasung stattfinden sollte, wurden die oberen schmaleren Enden der Säulen,
die durch das Dach geführt wurden und oben in kleinen schornsteinähnlichen Konstruktionen mit
gasdichten Kappen endeten, vom diensthabenden SS-Desinfektor geöffnet und das Gas in den Behälter
geworfen. Er wurde dann schnell auf den Boden der Gaskammer gelassen und die Öffnung geschlossen.
Nach der Vergasung wurden die Behälter wieder nach oben gezogen und entleert. Sinn der ganzen
Einrichtung war, das Gas schneller und besser zu verteilen und somit den Vergasungsprozess zu beschleunigen.
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Reste der Gaskammer II |
Die Einwurfvorrichtungen kommen auf keiner der Bauzeichnungen vor, wahrscheinlich weil sie erst sehr
spät in den Bau integriert wurden. Dennoch gibt es eindeutige Beweise für ihre Existenz. Sie wurden
in einer der Schmiedewerkstätten des Lagers hergestellt und einer der Häftlinge, die hier an der
Ausrüstung für die Krematorien mitarbeiten mussten,
Michael Kula,
hat schon
1945 vor einem polnischen Richter darüber ausgesagt. Außerdem
sind die Vorrichtungen
in der Inventurliste, die in Verbindung mit der offiziellen Übergabe des Krematoriums ausgearbeitet wurde,
handgeschrieben eingefügt. Wie alle anderen wertvollen und beweglichen Teile wurden sie ab
November 1944 abmontiert und die letztendlich durchgeführte Sprengung der
Krematorien II und III am
20. Januar 1945 zerstörte die Spuren im Dach.
Dies hat zur der berüchtigten Parole der
Holocaustleugner „No holes, no Holocaust“ geführt und machte Krematorium II zum Kernstück
mehrerer Prozesse, jüngst im
Lipstadt /
Irving - Prozess in
London.
Es ist jedoch einer internationalen Kommission im
Sommer 2000 gelungen, die Spuren
der Löcher in der Ruine des Daches von Krematorium II zu finden. Dies sollte auch jeden Streit beenden
über die Interpretation der „Schornsteine“ auf den Dächern der Gaskammern, die nicht nur auf einem
alten SS-Foto deutlich erkennbar sind, sondern auch auf den Luftaufnahmen der Allierten.
Eine der großen Gaskammern von Auschwitz fasste bei maximaler Ausnutzung etwa 2.500 Menschen.
Wenn die Kammer voll war, wurde die gasdichte Tür geschlossen und verriegelt, und der diensthabende
SS-Arzt gab den Befehl zum Einwurf des Gases. Nach 5-10 Minuten war meistens der Erstickungstod eingetreten.
Dann wurde die Ventilation eingeschaltet und etwa eine halbe Stunde nach der Schließung der Tür
wurde diese von Mitgliedern des jüdischen Sonderkommandos, die bei Beginn der Arbeit mit Gasmasken
ausgerüstet waren, geöffnet. Das Sonderkommando musste dann die Leichen aus der Gaskammer
herausbringen, für die Öfen, die sich ein Stockwerk höher befanden, vorbereiten und mit einem Lift
nach oben bringen.
Am
31. März 1943 wurde Krematorium II offiziell der SS übergeben. Die von
kleinen Variationen abgesehen genaue Kopie, Krematorium III, wurde erst am
24. Juni
übergeben.
Krematorium IV und V (in Auschwitz-Birkenau)
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Krematorium IV * |
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Krematorium V * |
Weit einfacher in Bau und Funktion waren die beiden anderen Zwillingskrematorien, Krematorium IV und V,
die von Anfang an als Vernichtungsstellen konzipiert wurden. Krematorium IV befand sich links von der
Lagerstraße zwischen den Bauabschnitten B II und B III, in unmittelbarer Nähe des Lagerabschnittes
für das geraubte Gut („Kanada“), während Krematorium V in dem kleinen gegenüberliegenden
Birkenwald errichtet wurde.
Die Bauarbeiten an beiden Krematorien begannen im
November 1942, und als erstes von
sämtlichen Anlagen wurde Krematorium IV am
22. März 1943 offiziell übergeben
und sofort in Betrieb genommen. Da die Kunstruktion und Funktionsweise identisch waren, wird im
Folgenden nur Krematorium IV behandelt.
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Reste des Krematoriums V |
Links vom Haupteingang befand sich ein großer Auskleiderraum, rechts von der Tür lag die erste
von insgesamt vier Gaskammern, die insgesamt eine Fläche von etwa 236 m
2 umfassten.
Zwei von den Kammern waren recht groß, fast je 100 m
2, während die beiden
letzten bedeutend kleiner waren. Die beiden großen Kammern hatten seperate Türen nach draußen,
wodurch die Entlüftung und die Arbeit des Sonderkommandos bei der Entleerung der Kammern erleichtert
wurde. Keine der Kammern hatte Fenster, es gab nur die Öffnungen, durch die das Gas hineingeworfen wurde.
Diese Öffnungen, die 30 x 4o cm maßen, befanden sich so hoch in der Wand, dass der zuständige
SS-Desinfektor auf einen Stuhl oder eine Leiter steigen musste, um das Gas hineinwerfen zu können, was
natürlich den Vorgang verlangsamte und somit die Qualen der Opfer steigerte. Wie bei den Bunkern wurden
die Öffnungen mit gasdichten Klappen verschlossen, die in den Werkstätten des Lagers hergestellt worden
waren. In den beiden großen Gaskammern wurden Öfen eingebaut, damit man immer die für die Wirkung
des Zyklon B optimale Raumtemperatur von 27 Grad Celsius erreichen konnte. Auch die Gaskammern in den Krematorien
II und III konnten, wenn notwendig, vorgeheizt werden.
Gaswagen in Auschwitz
Während des Krieges sprachen mehrere Meldungen der Widerstandsgruppe im Lager vom Einsatz eines Gaswagens
im Gebiet von Auschwitz. Nach dem Krieg wurde das durch mehrere
Zeugenaussagen bekräftigt (einige Zeugen
sprechen auch von mehr als einem Gaswagen).
Stanislaw Klodzinskis (Mitglied des polnischen Widerstandes)
Mitteilung aus Auschwitz, die im
September 1944 an
Teresa Lasocka geschickt wurde, erwähnt einen
gelb-grünen
Saurer-LKW mit dem Kennzeichen "Pol 71462". Der Wagen wurde angeblich für die Hinrichtung
von Menschen verwendet, die vom Polizeistandgericht (in Block 11) zum Tode verurteilt worden waren. Diese Vergasungen
sollen geschehen sein, nachdem die Hinrichtungswand zwischen Block 10 und 11 ("Schwarze Wand") abgerissen worden war.
Der Wagen wurde angeblich auch zur Ermordung von Häftlingen aus den Außenlagern von Auschwitz verwendet.
Mitarbeiter am Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau wussten von den zahlreichen Erwähnungen des Gaswagens
durch Zeugenaussagen. Die damaligen Meldungen der Widerstandsgruppe betrachteten sie jedoch als zu vage und ungenau,
um daraus konkrete Schlüsse über die Existenz des Gaswagens ziehen zu können. Sie untersuchten auch
die Dokumente der deutschen Fahrbereitschaft in Auschwitz, fanden aber weder die Andeutung eines Werkstattaufenthaltes
noch einen Hinweis auf die Existenz des Wagens in Auschwitz.
Nun hat unser ARC-Mitglied aus Russland herausgefunden, dass ein unveröffentlichter Bericht der Einsatzgruppe B vom
1. März 1942 (Osobyj Arkhiv in
Moskau,
500-1-770, S. 8; auch in USHMM, RG-11.001M.01, Reel 10, 500-1-770) zwei
Saurer-Gaswagen ("Gaswagen" ist
auch der im Dokument verwendete Begriff) erwähnt, die am
23. Februar 1942 in
Smolensk eingetroffen waren. Einer dieser Gaswagen, der zum Einsatzkommando 8
gehörte, hatte dasselbe Kennzeichen wie der Wagen in Auschwitz: "Pol 71462"!
Es hat sich ebenfalls herausgestellt, dass es auch einen Gaswagen mit dem Kennzeichen "Pol 71463" gab. Somit können
wir nun
Stanislaw Klodzinskis Information als richtig bestätigen.
Das Ende der Gaskammern
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Leichenverbrennung 1944 #2 * |
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Leichenverbrennung 1944 #1 * |
Wie erwähnt, wurde Bunker 2 während der Ungarn-Aktion im
Sommer 1944
reaktiviert und nach Beendigung der Morde abgerissen.
Krematorium IV wurde von dem Sonderkommando während des Aufstandes am
7. Oktober 1944 in Brand gesteckt und war somit unbrauchbar.
Krematorium II und III wurden am
20. Januar 1945 von der SS gesprengt.
Krematorium V wurde als letztes der Krematorien am
26. Januar 1945 gesprengt,
unmittelbar vor der Befreiung des Lagers.
Fotos:
Auschwitz Museum
*
Quellen:
Franciszek Piper:
Vernichtung (in: Auschwitz 1940-1945, Band III)
Robert Jan van Pelt:
The Case for Auschwitz
Dwork/ van Pelt:
Auschwitz, 1200 to the Present
Danuta Czech:
Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945
Jean-Claude Pressac:
Auschwitz: Technique and Operations of the Gas Chambers
Friedler, Siebert, Kilian:
Zeugen aus der Todeszone
Keren et al.:
The Ruins of the Gas Chambers. Holocaust Genocide Studies, 2004, 18, pg. 68-103
Osobyj Arkhiv Moskwa, 500-1-770, S. 8
USHMM, RG-11.001M.01, Reel 10, 500-1-770
© ARC 2005