Auf der Suche nach einem geeigneten Ort für ein Konzentrationslager inspizierte die SS
eine polnische Kaserne außerhalb der Stadt Oswiecim (Auschwitz). Die einstöckigen Gebäude waren
während des 1. Weltkrieges als Unterkunft für Militärpferde errichtet worden.
Vom 18. bis 19. April 1940 besuchte eine von
SS-Hauptsturmführer
Rudolf Höß geleitete Kommission den Gebäudekomplex.
Als Folge dieser Untersuchung befahl
Reichsführer-SS
Heinrich Himmler
am
27. April 1940 die Errichtung eines KZs in Auschwitz.
Höß wurde zum Lagerkommandanten ernannt.
In dieser Funktion besuchte
Höß im
September 1942
Treblinka und
Chelmno (
Chelmno nad Nerem
/ deutsch:
Kulmhof). Er wollte sich über die dort übliche
Tötungsmethode mit Motorabgasen informieren. In seinen Memoiren beschreibt er diese abweichende Methode als
primitiv und schlechter als die in Auschwitz übliche Tötung mittels Zyklon B (Blausäuregas).
Die Herkunft der Opfer
Ursprünglich war das KZ Auschwitz als Lager für polnische Häftlinge vorgesehen. Später
diente es mehr und mehr als Tötungsstätte für Juden und Roma. Die pseudowissenschaftliche
Rassenlehre der Nazis verdammte mehr als 1 Million Menschen zum Tod allein in Auschwitz.
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Auschwitz I * |
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Auschwitz I und II |
Am
14. Juni 1940 traf eine erste Gruppe von 728 polnischen politischen
Gefangenen (und einige Juden) aus
Tarnow
in Auschwitz ein. Die erste größere Gruppe von ausländischen Gefangenen kam im
Juni 1941
aus der besetzten Tschechischen Republik. Einen Monat später, sofort nach dem deutschen Überfall auf
die Sowjetunion, begannen Deportationen sowjetischer Kriegsgefangener nach Auschwitz. Ab
September 1941 kamen auch jugoslawische Gefangene im Lager an. Seit
Juli 1942 befanden sich auch Frauen unter den Häftlingen, z.B.
uniformierte jugoslawische Partisaninnen. Sie wollten als Kriegsgefangene angesehen werden und lehnten es ab,
ihre Haare scheren zu lassen.
Nach der
Wannsee-Konferenz im
Januar 1942
("Endlösung der Judenfrage") wurde Auschwitz eines der Hauptlager zum Töten von Juden. Der erste Transport
von ausschließlich Juden erreichte das Lager bereits im
Februar 1942. Viele weitere
Judentransporte aus allen besetzten Gebieten und "Großdeutschland" folgten bis
November 1944.
Ab
Februar 1943 wurden auch Roma in Auschwitz getötet. Zuerst polnische Roma, dann
auch Roma aus anderen Staaten, vorwiegend aber aus dem "Reich" und "Böhmen und Mähren".
Der Lagerkomplex
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Auschwitz III - Monowitz * |
Die Ausweitung der "Kapazität" des Lagers war von größter Bedeutung für den geplanten
Völkermord an den Juden und die Errichtung von Fabriken zur Ausnutzung der Arbeitskraft der Gefangenen.
1940 hatte das "Stammlager" Auschwitz I 20 Gebäude, vorwiegend
einstöckige, gemauerte Pferdeställe. Bis
1942 hatte man die Anzahl der
Gebäude auf 28 erhöht und ein zweites Stockwerk auf die Ställe aufgemauert. Diese dienten nun
vorwiegend als Unterkünfte für die ca. 11.000 Gefangenen.
Im
Oktober 1941 wurde mit dem Bau des riesigen Auschwitz II im Vorort
Brzezinka (Birkenau) begonnen, 3 km entfernt von Auschwitz I. Hier sollten auf einem eingezäunten Areal von
etwa 40 km
2 ca. 200.000 Gefangene untergebracht werden.
Ein weiteres Lager, Auschwitz III
(
Buna Monowitz), wurde im nahe gelegenen Monowitz gebaut. Um
Monowitz herum entstanden schließlich noch 45 kleinere Nebenlager. Im Monowitz-Komplex schufteten sich
Zwangsarbeiter für die deutsche Kriegsproduktion zu Tode. Der Name Buna wurde verwendet, weil die
größte Fabrik synthetisches Gummi produzierte aus
Butadien und
Natrium.
Somit waren Auschwitz I, II und III ein riesiges Konglomerat aus Vernichtung, Zwangsarbeit und Bereicherung der SS.
Sogar Minenbetriebe in Oberschlesien und dem Sudetenland gehörten dazu.
Ankunft in Auschwitz
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Auschwitz II (Birkenau). Ankunft auf der Rampe |
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Höß Telex |
Aus den gesamten, von den Nazis besetzten europäischen Gebieten wurden Menschen mit
Zügen nach Auschwitz-Birkenau gebracht.
Normalerweise wurden die Opfer in Güterwagen transportiert. Oft waren sie tagelang unterwegs,
ohne sanitäre Einrichtungen und ohne Essen und Trinken.
Ursprünglich hielten die Züge an der
alten Rampe von Birkenau,
1 km südöstlich des Lagertores.
Ab
Mai 1944 konnten die Züge direkt ins Lager Birkenau fahren. Die neu
Eingetroffenen wurden noch auf der Rampe selektiert. Arbeitsfähige wurden rücksichtslos von ihren
verwandten Alten und Kindern getrennt. Diejenigen, die von den SS-Ärzten (z.B.
Mengele und
Thilo) als nicht
arbeitsfähig ausgesondert wurden, wurden sofort nach den Gaskammern gebracht. Die Namen dieser Opfer wurden
von der SS nicht erfasst. Daher kann die Zahl der so getöteten Menschen nur geschätzt werden.
Den Arbeitsfähigen stand eine schwere, oft längere Leidenszeit als Zwangsarbeiter bevor. Sie erhielten
gestreifte Häftlingskleidung und eine Nummer zugeteilt. Ab
1943 wurde
diese Nummer in den rechten Unterarm eintätowiert (deutsche, nichtjüdische Häftlinge erhielten keine
Tätowierung). 405.000 Gefangene erhielten so eine Nummer, von ihnen starben 340.000 Menschen infolge von Hunger,
Krankheiten, Verletzungen, Schlägen, Folter oder Hinrichtungen durch Erschießen, Hängen oder Vergasung.
Die Lebensbedingungen in Auschwitz
Zu Beginn mussten die Gefangenen in Auschwitz I auf dem Fußboden schlafen. Später, nach dem Ausbau
der ehemaligen Pferdeställe zu zweistöckigen Baracken, installierte man zwei- bzw. dreistöckige
Liegen. Die Lebensbedingungen waren ähnlich denen in anderen KZs, Auschwitz I galt allerdings als
besonders hartes Lager. Immerhin konnten die Gefangenen manchmal den
Postversand des Lagers nutzen.
Auschwitz II (Birkenau) war zweierlei: Vernichtungslager und KZ. Hier "wohnten" die Gefangenen in hölzernen
oder gemauerten Baracken. Die Konstruktion der Holzbaracken basierte auf einem Entwurf für Pferdeställe.
Bis zu 800 Menschen waren in jeder Baracke zusammen gepfercht, die eigentlich für 52 Pferde gedacht war.
Es gab nur wenige, primitive Toiletten und Waschgelegenheiten. Die kurze Schlafenszeit brachte keine Erholung.
Ständig bestand Lebensgefahr, wenn man gegen eine der vielen SS-Verordnungen verstieß.
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Ungarische Juden auf dem Weg ins Gas |
"Arbeit" bedeutete unmenschliche Sklavenarbeit in Fabriken, Minen, auf dem Land oder auf Baustellen.
Sogar die schwersten Erdarbeiten mussten ohne ausreichendes Werkzeug verrichtet werden. Die stets hungrigen
Arbeiter mussten im Laufschritt Ziegelsteine schleppen oder schwere Loren schieben. Jeder Versuch sich etwas
auszuruhen, hatte die Versetzung in eine Strafkompanie zur Folge, evtl. auch die sofortige Erschießung.
Angehörige dieser Strafkompanien hatten kaum eine Überlebenschance.
Am frühen Morgen und nach der Arbeit mussten sich die Gefangenen auf den diversen Appellplätzen
versammeln. Die Appelle dauerten manchmal stundenlang. Viele hielten das Strammstehen in der Sommerhitze oder
bei Frost nicht aus, kippten um und wurden deswegen ins Gas geschickt.
Die tägliche Mahlzeit bestand aus einem Becher wässriger Rüben- oder Kohlsuppe, 300g Brot und
etwas Schmalz oder Margarine. Selten "bereicherte" ein 100g schweres Stück gepökeltes Schweinefleisch das
Hungermahl. Als Folge der schweren Arbeit und der unzureichenden Versorgung mit Essen magerte man stark ab.
Nach kurzer Zeit bestand der Körper nur noch aus Haut und Knochen; man war zum "Muselmann" geworden, zu
einem wandelnden Gerippe...
Die Gefangenen waren den SS-Bewachern total ausgeliefert. Ein Verstoß gegen die zahllosen Lagerregeln
hatte sadistische Strafen zur Folge, z.B. 25 Peitschenhiebe aufs nackte Gesäß. Viele überlebten
die Bestrafungen nicht.
Zum Tode Verurteilte wurden im Block 11 des Stammlagers hingerichtet. Phenolspritzen direkt ins Herz war eine
übliche Tötungsmethode. Im Hof zwischen Block 10 und 11 befand sich die "Schwarze Wand", an der
zahllose Erschießungen stattfanden. Für öffentliche Hinrichtungen wurde ein transportabler
Galgen vom Hof des Blockes 11 nach dem Appellplatz gebracht. Die Gestapo in
Kattowitz
schickte häufig politische Gefangene zur Exekution nach Auschwitz.
Die Exekutionen wurden hauptsächlich von den SS-Männern
Gerhard Palitzsch
und
Maximilian Grabner (Leiter der Politischen Abteilung) ausgeführt.
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Die Lage von Bunker I und II |
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Bunker I und II |
Die erste Vergasung in Auschwitz fand
Ende August 1941 im Keller von Block 11
statt. Unter der Leitung von
SS-Hauptsturmführer Karl Fritzsch wurden
sowjetische Kriegsgefangene mit Zyklon B vergast.
Bald darauf, am
3. September 1941, tötete die SS
(wieder im Block 11) weitere 600 sowjetische Kriegsgefangene und 250 Polen.
Im
Herbst 1941 baute man die Leichenhalle des Stammlagers um in eine
Gaskammer. Diese war in Betrieb bis
Juli 1943.
Später richtete man zwei Bauernhäuser auf dem Gelände in Birkenau als Gaskammern ein.
Eines dieser Gebäude nannte die SS
"
Rotes Haus" (bzw. "Bunker I"), weil es aus rötlichen Ziegelsteinen
bestand. Am
15. Februar 1942 wurde ein erster Transport mit Opfern
aus
Beuthen hier vergast.
Das zweite in eine Gaskammer umgebaute Haus war weiß getüncht. Daher die SS-Bezeichnung
"
Weißes Haus" (bzw. "Bunker II"). Bunker I enthielt zwei
Gaskammern, Bunker II vier. Die in den zwei Bunkern vergasten Menschen wurden anfänglich in Massengräbern
vergraben, ab
September 1942 jedoch exhumiert und
verbrannt. Bis
Ende November 1942 wurden mehr
als 100.000 Körper eingeäschert. Bunker I wurde im
Frühjahr 1943 abgebrochen.
Die Vergasungen in Bunker II wurden zur selben Zeit eingestellt, das Gebäude allerdings erhalten für
eventuelle zusätzliche Vergasungen. So tötete man im
Mai 1944 auch hier viele
der 100.000 ungarischen Juden auf dem Höhepunkt der Vergasungen in Auschwitz. In Bunker II wurde bis
November 1944 getötet.
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Krematorium IV |
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Krematorium II |
Zwischen März und Juni 1943 wurden vier sehr große
Gaskammern mit angebauten Krematorien in Birkenau gebaut (Krematorium II,
III, IV und
V). Die Krematorien II und III waren baugleich. Auskleideräume
und Gaskammern waren unterirdisch. Die Bahngleise und Rampen in Birkenau endeten kurz vor den Krematorien II und III.
Die Krematorien IV und V waren ebenfalls baugleich, allerdings lagen hier sämtliche Räume oberirdisch.
Die Menschen wurden vergast mit Zyklon B-Kristallen, die aus Blechdosen in Öffnungen im Dach der Gaskammern
II und III geschüttet wurden. An den Gaskammern IV und V (oberirdisch) befanden sich Gas-Luken an den
Seitenwänden.
Nach Aussagen von Mitgliedern der Sonderkommandos (Juden, die in den Krematorien arbeiten mussten) wurden bei
Überlastung der Krematorien Leichen auch unter freiem Himmel verbrannt, manche Opfer sogar lebend in die Flammen
gestoßen.
Das Ende
Nach dem Aufstand des Sonderkommandos in Krematorium IV am
7. Oktober 1944 ordnete
Himmler den sofortigen Abbruch der
Krematorien und Gaskammern an. Im
Januar 1945 wurden 58.000 der Überlebenden auf
"Todesmärsche" nach Westen geschickt, weil die Rote Armee im Anmarsch war. Die meisten Gefangenen starben
während der wochenlangen Märsche, denn wer zu langsam ging oder zu schwach war, wurde erschossen und am
Wegesrand liegen gelassen.
Am
27. Januar 1945 erreichten sowjetische Truppen das Lagergelände
und konnten noch 7.650 Menschen befreien.
Wenn die SS nur etwas mehr Zeit gehabt hätte während des überstürzten Abzuges, hätten auch
diese wenigen Überlebenden ebenfalls ihr Leben lassen müssen. Infolge der chaotischen Flucht des
SS-Personals war es nicht mehr möglich, alle Gebäude und Einrichtungen vollständig zu zerstören.
So kann man heute noch (im Gegensatz zu den Aktion Reinhard - Lagern) einen erschütternden Überblick
über die Einrichtungen der Lager Auschwitz I und II in der
Gedenkstätte Auschwitz erhalten.
Nach
Franciszek Piper (Franciszek Piper:
Ilu ludzi
zginelo w KL Auschwitz? Oswiecim 1992) wurden in Auschwitz I, II und III etwa 1.100.000 Menschen ermordet.
Davon etwa 1.000.000 Juden, 70-75.000
nichtjüdische Polen, 21.000 Roma, 15.000 sowjetische Kriegsgefangene
und ca. 10-15.000 Menschen sonstiger Herkunft.
Neuere Untersuchungen von
Götz Aly und
Christian Gerlach haben ergeben, dass die Gesamtzahl der Opfer evtl.
etwas niedriger ist, möglicherweise 1.000.000, davon 900.000 Juden.
Höß Dokument vom 16. März 1946.
Auschwitz Verbrecher
Fotos:
GFH *
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Judenviertel in Auschwitz, 1940 |
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Marktplatz und Brunnen in Auschwitz, 1940 |
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