AUMEIER, Hans SS-Sturmbannführer
1906 - 1948 Schutzhaftlagerführer Aumeier wurde in Amberg (Bayern) 1906 als Sohn eines Hilfsarbeiters geboren. Nach nur sechs Jahren verließ er die Schule, was ihn fast zum Analphabeten machte. Er arbeitete in verschiedenen Gewehrfabriken, unterbrochen von Perioden mit Arbeitslosigkeit. 1929 wurde er Mitglied der NSDAP und 1931 trat er in die SA ein, wo er Arbeit als Fahrer bekam. In demselben Jahr wechselte er in die SS. Nach Dienst in Dachau kam er nach Flossenbürg, wo er von August 1938 bis Januar 1942 "arbeitete". Im Januar 1942 löste er Karl Fritzsch als Schutzhaftlagerführer im Stammlager von Auschwitz ab. Seine Versetzung kann das Ergebnis von guten Beziehungen zu Höß gewesen sein, da beide durch die sogenannte "Schule von Eicke“ in Dachau gegangen waren. Es zeigte sich jedoch bald,dass die Aufgabe Aumeiers Fähigkeiten bei weitem überschritt, weshalb er noch größere Macht an die meistens grünen (kriminellen) Kapos gab, was zur Steigerung des Terrors führte. Aumeier war für Massenerschießungen und Selektionen im Stammlager mit verantwortlich. Er wirkte auch bei der Ermordung der Überlebenden nach dem Fluchtversuch in der Strafkompanie am 10. Juni 1942 mit. Im Herbst 1943 wurde er wegen Diebstahl und Korruption ins estnische KZ Vaivara als Kommandant versetzt, eine Stellung, die er auch im norwegischen Lager Mysen ab Januar 1945 ausübte. Hier zeigte sich Aumeier völlig verändert, sogar human, und führte u.a. Verhandlungen mit dem norwegischen Roten Kreuz. Er wurde von den Briten im Frühsommer 1945 festgenommen und verhört. In seinen Aussagen verneinte er zuerst jedes Wissen über Gaskammern in Auschwitz, aber später beschrieb er sehr detailliert die Vergasungen in Bunker 1 und 2. Erstaunlicherweise wurden seine Aussagen, die sich im englischen Archiv "Public Record Office“ befanden, erst 1992 entdeckt und zwar von David Irving, der die Veröffentlichung seines Fundes allerdings hinauszögerte. Aumeier wurde an Polen ausgeliefert und im Auschwitz-Prozess in Krakau zum Tode verurteilt. Er wurde 1948 hingerichtet. Foto: Auschwitz Museum Quellen: Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005 Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989 Van Pelt, Robert Jan: The Case for Auschwitz, IUP Bloomington 2002 |
BISCHOFF, Karl SS-Sturmbannführer
1897 - 1950 Chef-Architekt Bischoff wurde in Neuhemsbach in der Nähe von Kaiserslautern geboren. 1917 wurde er in die Luftwaffe aufgenommen und verließ sie zwei Jahre später als Pilot. Er wurde nie Mitglied der NSDAP. Er studierte Bauwesen und arbeitete seit 1935 in der Bauverwaltung der Luftwaffe. In den ersten Kriegsjahren war er mit dem Bau von Flughäfen in Frankreich beschäftigt. In dieser Funktion lernte er den SS-Gruppenführer Hans Kammler kennen. Kammler war für das Amt II (Bau) der SS verantwortlich, der späteren Amtsgruppe C im WVHA, und bot Bischoff einen leitenden Posten in Auschwitz an. Am 1. Oktober 1941 traf Bischoff in Auschwitz ein und wurde Leiter der Sonderabteilung, die die geplante Erweiterung des Konzentrationslagers mit einem Kriegsgefangenenlager, dem späteren Birkenau-Lager, bearbeiten sollte. Seine Effektivität zeigte sich u.a. darin, dass er kurz nach seiner Ankunft ein Riesenbudget von 20 Millionen Reichsmark aufstellte. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger war Bischoff ein äußerst kompetenter und dynamischer Bürokrat. Die Bauvorhaben, die in den folgenden Jahren notwendig wurden, führten er und sein Stab in der "Zentralbauleitung der Waffen-SS und Polizei Auschwitz O/S“ (O/S = Oberschlesien), wie der Titel lautete, trotz aller kriegsbedingten Schwierigkeiten durch. Man plante und baute das riesige Lager Birkenau, die vier großen Krematorien, die technisch komplizierte Zentralsauna, das neue Empfangsgebäude im Stammlager und hunderte weitere Bauten. Bei dem Bau der Krematorien spielte Bischoff eine zentrale Rolle, was schließlich auch seiner Karriere dienlich war. So begründete Kammler Ende 1942 seinen Vorschlag, Bischoff zu befördern, u.a. mit den Worten: “... Bischoff hat darüber hinaus die technischen Voraussetzungen für die Durchführung der Sonderaktionen des Reichsführers-SS in Tag- und Nachtarbeit geschaffen.“ Am 28. Juni 1943 konnte der Bauleiter der Krematorien seinem Vorgesetzten in Berlin endgültig diesen Erfolg vermelden: Wenn das alte Krematorium im Stammlager mitgerechnet würde, könnte man innerhalb von 24 Stunden insgesamt in fünf Krematorien 4.756 Personen verbrennen. Ein halbes Jahr später wurde Bischoff mit dem Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. Kurze Zeit danach wurde ihm allerdings mitgeteilt, dass auf Grund der Frontlage alle weiteren Bauvorhaben in Auschwitz auf das Notwendigste eingeschränkt werden sollten. Im April 1944 verließ Bischoff Auschwitz und wurde Leiter des Baubüros der Waffen-SS in Schlesien und Böhmen. Auf diesem Posten blieb er bis Ende des Krieges. Obwohl fast das ganze Archiv der Bauleitung in Auschwitz durch Vergesslichkeit den Sowjets in die Hände fiel, blieb Bischoff nach dem Krieg unbehelligt und verstarb 1950. Quellen: Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989 van Pelt, Robert Jan: The Case for Auschwitz, IUP Bloomington 2002 Dwork, Deborah und van Pelt, Robert Jan: Auschwitz 1270 to the Present, New York 2002 Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005 Pressac, Jean-Claude: Die Krematorien von Auschwitz, München 1995 |
CLAUBERG, Carl SS-Brigadeführer (ehrenhalber)
1898 - 1957 Arzt Clauberg wurde in Wuppertal in einer kleinbürgerlichen Familie geboren. Er nahm am 1. Weltkrieg teil, studierte nach dem Krieg Medizin und machte Karriere als Gynäkologe (Chefarzt der Universitätsfrauenklinik in Kiel). 1933 trat der überzeugte Nationalsozialist der Partei bei und wurde im selben Jahr Professor für Gynäkologie in Königsberg. Am 30. Mai 1942 schrieb er an Himmler, um dessen Genehmigung für umfassende Sterilisationsversuche in Auschwitz zu erhalten. Ohne Zweifel hat Clauberg von Himmlers großem Interesse auf diesem Gebiet gewusst, ging es doch darum, die Arbeitskraft der sogenannten "Untermenschen“ zu erhalten und sie gleichzeitig daran zu hindern, Kinder zu bekommen. Anfang Juli 1942 nahm er an einer Konferenz mit Himmler statt zum Thema "Sterilisierung“. Ende1942 kam er nach Auschwitz und fing mit seinen Experimenten im Block 30 im Bauabschnitt I a in Birkenau an. Im April 1943 stellte man ihm den Block 10 im Stammlager für seine Experimente zur Verfügung. Hier waren zwischen 150 und 400 Frauen untergebracht, die in den Stärkemeldungen als "Häftlinge für Versuchszwecke“ geführt wurden. Seine Methoden waren außerordentlich grausam: u.a. spritzte er, ohne die Versuchspersonen zu betäuben, ätzende Flüssigkeiten in die Gebärmutter, um die Eileiter zu zerstören. Dies führte zu Entzündungen und großen Schmerzen bei den Opfern. Oft wiederholten Clauberg und seine Assistenten die Versuche 3 - 6 mal an derselben Person. Auch an jungen jüdischen Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren nahm er Experimente vor. Da Clauberg seine Klinik in Königshütte noch hatte, konnte er seine Experimente nicht ständig in Auschwitz ausführen, weswegen er sich Assistenten besorgte, u.a. auch unter den Häftlingen, die Ärzte waren. Viele der Frauen, die die Versuche überlebten, wurden anschließend durch Phenol oder in einer Gaskammer ermordet. Im Mai 1944 wurde seine Station nochmals verlegt; diesmal kamen seine Opfer in den Block 1 der sogenannten Lagererweiterung. Schon am 7. Juni 1943 hatte Clauberg Himmler über seine "Erfolge“ Meldung gemacht: “Die von mir erdachte Methode, ohne Operation eine Sterilisierung des weiblichen Organismus zu erzielen, ist so gut wie fertig ausgearbeitet.“ Am Ende des Briefes stellt er Himmler in Aussicht, dass 10 eingeübte Männer an einem Tag 1.000 Frauen sterilisieren könnten. Als das Kriegsende nahte, ging Clauberg nach dem KZ Ravensbrück, wo er seine Experimente fortsetzte. Wie viele Opfer er misshandelte und wie viele dabei ums Leben kamen, wissen wir nicht genau, aber es wird die Zahl von etwa 700 Frauen erwähnt. 1948 kam er in der Sowjetunion vor Gericht und wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt. Als Folge der Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion wurde er amnestiert und 1955 nach West-Deutschland abgeschoben. Im Dezember 1955 wurde er auf eine Anzeige des Zentralrates der Juden in Deutschland hin verhaftet. Kurz bevor der Prozess gegen ihn beginnen sollte, verstarb er im August 1957. Quellen: Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989 Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980 Dlugoborski, Waclaw und Piper, Franciszek: Auschwitz 1940-1945, vol.II, Oswiecim 1999 Klee, Ernst: Auschwitz. Die NS-Medizin und ihre Opfer, Frankfurt a/M 2002 |
HÖß, Rudolf SS-Obersturmbannführer
1900 - 1947 Kommandant Höß wurde als einziges Kind einer streng katholischen Familie in Baden-Baden geboren. Er meldete sich als Fünfzehnjähriger zum Militärdienst und stieg zum jüngsten Unteroffizier des deutschen Heeres mit mehreren Auszeichnungen auf. Nach dem 1. Weltkrieg war er aktives Mitglied des "Freikorps Rossbach". Im Oktober 1922 wurde er Mitglied der Nazipartei (NSDAP Nummer: 3240). 1923 war er an einem politischen Mord beteiligt, wofür er eine Zuchthausstrafe von zehn Jahren bekam, die aber 1928 aufgehoben wurde. 1933 wurde er Anwärter der SS und 1934 Vollmitglied. Dann kam er nach Dachau; dies wahrscheinlich nach Aufforderung durch Himmler, der wie Höß der Artamanen-Bewegung (ein nationalistisch-romantischer, landwirtschaftlicher Verein) angehörte, und hier auf Höß aufmerksam geworden war. 1935 wurde er Blockführer in Dachau und stieg danach kontinuierlich und rasch auf. Am 1. August 1938 wurde er Adjutant in Sachsenhausen und dort ein Jahr später Schutzhaftlagerführer. Im Frühjahr 1940 leitete er eine Kommission, die das polnische Kasernengelände in Auschwitz für ein künftiges KZ besichtigen sollte. Am 4. Mai 1940 wurde er zum ersten Kommandanten von Auschwitz ernannt. Von diesem Zeitpunkt an bis zu seiner Rückversetzung nach Berlin im Herbst 1943 leitete er den Aufbau des Lagers und hat durch ständiges Eingreifen die Existenzbedingungen im Lager entscheidend mitgeprägt. An der südöstlichen Ecke des Lagers bezog er mit seiner Ehefrau und ihren vier Kindern eine große Villa, in der sie ein herrschaftliches Leben führten. Höß war in vielerlei Hinsicht der perfekte Kommandant für das, was Auschwitz werden sollte. Von frühester Jugend an war er gewohnt, Befehle ohne Fragen entgegen zu nehmen. Als sogenannter "alter Kämpfer“ war er der Partei und deren Politik bedingungslos ergeben, und als Schüler von Theodor Eicke in Dachau kannte und akzeptierte er die Rolle der SS und der Konzentrationslager als Mittel im "Kampf“ gegen Kommunisten, Juden, Kriminelle oder Zeugen Jehovas. Anfangs war Auschwitz ein normales Konzentrationslager. Dies änderte sich erst mit dem Befehl Himmlers, Auschwitz zu einem Zentrum der Endlösung zu machen. Die ersten Versuche, Menschen mit dem Giftgas Zyklon B zu vernichten, wurden in Auschwitz von dem Schutzhaftlagerführer Karl Fritzsch im Gefängnisblock des Stammlagers Ende August 1941 durchgeführt während Höß auf einer Dienstreise war. Diese Versuche wurden dann im Beisein von Höß Anfang September in noch größerem Umfang wiederholt. In seinen Erinnerungen spricht Höß von der Beruhigung, die er gespürt hätte, als man damit das geeignete Gift gefunden hatte. Er gab an, im Sommer 1941 nach Berlin zu Himmler befohlen worden zu sein, um dort mitgeteilt zu bekommen, dass Auschwitz das Zentrum für die Vernichtung der europäischen Juden werden sollte (diese Datierung wird von einigen Forschern sehr bezweifelt). Voller Energie leitete Höß den Ausbau der Lager Birkenau, Monowitz und der vielen Nebenlager. Er war bekannt dafür, dass er in sehr nahem Kontakt zu allen Ereignissen im Lager stand. So trägt er entscheidende Mitverantwortung für die grausamen Repressalien gegen das Lager in Verbindung mit Fluchten. Mehrere Male hat er dafür gesorgt, dass unschuldige Häftlinge für den Hungertod im Block 11 ausgewählt wurden. Als Kommandant war er schließlich für die miserablen Verhältnisse im Lager verantwortlich, obwohl er in seinen Aufzeichnungen, die allerdings auch durch ein hohes Maß an Schuldbekenntnis auffallen, seinen Mitarbeitern die Schuld zuschiebt. In diesen Aufzeichnungen wettert er auch gegen die zahlreichen Fälle von Korruption und Diebstahl, aber als die SS-Sonderkommission ihre Untersuchungen im Herbst 1943 in Auschwitz anfing, geriet auch Höß ins Blickfeld; u.a. wurde ihm eine strafbare Affäre mit einem weiblichen Häftling vorgeworfen (die Sache wurde nie ganz aufgeklärt, aber einiges deutet darauf hin, dass Höß tatsächlich in eine Affäre verwickelt war). Im Laufe der Untersuchungen wurden mehrere hochrangige Mitarbeiter und sogar der Gestapo-Chef von Auschwitz festgenommen, wodurch Höß in die Kritik geriet und nicht mehr haltbar war. Er wurde ins Inspektorat der Konzentrationslager nach Oranienburg beordert, wo er Arthur Liebehenschels Stellung übernahm, was allerdings nicht als eine Strafe betrachtet werden kann. Bis ins Detail hat Höß die Vernichtung der Juden in Auschwitz betrieben und gefördert. Überall hat er Inspektionen vorgenommen und hat bei jedem einzelnen Teil des Vernichtungsprozesses mitgewirkt. Er leitete eine Studienfahrt nach Chelmno, um dort die Verbrennungsmethoden für Leichen zu studieren, er ging nach Treblinka, um die Verwendung von Auspuffgasen in den Gaskammern zu bewerten. Er lag in ständigem Konkurrenzkampf mit Globocnik, wer die geeignetsten Methoden verwendete, und war stolz auf seine Errungenschaften hinsichtlich seiner hochentwickelten Gaskammern und Zyklon B. Am 8. Mai 1944 kehrte Höß als Standortältester nach Auschwitz zurück, gleichzeitig wurde Liebehenschel durch Baer als Kommandant abgelöst. Man brauchte fähige, erfahrene Leute für die Vernichtung der ungarischen Juden, die wenige Tage später begann. Dieser Massenmord, der einen bisher unvorstellbaren Umfang erreichte, wurde nach dem Gründer von Auschwitz "Aktion Höß“ genannt. Um 320.000 - 400.000 Juden innerhalb von 7 Wochen ermorden und verbrennen zu können, musste man alle vier Krematorien in Birkenau auf Hochleistung bringen und Bunker 2 wieder aktivieren (dieser lief jetzt unter der Bezeichnung Bunker V). Schließlich wurden hinter Krematorium V große, offene Leichenverbrennungsgruben angelegt, um die gewaltige Aufgabe bewältigen zu können. Nach Beendigung der Aktion im Juli 1944 blieb Höß’ Familie noch bis November in der Villa in Auschwitz, obwohl er selber nach Berlin zurück ging. Im April 1945 floh er von Oranienburg nach Flensburg, um sich dort Himmler anzuschließen. Er war aber sehr enttäuscht als er feststellen musste, dass "sein Reichsführer“ ihm empfahl unterzutauchen. Höß beschaffte sich falsche Papiere, die ihn als gewöhnlichen Marinesoldaten namens "Franz Lang" auswiesen. Nach einer Festnahme war er kurze Zeit inhaftiert, wurde aber wieder laufen gelassen, weil seine wahre Identität nicht festgestellt werden konnte. Er arbeitete dann unter falschem Namen auf einem Bauernhof in der Nähe von Flensburg, bis er am 11. März 1946 von den Engländern endgültig verhaftet wurde. In Nürnberg sagte er als Zeuge für Heydrichs Nachfolger Kaltenbrunner aus. Danach wurde er am 25. Mai 1946 an Polen ausgeliefert, wo er in Warschau vor Gericht kam (3. bis 29. März 1947). Während der Voruntersuchungen schrieb er seine sogenannten Memoiren und dazu mehrere Portrait-Skizzen von Mitarbeitern in Auschwitz sowie von Vorgesetzten und leitenden SS-Größen. Am 2. April 1947 wurde er zum Tode verurteilt und anschließend am 16. April im ehemaligen Stammlager neben dem Krematorium I erhängt. Quellen: Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989 Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005 Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980 Tom Segev: Die Soldaten des Bösen, Reinbek bei Hamburg 1992 Deselaers, Manfred: "und Sie hatten nie Gewissensbisse?“, Leipzig 2001 Höß, Rudolf: Kommandant von Auschwitz, München 1983 |
HÖSSLER, Franz SS-Obersturmführer
1906 - 1945 Hössler wurde in Oberdorf (Schwaben) geboren. Anfang der dreißiger Jahre war er arbeitslos und trat 1932 gleichzeitig in die Partei und die SS ein. Er machte seit der Gründung Dachaus hier Dienst, zuerst als Wachmann, später als Koch. Im Juni 1940 wurde er nach Auschwitz versetzt. Beim Aufbau des Lagers Birkenau wurde er dorthin beordert und arbeitete anfänglich als Koch. 1941 stieg er zum Rapportführer auf. Am 28. Juli 1941 begleitete er einen Transport von etwa 575 Häftlingen, die nach einer Selektion durch eine Ärztekommission im Rahmen des Euthanasieprogramms nach Sonnenstein geschickt wurden. Dort wurden alle vergast, und Hössler legte darüber dem Kommandanten Höß einen Bericht vor. Hössler nahm wie Moll und Aumeier an der Ermordung der Überlebenden nach dem Aufstandsversuch in der Strafkompanie am 10. Juni 1942 teil. Er wirkte bei Vergasungen im alten Krematorium im Stammlager mit. Am 16. September fuhr er mit Höß und Walter Dejaco von der Zentralbauleitung zum Vernichtungslager Chelmno, um dort die Methoden von SS- Standartenführer Paul Blobel zur Beseitigung von Massengräbern zu studieren. Danach beaufsichtigte er unter anderem das Sonderkommando, das die Massengräber in Birkenau entleerte und die Leichen (Schätzung: 107.000) verbrannte. Diese Arbeit, nach der die jüdischen Häftlinge des Kommandos ermordet wurden (es sind nur zwei Überlebende bekannt), dauerte von September bis Ende November 1942. Gleichzeitig fanden auch Vergasungen in den Bunkern statt. Hössler hatte das Kommando bei mehreren Vergasungen in diesen Bunkern, so z.B. am 12.Oktober 1942, als etwa 1.600 belgische Juden im Bunker 2 vergast wurden. Diese Szene ist im Tagebuch des mitwirkenden Lagerarztes Johann Kremer beschrieben worden. Im August 1943 wurde Hössler Schutzhaftlagerführer im Frauenlager von Birkenau, in dem er an zahlreichen Selektionen für die Gaskammern teilnahm. Über das KZ Dora-Mittelbau kam er am 8. April 1945, eine Woche vor der Befreiung des Lagers, mit einem Transport aus Dora nach Bergen-Belsen. Hössler wurde von den Engländern verhaftet und kam wie die anderen dort aufgegriffenen SS-Angehörigen in Lüneburg vor Gericht. Er wurde wegen Verbrechen sowohl in Auschwitz als auch in Bergen-Belsen, wo er Häftlinge erschossen hatte, zum Tode verurteilt und im Dezember 1945 hingerichtet. Foto: USHMM Quellen: Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005 Bezwinska, Jadwiga und Czech, Danuta: KL Auschwitz in den Augen der SS, Katowice 1981 Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989 Friedler, Eric et.al.: Zeugen aus der Todeszone, Lüneburg 2002 |
MOLL, Otto SS-Hauptscharführer
1915 - 1946 Leiter der Krematorien in Birkenau Seit Mai 1941 machte Moll in Auschwitz Dienst. Zuerst in den landwirtschaftlichen Betrieben, später als berüchtigter Leiter der Strafkompanie in Birkenau. In dieser Funktion war er entscheidend an den Morden in Verbindung mit der versuchten Massenflucht aus der Kompanie am 10. Juni 1942 beteiligt. Zeitweise hatte er die Führung des Sonderkommandos, das mit dem Verbrennen der Leichen in den Gruben bei den Bunkern 1 und 2 in Birkenau beschäftigt war. Sein Einsatz hier war von ausgesprochener Brutalität geprägt, aber in den Augen seiner Vorgesetzten so wertvoll, dass man ihn mit einem hohen Orden auszeichnete und auch noch zum Lagerführer beförderte. Er bekleidete diesen Posten im Nebenlager Fürstengrube von September 1943 bis März 1944. Einige Monate, von März bis Mai 1944, war er dann Lagerführer des Nebenlagers Gleiwitz I. Von hier aus wurde er von Höß abberufen, um als Teil der neuformierten Mannschaft für die "Ungarn-Aktion" sämtliche Krematorien in Birkenau zu leiten. Von vielen Überlebenden des Sonderkommandos wurde Moll als äußerst gefühlloser und brutaler Mensch geschildert, der sogar Kinder bei lebendigem Leibe in die offenen Leichenverbrennungsgruben geworfen hat. Eines seiner letzten großen Verbrechen in Auschwitz war sein Mitwirken bei der Ermordung von 210 Mitgliedern des Sonderkommandos am 23. September 1944. Man hatte ihnen gesagt, dass sie nach Gleiwitz sollten, was ja Sinn machte, da sie wussten, dass Moll dort Lagerführer gewesen war. Statt dessen wurden sie unter Molls Teilnahme in ein Entlausungsgebäude in "Kanada I" beim Stammlager geführt und vergast. Dieser Mord führte u.a. dazu, dass das Sonderkommando in Birkenau beschloss, bei der nächsten Selektion im Kommando einen Aufstand zu unternehmen, was dann auch am 7. Oktober 1944 geschah. Nach der "Ungarn-Aktion" in Auschwitz ging er auf seinen Posten in Gleiwitz zurück. Nach Moll wurde ein Plan zur Zerstörung des Komplexes von Auschwitz und der Ermordung der restlichen Häftlinge im Falle einer Evakuierung benannt. Moll hatte die Bombardierung des Lagers durch die Luftwaffe vorgesehen. Dieser "Moll-Plan“ kam jedoch nicht zum Tragen. Moll setzte auch nach der Evakuierung von Auschwitz seine Tätigkeit als Massenmörder fort und zwar sowohl in Ravensbrück als in Sachsenhausen. Es ist anzunehmen, dass er mit seiner kleinen Gruppe aus Gaskammerspezialisten zwischen Sachsenhausen und Ravensbrück hin und her pendelte. In beiden Lagern leitete er sowohl Vergasungen als auch Massenerschießungen von Häftlingen in den letzten Kriegsmonaten. Gegen Ende des Krieges kam Moll nach Dachau und leitete u.a. die Evakuierung des Außenlagers Kaufering II. Für Verbrechen in diesen letzten Lagern wurde er von einem amerikanischen Gericht in Dachau 1945 zum Tode verurteilt und am 28. Mai 1946 in Landsberg gehenkt. Quellen: Morsch, Günter (Hrsg.): Mord und Massenmord im Konzentrationslager Sachsenhausen 1936 –1945. Berlin 2005 Strebel, Bernhard: Das Konzentrationslager Ravensbrück. Paderborn 2003 Langbein Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980 Bezwinska, Jadwiga und Czech, Danuta: KL Auschwitz in den Augen der SS, Katowice 1981 |
SCHUMANN, Horst
1906 - 1983 Lagerarzt in Auschwitz Schumann wurde als Sohn eines nationalistisch-konservativen Arztes in Halle geboren. 1930 wurde er noch während seiner Studienzeit Mitglied der Partei, und 1932 trat er in die SA ein. 1933 wurde er Dr. med. und fing beim Gesundheitsamt Halle an zu arbeiten, bis er 1939 zur Luftwaffe eingezogen wurde. Im selben Jahr, wenige Monate nach Kriegsausbruch, wurde er von Victor Brack (von T4) aufgefordert, seiner Euthanasieorganisation beizutreten. Nachdem er sich nach kurzer Bedenkzeit bereit erklärt hatte, ging Schumann 1940 als Anstaltsleiter nach Grafeneck in Württemberg. Noch im Frühsommer 1940 wurde er in eine andere Tötungsanstalt versetzt und wurde Direktor der Anstalt Sonnenstein bei Dresden. Schumann hatte überhaupt keine psychiatrische Ausbildung, er war nur kurze Zeit zur einer Art "Fortbildung“ beim medizinischen Leiter der T4, Dr. Werner Heyde, in Würzburg. Schumann gehörte auch zur der Ärztekommission, die im Rahmen der "Aktion 14f13" durch die Konzentrationslager reiste, um besonders Arbeitsunfähige und schwache Häftlinge auszusuchen und sie in die Tötungsanstalten zu schicken, wo sie vergast wurden. In Verbindung damit kam Schumann am 28. Juli 1941 zum ersten Mal nach Auschwitz. Er selektierte 575 Häftlinge, die alle aus dem sogenannten "Schonungsblock" kamen, wo besonders schwache Häftlinge untergebracht waren. Anschließend wurden sie nach Sonnenstein gebracht und vergast. Am 2. November 1942 kam Schumann wieder nach Auschwitz, aber diesmal in einer anderen Funktion. Schumann, der jetzt Oberleutnant der Luftwaffe war, gehörte nicht zur Garnison Auschwitz, sondern arbeitete wieder für Victor Brack und wurde kräftig von Himmler unterstützt. Jetzt wollte er Sterilisationsversuche an Männern und Frauen durchführen. Diese Versuche sollten dazu dienen, eine geeignete Methode zur Massensterilisierung von unterdrückten Völkern zu finden, damit man ihre Arbeitskraft ausnutzen konnte und gleichzeitig verhinderte, dass sie sich vermehren. Im Block 30 im Frauenlager, B Ia in Birkenau, wurde eine Versuchsstation eingerichtet, in der Schumann die Verwendung von Röntgenstrahlen als Sterilisationsmittel erprobte. Er führte auch Kastrationen im Stammlager durch; zuerst im Block 21, später im Versuchsblock Nr. 10, wo auch Clauberg an seinen Sterilisationen arbeitete. Schumann suchte sich seine Versuchspersonen teilweise selbst aus, hauptsächlich sehr junge, jüdische Männer und Frauen, die er dann einer starken Bestrahlung der Hoden bzw. der Eierstöcke aussetzte. Um die richtige Bestrahlung herauszufinden, musste Schumann verschiedene Strahlungszeiten und Strahlungsdosen verwenden. Dies führte bei vielen Opfern zu schweren Verbrennungen und sehr gefährlichen Schäden an den inneren Organen. Nicht nur mussten sie nach den schmerzerzeugenden Behandlungen sofort wieder arbeiten, viele von ihnen wurden sogar mehrmals bestrahlt. Um einen Erfolg bei den Männern festzustellen, brauchte Schumann Samenproben, die auf unglaublich erniedrigende und schmerzhafte Weise erzwungen wurden. Bei vielen Versuchspersonen wurde ein Hoden, bei den Frauen ein Eierstock operativ enfernt und zur Untersuchung an die Universität Breslau geschickt. Die Versuchspersonen mussten oft sehr lange im Krankenrevier bleiben, da die Wunden nicht heilen wollten; unter anderem wegen Entzündungen, die dadurch entstanden, dass die Instrumente nicht gereinigt wurden. Nach einiger Zeit wurden sie dann ins Lager entlassen und mussten normal arbeiten. Allein dies hat zu zahlreichen Todesfällen geführt, da viele Versuchspersonen bei Lagerselektionen durch ihre Wunden auffielen und deshalb in die Gaskammer geschickt wurden. Bei den operativen Kastrationen wirkten auch Häftlingsärtze mit, weil Schumann keinerlei chirurgische Kenntnisse hatte. In einem Bericht des Leiters der chirurgischen Abteilung im Stammlager für die Periode 15. September bis 15. Dezember 1943 sind allein 106 chirurgische Kastrationen aufgezeichnet. Man muss dabei bedenken,das solche Eingriffe auch im Häftlingskrankenbau in Birkenau (B IIf) durchgeführt wurden. Es ist nicht bekannt, wie viele Häftlinge Schumanns Experimenten zum Opfer fielen, aber eine Zahl von ungefähr 1.000 ist anzunehmen. Der Häftling, der den Röntgenapparat montiert und bedient hatte, wurde als "Geheimnisträger“ im Januar nach Mauthausen gebracht und dort erschossen. Nachdem er Himmler seine recht negativen Ergebnisse gemeldet hatte (die Röntgenmethode war nach Schumann zu aufwändig, als dass sie sich lohnte), verließ er Auschwitz im Frühjahr1944. Was er danach machte, ist nicht klar. Vermutlich hat er weiterhin Opfer für Vergasungen selektiert. Er soll bei einer Feier in Hartheim bei bei Linz gesehen worden sein. Fest steht jedoch, dass er, obwohl er Himmler von Sterilisationen durch Röntgenstrahlung abgeraten hatte, seine Versuche in Ravensbrück fortsetzte. Nach seinen eigenen Angaben kam er im Januar 1945 als Truppenarzt zur Wehrmacht. Im Oktober 1945 tauchte er in Gladbeck auf, wo sich seine Frau bereits befand. Hier wurde er kommunaler Sportarzt. Im April 1945 meldete er sich beim Einwohnermeldeamt unter seinem richtigen Namen, was schon ein Risiko war, weil sein Name bereits im Nürnberger Ärzteprozess gefallen war. 1949 eröffnete er seine eigene Praxis. Erst 1951 wurden die Behörden auf Schumann, der die ganze Zeit unter seinem richtigen Namen gelebt hatte, aufmerksam: Er hatte einen Jagdschein beantragt und war deshalb routinemäßig überprüft worden. Dabei stellte es sich heraus, dass es einen Haftbefehl gegen ihn gab. Es ist allerdings zu vermuten, dass die Behörden selbst Schumann vor einer Verhaftung warnten. Als zwei Kriminalbeamte ihn am 26.Februar 1951 sprechen wollten, war er verschwunden. Weil er keinen Pass hatte, beantragte er 1954 (nach 3 Jahren als Schiffsarzt - eigene Aussage) in Japan einen deutschen Pass, den er schließlich: unter seinem richtigen Namen erhielt. 1955 tauchte Schumann in Ägypten und dem Sudan auf. Dann ging er nach Ghana, wo er unter dem Schutz vom Staatschef Nkrumah stand, und wo er auch alte Bekannte traf. So z.B. den Chemiker der Kanzlei des Führers, Dr. Helmut Kallmeyer, der sehr eng mit T4 verbunden gewesen war und auch in Lublin, dem Hauptquartier der Aktion Reinhard, Dienst gemacht hatte. Nach Nkrumahs Sturz wurde Schumann im November 1966 an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert. Am 23. September 1970 begann in Frankfurt /M. der Prozess gegen Schumann. Am 10. März 1971 erlitt er allerdings einen Kollaps und wurde ins Krankenhaus gebracht. Möglicherweise war der Kollaps fingiert. Schumann wurde in der Universitätsklinik untersucht, und man meinte hier, dass er verhandlungsunfähig sei. Am 14. April wurde das Verfahren vorläufig eingestellt. Am 29. Juli 1972 wurde Schumann aus dem Gefängnis entlassen. Schumann, der so sehr unter hohem Blutdruck litt, dass er nicht vor einem Gericht erscheinen konnte, lebte bis Mai 1983 in Frankfurt. Quellen: Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/ M 1980 Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989 Klee, Ernst: Was sie taten und was sie wurden, Frankfurt a/M 1986 Dlugoborski, Waclaw und Piper, Franciszek: Auschwitz 1940-1945, I-V, vol. II, Oswiecim 1999 |