ARC Main Page Die Besetzung Osteuropas Auschwitz

Auschwitz Verbrecher

Letztes Update 21. Februar 2006






AUMEIER, Hans SS-Sturmbannführer
1906 - 1948
Schutzhaftlagerführer

Aumeier wurde in Amberg (Bayern) 1906 als Sohn eines Hilfsarbeiters geboren. Nach nur sechs Jahren verließ er die Schule, was ihn fast zum Analphabeten machte. Er arbeitete in verschiedenen Gewehrfabriken, unterbrochen von Perioden mit Arbeitslosigkeit. 1929 wurde er Mitglied der NSDAP und 1931 trat er in die SA ein, wo er Arbeit als Fahrer bekam. In demselben Jahr wechselte er in die SS. Nach Dienst in Dachau kam er nach Flossenbürg, wo er von August 1938 bis Januar 1942 "arbeitete".

Im Januar 1942 löste er Karl Fritzsch als Schutzhaftlagerführer im Stammlager von Auschwitz ab. Seine Versetzung kann das Ergebnis von guten Beziehungen zu Höß gewesen sein, da beide durch die sogenannte "Schule von Eicke“ in Dachau gegangen waren. Es zeigte sich jedoch bald,dass die Aufgabe Aumeiers Fähigkeiten bei weitem überschritt, weshalb er noch größere Macht an die meistens grünen (kriminellen) Kapos gab, was zur Steigerung des Terrors führte. Aumeier war für Massenerschießungen und Selektionen im Stammlager mit verantwortlich. Er wirkte auch bei der Ermordung der Überlebenden nach dem Fluchtversuch in der Strafkompanie am 10. Juni 1942 mit.

Im Herbst 1943 wurde er wegen Diebstahl und Korruption ins estnische KZ Vaivara als Kommandant versetzt, eine Stellung, die er auch im norwegischen Lager Mysen ab Januar 1945 ausübte. Hier zeigte sich Aumeier völlig verändert, sogar human, und führte u.a. Verhandlungen mit dem norwegischen Roten Kreuz. Er wurde von den Briten im Frühsommer 1945 festgenommen und verhört. In seinen Aussagen verneinte er zuerst jedes Wissen über Gaskammern in Auschwitz, aber später beschrieb er sehr detailliert die Vergasungen in Bunker 1 und 2.
Erstaunlicherweise wurden seine Aussagen, die sich im englischen Archiv "Public Record Office“ befanden, erst 1992 entdeckt und zwar von David Irving, der die Veröffentlichung seines Fundes allerdings hinauszögerte.

Aumeier wurde an Polen ausgeliefert und im Auschwitz-Prozess in Krakau zum Tode verurteilt. Er wurde 1948 hingerichtet.

Foto: Auschwitz Museum

Quellen:
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Van Pelt, Robert Jan: The Case for Auschwitz, IUP Bloomington 2002


BAER, Richard SS-Sturmbannführer
1911 - 1963
Kommandant

Baer wurde in Floss, einem Dorf in Bayern, geboren. Er war gelernter Konditor und arbeitete in verschiedenen deutschen Städten. 1931 wurde er Mitglied der NSDAP. 1932 trat er der allgemeinen SS bei. Nach seiner Verhaftung 1960 betonte Baer, dass er nicht aus politischen Gründen in die Partei und in die SS eingetreten sei, sondern weil ihm das "Soldat spielen“ Freude machte.

1933 kam er zu der SS-Wachabteilung nach Dachau, wo er unter Theodor Eicke diente. Von hier aus kam er zur Totenkopfdivision "Brandenburg“ in Sachsenhausen. Seine Vorgesetzten hielten nichts Besonderes von seinen Fähigkeiten, weswegen er auch nur langsam befördert wurde. Mit dem Frankreichfeldzug ging es dann aufwärts. Er wurde in Russland verwundet. Während seiner Rekonvaleszenz in Neuengamme machte er hier kurze Zeit auch Dienst als Vertreter des Kommandanten.
Im November 1942 wurde er Adjutant von SS-Obergruppenführer Oswald Pohl, dem Leiter des WVHA, und im selben Jahr wurde er Leiter des Amtes D I, das Zentralamt im Inspektorat der Konzentrationslager.

Am 11. Mai 1944 löste er Liebehenschel als Kommandant in Auschwitz ab, und blieb Lagerkommandant bis zur Evakuierung, die er im Januar 1945 leitete.
Es ist möglich, dass sich Baer mit seiner genauen Kenntnis der Verhältnisse den Posten als Kommandant des größten KZs durch gezielte Intrigen gesichert hat. Er war es, der die Botschaft an Liebehenschel überbrachte, dass man in Berlin seine neue Ehe nicht dulden konnte und damit Liebehenschel den letzten Anstoß gab, und er aufhörte gegen die Intrigen anzukämpfen.
Nachdem Höß am Ende der "Ungarn-Aktion" zurückbeordert worden war, wurde Baer Standortältester und damit oberster Leiter des gesamten Komplexes.

Baer wurde von den Häftlingen, die mit ihm in Berührung kamen, als brutaler als Liebehenschel aber weicher als Höß bezeichnet. Obwohl Baer nicht so auffiel wie seine beiden Vorgänger, darf nicht vergessen werden, dass Auschwitz unter seinem Regime genau so effektiv und mörderisch war wie unter Höß, und dass die todbringenden Evakuierungsmärsche im Winter 1945 auf seine Befehle zurückgehen.

Nach der Evakuierung von Auschwitz wurde er Kommandant von Dora-Mittelbau, wo er bis April 1945 blieb. Vor den Amerikanern floh er nach Österreich, kehrte aber nach Deutschland zurück, wo er unentdeckt unter dem Namen "Karl Neumann" in der Nähe von Hamburg als Waldarbeiter lebte.
Am 20. Dezember 1960 wurde er festgenommen. Baer hätte der Hauptangeklagte im Auschwitz-Prozess in Frankfurt werden können, aber er verstarb im Juni 1963 im Untersuchungsgefängnis.

Quellen:
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Tom Segev: Die Soldaten des Bösen, Reinbek bei Hamburg 1992
Bezwinska, Jadwiga und Czech, Danuta: KL Auschwitz in den Augen der SS, Katowice 1981


BISCHOFF, Karl SS-Sturmbannführer
1897 - 1950
Chef-Architekt

Bischoff wurde in Neuhemsbach in der Nähe von Kaiserslautern geboren. 1917 wurde er in die Luftwaffe aufgenommen und verließ sie zwei Jahre später als Pilot. Er wurde nie Mitglied der NSDAP. Er studierte Bauwesen und arbeitete seit 1935 in der Bauverwaltung der Luftwaffe. In den ersten Kriegsjahren war er mit dem Bau von Flughäfen in Frankreich beschäftigt. In dieser Funktion lernte er den SS-Gruppenführer Hans Kammler kennen. Kammler war für das Amt II (Bau) der SS verantwortlich, der späteren Amtsgruppe C im WVHA, und bot Bischoff einen leitenden Posten in Auschwitz an.

Am 1. Oktober 1941 traf Bischoff in Auschwitz ein und wurde Leiter der Sonderabteilung, die die geplante Erweiterung des Konzentrationslagers mit einem Kriegsgefangenenlager, dem späteren Birkenau-Lager, bearbeiten sollte. Seine Effektivität zeigte sich u.a. darin, dass er kurz nach seiner Ankunft ein Riesenbudget von 20 Millionen Reichsmark aufstellte.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger war Bischoff ein äußerst kompetenter und dynamischer Bürokrat. Die Bauvorhaben, die in den folgenden Jahren notwendig wurden, führten er und sein Stab in der "Zentralbauleitung der Waffen-SS und Polizei Auschwitz O/S“ (O/S = Oberschlesien), wie der Titel lautete, trotz aller kriegsbedingten Schwierigkeiten durch. Man plante und baute das riesige Lager Birkenau, die vier großen Krematorien, die technisch komplizierte Zentralsauna, das neue Empfangsgebäude im Stammlager und hunderte weitere Bauten.

Bei dem Bau der Krematorien spielte Bischoff eine zentrale Rolle, was schließlich auch seiner Karriere dienlich war. So begründete Kammler Ende 1942 seinen Vorschlag, Bischoff zu befördern, u.a. mit den Worten:
... Bischoff hat darüber hinaus die technischen Voraussetzungen für die Durchführung der Sonderaktionen des Reichsführers-SS in Tag- und Nachtarbeit geschaffen.
Am 28. Juni 1943 konnte der Bauleiter der Krematorien seinem Vorgesetzten in Berlin endgültig diesen Erfolg vermelden: Wenn das alte Krematorium im Stammlager mitgerechnet würde, könnte man innerhalb von 24 Stunden insgesamt in fünf Krematorien 4.756 Personen verbrennen.
Ein halbes Jahr später wurde Bischoff mit dem Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. Kurze Zeit danach wurde ihm allerdings mitgeteilt, dass auf Grund der Frontlage alle weiteren Bauvorhaben in Auschwitz auf das Notwendigste eingeschränkt werden sollten.

Im April 1944 verließ Bischoff Auschwitz und wurde Leiter des Baubüros der Waffen-SS in Schlesien und Böhmen. Auf diesem Posten blieb er bis Ende des Krieges. Obwohl fast das ganze Archiv der Bauleitung in Auschwitz durch Vergesslichkeit den Sowjets in die Hände fiel, blieb Bischoff nach dem Krieg unbehelligt und verstarb 1950.

Quellen:
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
van Pelt, Robert Jan: The Case for Auschwitz, IUP Bloomington 2002
Dwork, Deborah und van Pelt, Robert Jan: Auschwitz 1270 to the Present, New York 2002
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Pressac, Jean-Claude: Die Krematorien von Auschwitz, München 1995


CLAUBERG, Carl SS-Brigadeführer (ehrenhalber)
1898 - 1957
Arzt

Clauberg wurde in Wuppertal in einer kleinbürgerlichen Familie geboren. Er nahm am 1. Weltkrieg teil, studierte nach dem Krieg Medizin und machte Karriere als Gynäkologe (Chefarzt der Universitätsfrauenklinik in Kiel). 1933 trat der überzeugte Nationalsozialist der Partei bei und wurde im selben Jahr Professor für Gynäkologie in Königsberg.

Am 30. Mai 1942 schrieb er an Himmler, um dessen Genehmigung für umfassende Sterilisationsversuche in Auschwitz zu erhalten. Ohne Zweifel hat Clauberg von Himmlers großem Interesse auf diesem Gebiet gewusst, ging es doch darum, die Arbeitskraft der sogenannten "Untermenschen“ zu erhalten und sie gleichzeitig daran zu hindern, Kinder zu bekommen.
Anfang Juli 1942 nahm er an einer Konferenz mit Himmler statt zum Thema "Sterilisierung“.

Ende1942 kam er nach Auschwitz und fing mit seinen Experimenten im Block 30 im Bauabschnitt I a in Birkenau an. Im April 1943 stellte man ihm den Block 10 im Stammlager für seine Experimente zur Verfügung. Hier waren zwischen 150 und 400 Frauen untergebracht, die in den Stärkemeldungen als "Häftlinge für Versuchszwecke“ geführt wurden.
Seine Methoden waren außerordentlich grausam: u.a. spritzte er, ohne die Versuchspersonen zu betäuben, ätzende Flüssigkeiten in die Gebärmutter, um die Eileiter zu zerstören. Dies führte zu Entzündungen und großen Schmerzen bei den Opfern. Oft wiederholten Clauberg und seine Assistenten die Versuche 3 - 6 mal an derselben Person. Auch an jungen jüdischen Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren nahm er Experimente vor.
Da Clauberg seine Klinik in Königshütte noch hatte, konnte er seine Experimente nicht ständig in Auschwitz ausführen, weswegen er sich Assistenten besorgte, u.a. auch unter den Häftlingen, die Ärzte waren.
Viele der Frauen, die die Versuche überlebten, wurden anschließend durch Phenol oder in einer Gaskammer ermordet. Im Mai 1944 wurde seine Station nochmals verlegt; diesmal kamen seine Opfer in den Block 1 der sogenannten Lagererweiterung.
Schon am 7. Juni 1943 hatte Clauberg Himmler über seine "Erfolge“ Meldung gemacht:
Die von mir erdachte Methode, ohne Operation eine Sterilisierung des weiblichen Organismus zu erzielen, ist so gut wie fertig ausgearbeitet.
Am Ende des Briefes stellt er Himmler in Aussicht, dass 10 eingeübte Männer an einem Tag 1.000 Frauen sterilisieren könnten.

Als das Kriegsende nahte, ging Clauberg nach dem KZ Ravensbrück, wo er seine Experimente fortsetzte. Wie viele Opfer er misshandelte und wie viele dabei ums Leben kamen, wissen wir nicht genau, aber es wird die Zahl von etwa 700 Frauen erwähnt.

1948 kam er in der Sowjetunion vor Gericht und wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt. Als Folge der Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion wurde er amnestiert und 1955 nach West-Deutschland abgeschoben. Im Dezember 1955 wurde er auf eine Anzeige des Zentralrates der Juden in Deutschland hin verhaftet. Kurz bevor der Prozess gegen ihn beginnen sollte, verstarb er im August 1957.

Quellen:
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980
Dlugoborski, Waclaw und Piper, Franciszek: Auschwitz 1940-1945, vol.II, Oswiecim 1999
Klee, Ernst: Auschwitz. Die NS-Medizin und ihre Opfer, Frankfurt a/M 2002


FRITZSCH, Karl SS-Hauptsturmführer
1903 - 1945
Schutzhaftlagerführer

Fritzsch wurde als Sohn eines Ofenbauers in Böhmen geboren. Weil die Familie wegen der Arbeit des Vaters oft umziehen musste, bekam er keine normale Schulbildung. Einige Jahre arbeitete Fritzsch auf Donauschiffen, 1928 heiratete er (aus der Ehe, die 1942 geschieden wurde, entstammten 3 Kinder). 1930 wurde er Mitglied der NSDAP und trat der SS bei. Sein Wunsch war, in der SS Karriere zu machen, weshalb er 1934 nach Dachau kam.

Im Mai 1940 kam er als erster Schutzhaftlagerführer zu Höß nach Auschwitz. Hier erlangte er sehr schnell den Ruf als Schrecken des Lagers. Mehrere Male wählte er mit Höß zusammen Häftlinge aus, die dann wegen Flucht eines Kameraden zum Hungertod verurteilt wurden. Sie wurden in Zellen im Keller des Bunkers (Block 11) eingesperrt, bis sie verhungert waren. Unter anderem suchte Fritzsch am 29. Juli 1941 15 Häftlinge aus, die als Vergeltung für eine Flucht in die Hungerzellen gesperrt werden sollten. Einen davon ließ er laufen, da sich ein Mithäftling anbot, an dessen Stelle zu treten. Dieser Häftling war der Franziskanerpater Maksymilian Kolbe, der dadurch sein Leben opferte.

Fritzsch war es nach Aussage von Höß auch, der als erster auf den Gedanken kam, Zyklon B für den Massenmord zu verwenden. Als Hö&stlig; Ende August 1941 auf Dienstreise war, erprobte Fritzsch die Wirkung von Zyklon B an russischen Kriegsgefangenen, die deswegen in Zellen des Bunkerblocks eingesperrt wurden. Die Versuche mit dem Gas wurden in den darauf folgenden Tagen in noch größerem Maßstab von Fritzsch im Beisein von Höß wiederholt. Die künftige Methode zum Massenmord in Auschwitz war damit gefunden.

Im Februar 1942 wurde Fritzsch als Schutzhaftlagerführer nach Flossenbürg versetzt. Von Anfang August bis Oktober 1942 vertrat er den Kommandanten. Im Oktober 1943 wurde er im Rahmen der SS-internen Korruptionsuntersuchungen verhaftet. Er kam vor ein SS-Gericht, das ihm unauthorisierte Morde vorwarf. Als Strafe wurde er an die Front versetzt, wo er vermutlich bei den Kämpfen um Berlin im Frühjahr 1945 fiel.

Foto: Yad Vashem

Quellen:
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Segev, Tom: Die Soldaten des Bösen, Reinbek bei Hamburg 1992
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989


GRABNER, Maximilian SS-Untersturmführer
1905 - 1948
Leiter der politischen Abteilung (Gestapo) in Auschwitz

Gebürtiger Wiener. Er bekam nur eine dürftige Schulausbildung. 1930 wurde er in die österreichische Polizei aufgenommen und zwei Jahre später Mitglied der illegalen Nazipartei. Nach dem Anschluss Österreichs wurde er Mitglied der SS und von der Gestapo übernommen.

1939 kam er zur Gestapo in Katowice (Kattowitz), und weil Auschwitz zu diesem Polizeibezirk gehörte, wurde Grabner im Juni 1940 als Leiter der politischen Abteilung, also der Gestapo-Abteilung des Lagers, nach Auschwitz versetzt, wo er bald zu den Gefürchtetsten gehörte.
Als Leiter der Gestapo war er u.a. für die Bekämpfung der Lagerwiderstandsbewegung verantwortlich, für Verhinderung von Flucht, sowie Unterbindung jedes Kontaktes mit der Umwelt. Allein diese Aufgaben wurden mit grausamen Folterungen der Häftlinge verbunden und mit zahlreichen Einlieferungen in den Bunker im Block 11. Ohne weiteres führten Grabners Mitarbeiter wie z.B. Wilhelm Boger, der erst Anfang der sechziger Jahre vor Gericht gestellt wurde, sogenannte "verschärfte Vernehmungen“ durch, bei denen die Opfer systematisch misshandelt wurden.
Im Bunker leitete Grabner zusammen mit dem Schutzhaftlagerführer die regelmäßig wiederholten Bunkerentleerungen: Die Insassen wurden geprüft und viele von ihnen ohne Urteil unmittelbar danach in den Hof zwischen Block 10 und 11 geführt und erschossen.
Grabner, dessen Aufgabe auch in der Bekämpfung von Diebstahl und Korruption bestand, bereicherte sich selbst in so großem Umfang, dass er im Herbst 1943 in Verbindung mit den Untersuchungen des SS-Richters Konrad Morgen über Korruption in den Konzentrationslagern verhaftet wurde. Im Frühherbst 1944 wurde das Verfahren gegen ihn in Weimar eröffnet. Der Ankläger forderte 12 Jahre Zuchthaus wegen schweren Diebstahls und Mordes in mindestens 2.000 Fällen. Die Anklage beschäftigte sich nur mit den Morden, die nicht in den Rahmen der RSHA-Transporte oder unter die Standgerichtsurteile fielen. Die SS-Führung behinderte den Prozess jedoch in jeder Weise; u.a. verweigerte Grabners Chef, Heinrich Müller, jede Mitarbeit. Der Prozess wurde schließlich vertagt und nie abgeschlossen.
Schon am 6. Oktober 1944 konnte die Widerstandsbewegung in Auschwitz die Nachricht von dem Urteil über einen der gefürchtetsten Mörder nach Krakow (Krakau) hinaus schmuggeln. Grabner kam jedoch wieder nach Katowice und dann nach Wroclaw (Breslau).

Ein detailliertes Porträt von Grabner hat sein ehemaliger Mitarbeiter, Perry Broad, in seinem Bericht über Auschwitz für die Alliierten gegeben. Broad verschwieg natürlich, dass die Quelle seines umfassenden Wissens seine eigene Mitarbeit in der politischen Abteilung war.

Am 4. August 1945 wurde Grabner in Österreich verhaftet und 1947 an Polen ausgeliefert. Bei dem Prozess in Krakow wurde er u.a. wegen Mordes in mindestens 25.000 Fällen zum Tode verurteilt und im Januar 1948 erhängt.

Foto: Auschwitz Museum

Quellen:
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Bezwinska, Jadwiga und Czech, Danuta: KL Auschwitz in den Augen der SS, Katowice 1981
Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980


HÖß, Rudolf SS-Obersturmbannführer
1900 - 1947
Kommandant

Höß wurde als einziges Kind einer streng katholischen Familie in Baden-Baden geboren. Er meldete sich als Fünfzehnjähriger zum Militärdienst und stieg zum jüngsten Unteroffizier des deutschen Heeres mit mehreren Auszeichnungen auf. Nach dem 1. Weltkrieg war er aktives Mitglied des "Freikorps Rossbach".
Im Oktober 1922 wurde er Mitglied der Nazipartei (NSDAP Nummer: 3240). 1923 war er an einem politischen Mord beteiligt, wofür er eine Zuchthausstrafe von zehn Jahren bekam, die aber 1928 aufgehoben wurde.
1933 wurde er Anwärter der SS und 1934 Vollmitglied. Dann kam er nach Dachau; dies wahrscheinlich nach Aufforderung durch Himmler, der wie Höß der Artamanen-Bewegung (ein nationalistisch-romantischer, landwirtschaftlicher Verein) angehörte, und hier auf Höß aufmerksam geworden war. 1935 wurde er Blockführer in Dachau und stieg danach kontinuierlich und rasch auf. Am 1. August 1938 wurde er Adjutant in Sachsenhausen und dort ein Jahr später Schutzhaftlagerführer.
Im Frühjahr 1940 leitete er eine Kommission, die das polnische Kasernengelände in Auschwitz für ein künftiges KZ besichtigen sollte.

Am 4. Mai 1940 wurde er zum ersten Kommandanten von Auschwitz ernannt. Von diesem Zeitpunkt an bis zu seiner Rückversetzung nach Berlin im Herbst 1943 leitete er den Aufbau des Lagers und hat durch ständiges Eingreifen die Existenzbedingungen im Lager entscheidend mitgeprägt. An der südöstlichen Ecke des Lagers bezog er mit seiner Ehefrau und ihren vier Kindern eine große Villa, in der sie ein herrschaftliches Leben führten.

Höß war in vielerlei Hinsicht der perfekte Kommandant für das, was Auschwitz werden sollte. Von frühester Jugend an war er gewohnt, Befehle ohne Fragen entgegen zu nehmen. Als sogenannter "alter Kämpfer“ war er der Partei und deren Politik bedingungslos ergeben, und als Schüler von Theodor Eicke in Dachau kannte und akzeptierte er die Rolle der SS und der Konzentrationslager als Mittel im "Kampf“ gegen Kommunisten, Juden, Kriminelle oder Zeugen Jehovas.

Anfangs war Auschwitz ein normales Konzentrationslager. Dies änderte sich erst mit dem Befehl Himmlers, Auschwitz zu einem Zentrum der Endlösung zu machen.
Die ersten Versuche, Menschen mit dem Giftgas Zyklon B zu vernichten, wurden in Auschwitz von dem Schutzhaftlagerführer Karl Fritzsch im Gefängnisblock des Stammlagers Ende August 1941 durchgeführt während Höß auf einer Dienstreise war. Diese Versuche wurden dann im Beisein von Höß Anfang September in noch größerem Umfang wiederholt. In seinen Erinnerungen spricht Höß von der Beruhigung, die er gespürt hätte, als man damit das geeignete Gift gefunden hatte. Er gab an, im Sommer 1941 nach Berlin zu Himmler befohlen worden zu sein, um dort mitgeteilt zu bekommen, dass Auschwitz das Zentrum für die Vernichtung der europäischen Juden werden sollte (diese Datierung wird von einigen Forschern sehr bezweifelt).

Voller Energie leitete Höß den Ausbau der Lager Birkenau, Monowitz und der vielen Nebenlager. Er war bekannt dafür, dass er in sehr nahem Kontakt zu allen Ereignissen im Lager stand. So trägt er entscheidende Mitverantwortung für die grausamen Repressalien gegen das Lager in Verbindung mit Fluchten. Mehrere Male hat er dafür gesorgt, dass unschuldige Häftlinge für den Hungertod im Block 11 ausgewählt wurden. Als Kommandant war er schließlich für die miserablen Verhältnisse im Lager verantwortlich, obwohl er in seinen Aufzeichnungen, die allerdings auch durch ein hohes Maß an Schuldbekenntnis auffallen, seinen Mitarbeitern die Schuld zuschiebt. In diesen Aufzeichnungen wettert er auch gegen die zahlreichen Fälle von Korruption und Diebstahl, aber als die SS-Sonderkommission ihre Untersuchungen im Herbst 1943 in Auschwitz anfing, geriet auch Höß ins Blickfeld; u.a. wurde ihm eine strafbare Affäre mit einem weiblichen Häftling vorgeworfen (die Sache wurde nie ganz aufgeklärt, aber einiges deutet darauf hin, dass Höß tatsächlich in eine Affäre verwickelt war). Im Laufe der Untersuchungen wurden mehrere hochrangige Mitarbeiter und sogar der Gestapo-Chef von Auschwitz festgenommen, wodurch Höß in die Kritik geriet und nicht mehr haltbar war. Er wurde ins Inspektorat der Konzentrationslager nach Oranienburg beordert, wo er Arthur Liebehenschels Stellung übernahm, was allerdings nicht als eine Strafe betrachtet werden kann.

Bis ins Detail hat Höß die Vernichtung der Juden in Auschwitz betrieben und gefördert. Überall hat er Inspektionen vorgenommen und hat bei jedem einzelnen Teil des Vernichtungsprozesses mitgewirkt. Er leitete eine Studienfahrt nach Chelmno, um dort die Verbrennungsmethoden für Leichen zu studieren, er ging nach Treblinka, um die Verwendung von Auspuffgasen in den Gaskammern zu bewerten. Er lag in ständigem Konkurrenzkampf mit Globocnik, wer die geeignetsten Methoden verwendete, und war stolz auf seine Errungenschaften hinsichtlich seiner hochentwickelten Gaskammern und Zyklon B.

Am 8. Mai 1944 kehrte Höß als Standortältester nach Auschwitz zurück, gleichzeitig wurde Liebehenschel durch Baer als Kommandant abgelöst. Man brauchte fähige, erfahrene Leute für die Vernichtung der ungarischen Juden, die wenige Tage später begann. Dieser Massenmord, der einen bisher unvorstellbaren Umfang erreichte, wurde nach dem Gründer von Auschwitz "Aktion Höß“ genannt. Um 320.000 - 400.000 Juden innerhalb von 7 Wochen ermorden und verbrennen zu können, musste man alle vier Krematorien in Birkenau auf Hochleistung bringen und Bunker 2 wieder aktivieren (dieser lief jetzt unter der Bezeichnung Bunker V). Schließlich wurden hinter Krematorium V große, offene Leichenverbrennungsgruben angelegt, um die gewaltige Aufgabe bewältigen zu können. Nach Beendigung der Aktion im Juli 1944 blieb Höß’ Familie noch bis November in der Villa in Auschwitz, obwohl er selber nach Berlin zurück ging.

Im April 1945 floh er von Oranienburg nach Flensburg, um sich dort Himmler anzuschließen. Er war aber sehr enttäuscht als er feststellen musste, dass "sein Reichsführer“ ihm empfahl unterzutauchen. Höß beschaffte sich falsche Papiere, die ihn als gewöhnlichen Marinesoldaten namens "Franz Lang" auswiesen.
Nach einer Festnahme war er kurze Zeit inhaftiert, wurde aber wieder laufen gelassen, weil seine wahre Identität nicht festgestellt werden konnte. Er arbeitete dann unter falschem Namen auf einem Bauernhof in der Nähe von Flensburg, bis er am 11. März 1946 von den Engländern endgültig verhaftet wurde.

In Nürnberg sagte er als Zeuge für Heydrichs Nachfolger Kaltenbrunner aus. Danach wurde er am 25. Mai 1946 an Polen ausgeliefert, wo er in Warschau vor Gericht kam (3. bis 29. März 1947).
Während der Voruntersuchungen schrieb er seine sogenannten Memoiren und dazu mehrere Portrait-Skizzen von Mitarbeitern in Auschwitz sowie von Vorgesetzten und leitenden SS-Größen.
Am 2. April 1947 wurde er zum Tode verurteilt und anschließend am 16. April im ehemaligen Stammlager neben dem Krematorium I erhängt.

Quellen:
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980
Tom Segev: Die Soldaten des Bösen, Reinbek bei Hamburg 1992
Deselaers, Manfred: "und Sie hatten nie Gewissensbisse?“, Leipzig 2001
Höß, Rudolf: Kommandant von Auschwitz, München 1983


HÖSSLER, Franz SS-Obersturmführer
1906 - 1945

Hössler wurde in Oberdorf (Schwaben) geboren. Anfang der dreißiger Jahre war er arbeitslos und trat 1932 gleichzeitig in die Partei und die SS ein. Er machte seit der Gründung Dachaus hier Dienst, zuerst als Wachmann, später als Koch.

Im Juni 1940 wurde er nach Auschwitz versetzt. Beim Aufbau des Lagers Birkenau wurde er dorthin beordert und arbeitete anfänglich als Koch. 1941 stieg er zum Rapportführer auf.
Am 28. Juli 1941 begleitete er einen Transport von etwa 575 Häftlingen, die nach einer Selektion durch eine Ärztekommission im Rahmen des Euthanasieprogramms nach Sonnenstein geschickt wurden. Dort wurden alle vergast, und Hössler legte darüber dem Kommandanten Höß einen Bericht vor.
Hössler nahm wie Moll und Aumeier an der Ermordung der Überlebenden nach dem Aufstandsversuch in der Strafkompanie am 10. Juni 1942 teil. Er wirkte bei Vergasungen im alten Krematorium im Stammlager mit. Am 16. September fuhr er mit Höß und Walter Dejaco von der Zentralbauleitung zum Vernichtungslager Chelmno, um dort die Methoden von SS- Standartenführer Paul Blobel zur Beseitigung von Massengräbern zu studieren. Danach beaufsichtigte er unter anderem das Sonderkommando, das die Massengräber in Birkenau entleerte und die Leichen (Schätzung: 107.000) verbrannte. Diese Arbeit, nach der die jüdischen Häftlinge des Kommandos ermordet wurden (es sind nur zwei Überlebende bekannt), dauerte von September bis Ende November 1942.
Gleichzeitig fanden auch Vergasungen in den Bunkern statt. Hössler hatte das Kommando bei mehreren Vergasungen in diesen Bunkern, so z.B. am 12.Oktober 1942, als etwa 1.600 belgische Juden im Bunker 2 vergast wurden. Diese Szene ist im Tagebuch des mitwirkenden Lagerarztes Johann Kremer beschrieben worden.
Im August 1943 wurde Hössler Schutzhaftlagerführer im Frauenlager von Birkenau, in dem er an zahlreichen Selektionen für die Gaskammern teilnahm.

Über das KZ Dora-Mittelbau kam er am 8. April 1945, eine Woche vor der Befreiung des Lagers, mit einem Transport aus Dora nach Bergen-Belsen.

Hössler wurde von den Engländern verhaftet und kam wie die anderen dort aufgegriffenen SS-Angehörigen in Lüneburg vor Gericht. Er wurde wegen Verbrechen sowohl in Auschwitz als auch in Bergen-Belsen, wo er Häftlinge erschossen hatte, zum Tode verurteilt und im Dezember 1945 hingerichtet.

Foto: USHMM

Quellen:
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Bezwinska, Jadwiga und Czech, Danuta: KL Auschwitz in den Augen der SS, Katowice 1981
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Friedler, Eric et.al.: Zeugen aus der Todeszone, Lüneburg 2002


KLEHR, Josef SS-Oberscharführer
1904 - 1988
Sanitätsdienstgrad, Leiter der Desinfektoren

Geboren in Langenau, Oberschlesien. Sein Vater arbeitete als Wärter in einer Erziehungsanstalt. Klehr besuchte eine katholische Volksschule und lernte danach den Beruf des Tischlers. 1933 heiratete er; aus der Ehe stammen zwei Söhne. 1932 wurde er Mitglied der SS. 1934 fand er Anstellung als Pfleger in einer Heilanstalt. 1938 wurde er Hilfswachtmeister in einem Zuchthaus. Im August 1939 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und kam dann zur Wachtmannschaft nach Buchenwald. 1940 wurde er als Sanitätsdienstgrad nach Dachau versetzt, 1941 nach Auschwitz.

In Auschwitz wurde er leitender Sanitäter im Häftlingskrankenbau, wo er in großem Umfang an der Ermordung der Häftlinge durch Phenolspritzen beteiligt war. Mehrere Zeugen haben ausgesagt, dass Klehr nicht nur die vom SS-Arzt selektierten Kranken umbrachte, sondern auch selbst zahlreiche Selektionen im Krankenbau vornahm und anschließend die Opfer ermordete.
Im Frühjahr 1943 wurde er Leiter des Desinfektionskommandos und war somit direkt an dem Massenmord durch Zyklon B in den Gaskammern beteiligt.

Klehr wurde am 20. April 1943 mit dem Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse ausgezeichnet, was nur auf seinen Einsatz bei den Vergasungen und bei dem Massenmord im Häftlingskrankenbau zurückzuführen ist. Im Juli 1944 wurde er ins Nebenlager Gleiwitz I versetzt, wo er den Krankenbau leitete.

Nach der Evakuierung der Nebenlager um Gleiwitz kam er kurze Zeit an die Front in der Tschechoslowakei. Im Mai 1945 wurde er von den Amerikanern festgenommen, kam aber 1948 auf freien Fuß und arbeitete bis zu seiner Verhaftung 1960 als Tischler in Braunschweig.

Im Auschwitz-Prozess in Frankfurt wurde er 1965 zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht hat angenommen, dass er tausende umgebracht hat, konnte ihm aber nur mit Sicherheit 475 Morde nachweisen. 1988 wurde er entlassen und verstarb im selben Jahr.

Foto: Fritz Bauer Institut

Quellen:
Bezwinska, Jadwiga und Czech, Danuta: KL Auschwitz in den Augen der SS, Katowice 1981
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Naumann, Bernd: Auschwitz, Frankfurt a/M 1965


KLEIN, Fritz SS-Obersturmführer
1888 - 1945

Geboren in Rumänien, wo er Medizin studierte und seinen Wehrdienst ableistete. Sein Studium hat er nach dem 1. Weltkrieg in Budapest beendet. Er wurde schon sehr früh Mitglied der NSDAP.
Er lebte als praktischer Arzt in Siebenbürgen. Ab 1940 diente er erneut in der rumänischen Armee. 1943 beschloss er, deutscher Staatsbürger zu werden. Im Mai trat er in die Waffen-SS ein und kam in Jugoslawien zum Einsatz.

Am 15.Dezember 1943 kam er nach Auschwitz, wo er zuerst als Lagerarzt im Frauenlager in Birkenau Dienst tat. Danach bekleidete er den Posten des Lagerarztes im "Zigeunerlager“. Er nahm an zahlreichen Selektionen auf der Rampe teil. Eine Zeit lang war er Lagerarzt im Stammlager und im Dezember 1944 wurde er nach dem KZ Neuengamme versetzt. Von hier aus kam er im Januar 1945 nach Bergen-Belsen.
In Auschwitz war er als der "korrekte Mörder“ bekannt: er schimpfte selten und konnte sowohl gefühllos Opfer für die Gaskammer aussuchen als auch andere davor bewahren.

Bei der Befreiung von Bergen-Belsen am 15. April 1945 wurde er von den Engländern verhaftet. Er kam in Lüneburg vor Gericht und gestand während der Verhandlungen sein Mitwirken bei Selektionen in Auschwitz. Er wurde zum Tode verurteilt und am 13. Dezember 1945 erhängt.

Foto: USHMM

Quellen:
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980


KRAMER, Josef SS-Hauptsturmführer
1906 - 1945
Kommandant

Geboren in München als einziges Kind einer mittelständischen Familie. Er verbrachte seine Kindheit in Augsburg. Er arbeitete als Buchhalter, verlor aber seine Arbeit und sah in der Nazipartei die einzige Hoffnung. 1931 wurde er Mitglied der NSDAP, 1932 der SS. Seit 1934 tat er in verschiedenen Konzentrationslagern Dienst. Seine eigentliche KZ-Laufbahn fing 1936 in Dachau an, wo er ausschließlich in der Verwaltung arbeitete. Im August 1937 ging er nach Sachsenhausen. 1938 wurde er nach Mauthausen versetzt und wurde Adjutant des Kommandanten.

Im Mai 1940 kam er als Adjutant von Höß nach Auschwitz. Er blieb in dieser Stellung bis Ende Oktober 1940, als er nach Dachau zurückging um weiter ausgebildet zu werden. Von hier aus wurde er nach Natzweiler versetzt. Dort war er zuerst Schutzhaftlagerführer, ab Juli 1942 Kommandant. Als Kommandant in Natzweiler war er auch für die dortigen Vergasungen verantwortlich, so u.a. für die Vergasung von mindestens 130 jüdischen Männern und Frauen, deren Skelette vom anatomischen Institut der Universität Straßburg bestellt worden waren und für diesen Zweck in Auschwitz ausgesucht worden sind.
Anfang Mai 1944 kehrte er nach Birkenau zurück, vermutlich weil Höß einen fähigeren Mann als den bisherigen Kommandanten Friedrich Hartjenstein für die Ermordung der ungarischen Juden brauchte (Hartjenstein ging als Kommandant nach Natzweiler). Kramer beteiligte sich eifrig an allem, was in den hektischen Sommermonaten des Jahres 1944 in Birkenau geschah.

Seine Versetzung am 1. Dezember 1944 als neuer Kommandant von Bergen-Belsen kann man wohl als Anerkennung für seine "Arbeit“ in Birkenau betrachten.
Kramer traf in Bergen-Belsen ein, als es begann, eines der schlimmsten Lager zu werden. Teils wegen Überfüllung durch die vielen eintreffenden Evakuierungstransporte aus anderen Lagern, teils wegen Kramers fehlendem Interesse daran, die chaotischen Verhältnisse zu ändern.
Bei der Befreiung am 15. April 1945 wurde Kramer von den Briten verhaftet. Am 17. September 1945 kam er mit 43 anderen in Lüneburg vor Gericht, wurde zum Tode verurteilt und am 13. Dezember 1945 hingerichtet.

Quellen:
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Bezwinska, Jadwiga und Czech, Danuta: KL Auschwitz in den Augen der SS, Katowice 1981
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Segev, Tom: Die Soldaten des Bösen, Reinbek bei Hamburg 1992


KREMER, Johann P. SS-Obersturmführer
1883 - 1965
Lagerarzt vom 30. August 1942 bis 18.November 1942

Geboren in Stelberg im Rheinland in einer kleinbürgerlichen Familie. Nach einjährigem, freiwilligem Militärdienst 1909 - 1910 begann er, hauptsächlich Philosophie und Medizin zu studieren. In beiden Fächern erlangte er den Doktortitel (1919 in Medizin).
1932 wurde er Mitglied der NSDAP und 1934 der SS. 1936 schrieb er seine Habilitationsschrift über Muskelgewebe und Hunger, und wurde außerordentlicher Professor für Anatomie an der Universität Münster.

Am 30. August 1942 trat er seine Arbeit als Lagerarzt in Auschwitz an, wohin er als Vertreter eines erkrankten Arztes versetzt worden war. Schon am 2. September 1942 nahm er an seiner ersten Selektion teil. Er beteiligte sich nicht nur an zahlreichen Selektionen und Vergasungen, sondern nutzte auch die Gelegenheit, seinem Interesse für Hungerphänomene nachzugehen. Kremer untersuchte besonders ausgewählte Gefangene und ließ sie oft nach seiner Untersuchung durch Phenol ermorden, um ihre inneren Organe näher studieren zu können. In seinen Tagebüchern, die er sorgfältig führte, sprach er von "lebendfrischem Material“.
Kurze Zeit nach seiner Rückversetzung von Auschwitz ging er an die Universität zurück.

Im Juni 1945 wurde er von den Engländern verhaftet. Seine Tagebücher, die ein wichtiges Dokument darstellen, wurden beschlagnahmt. 1946 wurde er an Polen ausgeliefert und in Krakau vor Gericht gestellt, wo er am 22. Dezember 1947 zum Tode verurteilt wurde. Wegen seines Alters wurde die Strafe in lebenslängliche Haft umgewandelt.
Im Januar 1958 wurde er wegen guter Führung entlassen und in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben. Hier wurde er verhaftet und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, die ihm jedoch mit Hinweis auf die Zeit in polnischer Haft erlassen wurden. Von der Universität wurde ihm wegen seiner Tätigkeit in Auschwitz die Doktorwürde aberkannt.
Kremer trat im Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963-1965) als Zeuge auf. Er starb 1965 in Münster.

Quellen:
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Bezwinska, Jadwiga: KL Auschwitz in den Augen der SS, Katowice 1981


LIEBEHENSCHEL, Arthur SS-Obersturmbannführer
1901 - 1947
Kommandant

Geboren in Poznan, trat in ein Freikorps ein und danach in die Reichswehr. Nach 12 Jahren Dienst verließ er 1931 das Militär, trat im Februar 1932 in die NSDAP ein und wurde am 9. November 1933 Mitglied der SS.

Von Sommer 1934 bis Anfang 1936 machte er Dienst im SS-Lager Columbiahaus in Berlin. Von hier aus ging er als Adjutant ins KZ Lichtenburg, wechselte aber am 1. August 1937 in das "Inspektorat der Konzentrationslager" in Berlin, das später in das sogenannte T-Gebäude in Oranienburg in unmittelbarer Nachbarschaft zum KZ Sachsenhausen umzog. Im Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WVHA) übernahm er 1942 die Leitung des Amtes D I für die Konzentrationslager und wurde somit Stellvertreter des SS-Brigadeführers Richard Glücks, dem Chef aller Konzentrationslager.

Am 11. November 1943 löste er Höß als Kommandant in Auschwitz ab, was wesentliche Verbesserungen für die Häftlinge zur Folge hatte. Gleichzeitig wurde der Lagerkomplex in drei Lager aufgeteilt, mit jeweils eigenen Kommandanten. Standortältester war jedoch der Kommandant von Auschwitz I, dem Stammlager.
Die willkürlichen Selektionen im Bunker des Stammlagers und die darauf folgenden Massenerschießungen an der "Schwarzen Wand“ wurden eingestellt und die Wand abgerissen. Die Erschießungen gingen jedoch in einem geringeren Umfang in den Krematorien in Birkenau weiter. Die Stehzellen im Bunker wurden abgerissen und Liebehenschel gestattete die Bekämpfung des "Spitzelunwesens". Gleichzeitig gingen die Lagerselektionen deutlich zurück.
Als etwas Einmaliges in den Konzentrationslagern führte der Kommandant direkte Gespräche mit Vertretern der Widerstandsbewegung der Häftlinge. Dies brachte ein wenig Hoffnung in das Lager, aber es muss unterstrichen werden, dass es mehr denn je auch darum ging, Arbeitskräfte für die deutsche Industrie zu bewahren. Die Selektionen der ankommenden RSHA-Transporte an der Rampe in Birkenau gingen unverändert weiter. Der Massenmord an den Juden wurde unter Liebehenschel nicht reduziert.

Da Liebehenschel als weich betrachtet wurde und da er wegen seiner zweiten Ehefrau (ihr wurde vorgeworfen, früher "Rassenschande“ begangen zu haben) in Ungnade gefallen war, wurde er unmittelbar vor der "Ungarn-Aktion" abgelöst und nach Majdanek versetzt.
Nach der Evakuierung Majdaneks im Juli 1944 kam Liebehenschel am 25. August nach Triest, wo er der Dienststelle des Höheren SS- und Polizeiführers Globocnik zugeteilt wurde. Diese Versetzung könnte vielleicht auf eine Verknüpfung von Aktion Reinhard und Auschwitz hindeuten, da fast alle Mannschaften aus den Aktion Reinhard-Lagern in dieses Kommando kamen.

Liebehenschel wurde nach dem Krieg von den Amerikanern verhaftet und an Polen ausgeliefert. Er wurde mit vielen anderen Haupttätern aus Auschwitz vor das Gericht in Krakow gestellt, zum Tode verurteilt und 1948 gehenkt.

Foto:

Quellen:
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980


MENGELE, Josef SS-Hauptsturmführer
1911 - 1979
Lagerarzt

Mengele wurde in Günzburg (Bayern) als Sohn einer wohlhabenden, bürgerlichen Familie geboren. Als Student interessierte er sich besonders für Philosophie und Medizin. 1936 wurde er Arzt, ein Jahr später Mitglied der NSDAP. Seine Hauptinteressen waren Anthropologie und Genetik.
1939 trat er in die SS ein und diente ab Juni1940 als Arzt bei der SS-Division "Wiking". Von November 1940 bis Mai 1941 war er im RuSHA (Rasse- und Siedlungshauptamt) als Spezialist für Genealogie tätig. Von Juni 1941 bis Ende 1942 machte er Frontdienst und wurde u.a. mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse für Tapferkeit ausgezeichnet. Einige Monate machte er dann wieder Dienst beim RuSHA, bis er sich im Mai 1943 freiwillig nach Auschwitz versetzten ließ. Hier konnte er seinem Interesse für Zwillingsforschung, das er schon in seiner medizinischen Doktorarbeit aus dem Jahre 1938 gezeigt hatte, in einem ungeahnten Ausmaß nachgehen.

Am 30. Mai 1943 wurde er offiziell Lagerarzt im "Zigeunerlager“ und hatte somit ungehinderten Zugang zu fast unbegrenztem "Menschenmaterial“. Seine sogenannten Studien erstreckten sich über viele Bereiche der Medizin und Genetik. Sein besonderes Interesse galt der Zwillingsforschung und der Erforschung von Missgestaltungen.
Mengele bekleidete zahlreiche Posten als Arzt in Auschwitz-Birkenau. Seine enorme Energie und seine Methoden brachten ihm bald die Bezeichnung "Todesengel“ ein. Es besteht kein Zweifel, dass viele Zeugen Mengele zahlreicher Verbrechen beschuldigt haben, die er nicht begangen hatte, aber gleichzeitig muss unterstrichen werden, dass kaum ein Arzt in Auschwitz so gefürchtet war wie er. Sein Vorgesetzter, der Standortarzt Eduard Wirths, bescheinigt ihm im August 1944 "Umsicht, Ausdauer und Energie“, wahrscheinlich weil Mengele während der chaotischen Wochen im Sommer 1944 den Höhepunkt seiner Macht erlangte: Mit den Transporten aus Ungarn trafen unzählige Zwillinge ein, die er für seine anthropologischen Untersuchungen und Experimente missbrauchte. Besonders jüdische Kinder und Zigeunerkinder wurden seine Opfer, aber auch tausende Erwachsende selektierte er auf der Rampe und im Lager. Besonders berüchtigt waren seine rigorosen Metoden, den Typhus im Lager zu bekämpfen. Bei einer Gelegenheit ließ er die Insassen eines ganzen Blocks in Birkenau ins Gas schicken, damit der Block auf einmal läusefrei gemacht werden konnte.

Bis zum 17. Januar 1945, als die Evakuierung des Lagers begann, blieb Mengele in Auschwitz. Er versuchte, sein schriftliches Material zu retten, unterließ es allerdings, alles nach Befehl zu verbrennen. Er kam für einen Monat als Lagerarzt nach Gross-Rosen, danach tauchte er in einer Wehrmachtseinheit unter. Erst im Juni 1945 wurde er von den Amerikanern verhaftet, allerdings ohne erkannt zu werden. Einen Monat später wurde er daher wieder entlassen.

Bis 1948 lebte er unter falschem Namen, denn er wurde des öfteren in NS-Prozessen erwähnt. Schließlich verließ er Europa und ging 1949 nach Argentinien. In Süd-Amerika lebte er bis zu seinem Tod 1979 in mehreren Staaten, ständig auf der Flucht. Sein Verbleib nach dem Krieg und die damit verbundenen Mythen um seine Person führten schließlich erst 1992 dazu, dass ein Ärzte-Team durch DNA-Tests die Identität seiner Leiche eindeutig feststellen konnte. Mengele war durch einen Badeunfall in Brasilien ums Leben gekommen.

Quellen:
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Klee, Ernst: Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer, Frankfurt a/M 2002
Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980
Völklein, Ulrich: Josef Mengele. Der Arzt von Auschwitz, Göttingen 2000


MOLL, Otto SS-Hauptscharführer
1915 - 1946
Leiter der Krematorien in Birkenau

Seit Mai 1941 machte Moll in Auschwitz Dienst. Zuerst in den landwirtschaftlichen Betrieben, später als berüchtigter Leiter der Strafkompanie in Birkenau. In dieser Funktion war er entscheidend an den Morden in Verbindung mit der versuchten Massenflucht aus der Kompanie am 10. Juni 1942 beteiligt. Zeitweise hatte er die Führung des Sonderkommandos, das mit dem Verbrennen der Leichen in den Gruben bei den Bunkern 1 und 2 in Birkenau beschäftigt war. Sein Einsatz hier war von ausgesprochener Brutalität geprägt, aber in den Augen seiner Vorgesetzten so wertvoll, dass man ihn mit einem hohen Orden auszeichnete und auch noch zum Lagerführer beförderte. Er bekleidete diesen Posten im Nebenlager Fürstengrube von September 1943 bis März 1944.
Einige Monate, von März bis Mai 1944, war er dann Lagerführer des Nebenlagers Gleiwitz I. Von hier aus wurde er von Höß abberufen, um als Teil der neuformierten Mannschaft für die "Ungarn-Aktion" sämtliche Krematorien in Birkenau zu leiten.
Von vielen Überlebenden des Sonderkommandos wurde Moll als äußerst gefühlloser und brutaler Mensch geschildert, der sogar Kinder bei lebendigem Leibe in die offenen Leichenverbrennungsgruben geworfen hat.
Eines seiner letzten großen Verbrechen in Auschwitz war sein Mitwirken bei der Ermordung von 210 Mitgliedern des Sonderkommandos am 23. September 1944. Man hatte ihnen gesagt, dass sie nach Gleiwitz sollten, was ja Sinn machte, da sie wussten, dass Moll dort Lagerführer gewesen war. Statt dessen wurden sie unter Molls Teilnahme in ein Entlausungsgebäude in "Kanada I" beim Stammlager geführt und vergast. Dieser Mord führte u.a. dazu, dass das Sonderkommando in Birkenau beschloss, bei der nächsten Selektion im Kommando einen Aufstand zu unternehmen, was dann auch am 7. Oktober 1944 geschah.

Nach der "Ungarn-Aktion" in Auschwitz ging er auf seinen Posten in Gleiwitz zurück. Nach Moll wurde ein Plan zur Zerstörung des Komplexes von Auschwitz und der Ermordung der restlichen Häftlinge im Falle einer Evakuierung benannt. Moll hatte die Bombardierung des Lagers durch die Luftwaffe vorgesehen. Dieser "Moll-Plan“ kam jedoch nicht zum Tragen.
Moll setzte auch nach der Evakuierung von Auschwitz seine Tätigkeit als Massenmörder fort und zwar sowohl in Ravensbrück als in Sachsenhausen. Es ist anzunehmen, dass er mit seiner kleinen Gruppe aus Gaskammerspezialisten zwischen Sachsenhausen und Ravensbrück hin und her pendelte. In beiden Lagern leitete er sowohl Vergasungen als auch Massenerschießungen von Häftlingen in den letzten Kriegsmonaten.

Gegen Ende des Krieges kam Moll nach Dachau und leitete u.a. die Evakuierung des Außenlagers Kaufering II. Für Verbrechen in diesen letzten Lagern wurde er von einem amerikanischen Gericht in Dachau 1945 zum Tode verurteilt und am 28. Mai 1946 in Landsberg gehenkt.

Quellen:
Morsch, Günter (Hrsg.): Mord und Massenmord im Konzentrationslager Sachsenhausen 1936 –1945. Berlin 2005
Strebel, Bernhard: Das Konzentrationslager Ravensbrück. Paderborn 2003
Langbein Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980
Bezwinska, Jadwiga und Czech, Danuta: KL Auschwitz in den Augen der SS, Katowice 1981


PALITZSCH, Gerhard SS-Hauptscharführer
1913 - ?
Rapportführer im Stammlager

Palitzsch machte zuerst Wachdienst in den Konzentrationslagern Lichtenburg, Buchenwald und Sachsenhausen, wo er Blockführer war. Von hier aus wurde er 1940 nach Auschwitz versetzt, wo er am 20. Mai mit 30 Häftlingen aus Sachsenhausen, die als Funtionshäftlinge eingesetzt werden sollten, ankam. Er wurde der erste Rapportführer und übte schon als solcher umfassenden Terror aus. Er nahm außerdem häufig an den Erschießungen an der "Schwarzen Wand“ teil. Wie viele andere SS-Angehörige bereicherte er sich an dem geraubten Besitz der Opfer, weshalb auch Untersuchungen wegen Diebstahls und Korruption gegen ihn eingeleitet wurden. Es ist anzunehmen, dass seine Versetzung im Herbst 1943 ins Außenlager Brno (Brünn), dessen Leiter er wurde, als Strafversetzung zu betrachten ist.
In Auschwitz kursierten mehrere Gerüchte darüber, dass Palitzsch nach dem Tod seiner Frau, die mit ihm nach Auschwitz gekommen war, Verhältnisse zu weiblichen Häftlingen (u.a. im "Zigeunerlager“) hatte. Kurz nach seiner Abkommandierung nach Brno wurde er verhaftet und selbst in den Bunker im Block 11 gesteckt.
Palitzsch wurde wegen "Rassenschande“ und Diebstahl zum Tode verurteilt, jedoch begnadigt und in eine Bewährungseinheit gesteckt. Fest steht, dass er am 1. Juni 1944 aus der SS ausgeschlossen wurde. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt; er soll bei den Kämpfen um Budapest gefallen sein.

Unter den vielen Aussagen über Palitzsch sollen drei typische erwähnt werden, da sie das generelle Bild eines Mörders unter vielen verdeutlichen:
In einem herausgeschmuggelten Brief der Widerstandsbewegung wird er "der größte Lump von Auschwitz“ genannt.
Sein Kollege, Perry Broad, schreibt über ihn in seinem Bericht, dass "er es genossen hat, an den Massenerschießungen teilzunehmen.“
Höß, der mit Kritik gegenüber seinen Mitarbeitern nicht zurückhaltend war, schreibt in seinen Erinnerungen:
Palitzsch war die gerissenste und verschlagenste Kreatur, die ich während meiner langen, vielseitigen Dienstzeit bei den verschiedenen KL kennengelernt habe. Er ging buchstäblich über Leichen, um seine Machtgelüste zu befriedigen.

Quellen:
Bezwinska, Jadwiga und Czech, Danuta: KL Auschwitz in den Augen der SS, Katowice 1981
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980


SCHUMANN, Horst
1906 - 1983
Lagerarzt in Auschwitz

Schumann wurde als Sohn eines nationalistisch-konservativen Arztes in Halle geboren.
1930 wurde er noch während seiner Studienzeit Mitglied der Partei, und 1932 trat er in die SA ein. 1933 wurde er Dr. med. und fing beim Gesundheitsamt Halle an zu arbeiten, bis er 1939 zur Luftwaffe eingezogen wurde. Im selben Jahr, wenige Monate nach Kriegsausbruch, wurde er von Victor Brack (von T4) aufgefordert, seiner Euthanasieorganisation beizutreten. Nachdem er sich nach kurzer Bedenkzeit bereit erklärt hatte, ging Schumann 1940 als Anstaltsleiter nach Grafeneck in Württemberg.
Noch im Frühsommer 1940 wurde er in eine andere Tötungsanstalt versetzt und wurde Direktor der Anstalt Sonnenstein bei Dresden. Schumann hatte überhaupt keine psychiatrische Ausbildung, er war nur kurze Zeit zur einer Art "Fortbildung“ beim medizinischen Leiter der T4, Dr. Werner Heyde, in Würzburg.

Schumann gehörte auch zur der Ärztekommission, die im Rahmen der "Aktion 14f13" durch die Konzentrationslager reiste, um besonders Arbeitsunfähige und schwache Häftlinge auszusuchen und sie in die Tötungsanstalten zu schicken, wo sie vergast wurden. In Verbindung damit kam Schumann am 28. Juli 1941 zum ersten Mal nach Auschwitz. Er selektierte 575 Häftlinge, die alle aus dem sogenannten "Schonungsblock" kamen, wo besonders schwache Häftlinge untergebracht waren. Anschließend wurden sie nach Sonnenstein gebracht und vergast.

Am 2. November 1942 kam Schumann wieder nach Auschwitz, aber diesmal in einer anderen Funktion. Schumann, der jetzt Oberleutnant der Luftwaffe war, gehörte nicht zur Garnison Auschwitz, sondern arbeitete wieder für Victor Brack und wurde kräftig von Himmler unterstützt.
Jetzt wollte er Sterilisationsversuche an Männern und Frauen durchführen. Diese Versuche sollten dazu dienen, eine geeignete Methode zur Massensterilisierung von unterdrückten Völkern zu finden, damit man ihre Arbeitskraft ausnutzen konnte und gleichzeitig verhinderte, dass sie sich vermehren. Im Block 30 im Frauenlager, B Ia in Birkenau, wurde eine Versuchsstation eingerichtet, in der Schumann die Verwendung von Röntgenstrahlen als Sterilisationsmittel erprobte. Er führte auch Kastrationen im Stammlager durch; zuerst im Block 21, später im Versuchsblock Nr. 10, wo auch Clauberg an seinen Sterilisationen arbeitete.

Schumann suchte sich seine Versuchspersonen teilweise selbst aus, hauptsächlich sehr junge, jüdische Männer und Frauen, die er dann einer starken Bestrahlung der Hoden bzw. der Eierstöcke aussetzte. Um die richtige Bestrahlung herauszufinden, musste Schumann verschiedene Strahlungszeiten und Strahlungsdosen verwenden. Dies führte bei vielen Opfern zu schweren Verbrennungen und sehr gefährlichen Schäden an den inneren Organen. Nicht nur mussten sie nach den schmerzerzeugenden Behandlungen sofort wieder arbeiten, viele von ihnen wurden sogar mehrmals bestrahlt. Um einen Erfolg bei den Männern festzustellen, brauchte Schumann Samenproben, die auf unglaublich erniedrigende und schmerzhafte Weise erzwungen wurden.
Bei vielen Versuchspersonen wurde ein Hoden, bei den Frauen ein Eierstock operativ enfernt und zur Untersuchung an die Universität Breslau geschickt. Die Versuchspersonen mussten oft sehr lange im Krankenrevier bleiben, da die Wunden nicht heilen wollten; unter anderem wegen Entzündungen, die dadurch entstanden, dass die Instrumente nicht gereinigt wurden. Nach einiger Zeit wurden sie dann ins Lager entlassen und mussten normal arbeiten. Allein dies hat zu zahlreichen Todesfällen geführt, da viele Versuchspersonen bei Lagerselektionen durch ihre Wunden auffielen und deshalb in die Gaskammer geschickt wurden.
Bei den operativen Kastrationen wirkten auch Häftlingsärtze mit, weil Schumann keinerlei chirurgische Kenntnisse hatte. In einem Bericht des Leiters der chirurgischen Abteilung im Stammlager für die Periode 15. September bis 15. Dezember 1943 sind allein 106 chirurgische Kastrationen aufgezeichnet. Man muss dabei bedenken,das solche Eingriffe auch im Häftlingskrankenbau in Birkenau (B IIf) durchgeführt wurden. Es ist nicht bekannt, wie viele Häftlinge Schumanns Experimenten zum Opfer fielen, aber eine Zahl von ungefähr 1.000 ist anzunehmen. Der Häftling, der den Röntgenapparat montiert und bedient hatte, wurde als "Geheimnisträger“ im Januar nach Mauthausen gebracht und dort erschossen.

Nachdem er Himmler seine recht negativen Ergebnisse gemeldet hatte (die Röntgenmethode war nach Schumann zu aufwändig, als dass sie sich lohnte), verließ er Auschwitz im Frühjahr1944. Was er danach machte, ist nicht klar. Vermutlich hat er weiterhin Opfer für Vergasungen selektiert. Er soll bei einer Feier in Hartheim bei bei Linz gesehen worden sein. Fest steht jedoch, dass er, obwohl er Himmler von Sterilisationen durch Röntgenstrahlung abgeraten hatte, seine Versuche in Ravensbrück fortsetzte.
Nach seinen eigenen Angaben kam er im Januar 1945 als Truppenarzt zur Wehrmacht.

Im Oktober 1945 tauchte er in Gladbeck auf, wo sich seine Frau bereits befand. Hier wurde er kommunaler Sportarzt. Im April 1945 meldete er sich beim Einwohnermeldeamt unter seinem richtigen Namen, was schon ein Risiko war, weil sein Name bereits im Nürnberger Ärzteprozess gefallen war.

1949 eröffnete er seine eigene Praxis. Erst 1951 wurden die Behörden auf Schumann, der die ganze Zeit unter seinem richtigen Namen gelebt hatte, aufmerksam: Er hatte einen Jagdschein beantragt und war deshalb routinemäßig überprüft worden. Dabei stellte es sich heraus, dass es einen Haftbefehl gegen ihn gab. Es ist allerdings zu vermuten, dass die Behörden selbst Schumann vor einer Verhaftung warnten. Als zwei Kriminalbeamte ihn am 26.Februar 1951 sprechen wollten, war er verschwunden.
Weil er keinen Pass hatte, beantragte er 1954 (nach 3 Jahren als Schiffsarzt - eigene Aussage) in Japan einen deutschen Pass, den er schließlich: unter seinem richtigen Namen erhielt.
1955 tauchte Schumann in Ägypten und dem Sudan auf. Dann ging er nach Ghana, wo er unter dem Schutz vom Staatschef Nkrumah stand, und wo er auch alte Bekannte traf. So z.B. den Chemiker der Kanzlei des Führers, Dr. Helmut Kallmeyer, der sehr eng mit T4 verbunden gewesen war und auch in Lublin, dem Hauptquartier der Aktion Reinhard, Dienst gemacht hatte.
Nach Nkrumahs Sturz wurde Schumann im November 1966 an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert.
Am 23. September 1970 begann in Frankfurt /M. der Prozess gegen Schumann. Am 10. März 1971 erlitt er allerdings einen Kollaps und wurde ins Krankenhaus gebracht. Möglicherweise war der Kollaps fingiert. Schumann wurde in der Universitätsklinik untersucht, und man meinte hier, dass er verhandlungsunfähig sei.
Am 14. April wurde das Verfahren vorläufig eingestellt. Am 29. Juli 1972 wurde Schumann aus dem Gefängnis entlassen. Schumann, der so sehr unter hohem Blutdruck litt, dass er nicht vor einem Gericht erscheinen konnte, lebte bis Mai 1983 in Frankfurt.

Quellen:
Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/ M 1980
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Klee, Ernst: Was sie taten und was sie wurden, Frankfurt a/M 1986
Dlugoborski, Waclaw und Piper, Franciszek: Auschwitz 1940-1945, I-V, vol. II, Oswiecim 1999


SCHWARZHUBER, Johann SS-Obersturmführer
1904 - 1947
Schutzhaftlagerführer in Birkenau

Schwarzhuber stammte wie viele andere leitende SS-Männer, die bedeutende Karriere in den Konzentrationslagern machten, aus Bayern. Im März 1933 trat er in die SS ein. Er fing seine Laufbahn 1933 in Dachau an, wo er zuerst in der Wachmannschaft, später als Blockführer Dienst tat. 1938 ging er nach Sachsenhausen, wo er Rapportführer wurde.
Im September 1941 wurde er nach Auschwitz versetzt und wurde schon im März 1942 zum Lagerführer des Männerlagers in Birkenau ernannt. Schwarzhuber blieb bis November 1944 in Birkenau. Wahrscheinlich hatte er im Frühjahr 1944, als die großen Umbesetzungen als Vorbereitung auf die "Ungarn-Aktion" vorgenommen wurden, gehofft, dass er Kommandant von Birkenau werden könnte; der Posten ging jedoch an Josef Kramer.

Schwarzhuber wird von Überlebenden sehr unterschiedlich beschrieben. Er konnte gefühllos Tausende in den Tod schicken, aber auch alles versuchen, einige Wenige zu retten. So z.B. während der Liquidierung des "Theresienstädter Familienlagers“, worüber ihm nachgesagt wird, dass er ungefähr 78 Kinder vor dem sicheren Tod rettete, indem er sie ins Männerlager brachte. Zeugen haben Schwarzhuber oft betrunken bei Selektionen gesehen, und man erzählt von seiner Vorliebe für Musik. Einmal soll bei seinem Geburtstag die Lagerkapelle ein kleines Konzert für ihn veranstaltet haben. Seine Ehefrau und ihre zwei Kinder wohnten dem Konzert bei.

Im November 1944 wurde er erneut nach Dachau versetzt und bekam die Verantwortung für einige Nebenlager. Am 12. Januar 1945 wurde er als Schutzhaftlagerführer nach Ravensbrück versetzt. Hier hatte er die direkte Verantwortung für die Vergasungen in den letzten Monaten des Bestehens dieses Lagers.
Unmittelbar nach der Befreiung des Lagers am 29. April 1945 wurde Schwarzhuber verhaftet. Im Ravenbrück-Prozess wurde er zum Tode verurteilt und am 3. Mai 1947 gehenkt.

Foto: Auschwitz Museum

Quellen:
Langbein, Hermann: Menschen in Auschwitz, Frankfurt a/M 1980
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005
Tillion, Germaine: Frauenkonzentrationslager Ravensbrück, Lüneburg, zu Klampen, 1998


THILO, Heinz SS-Hauptsturmführer
1911 - 1945
Lagerarzt in Birkenau

Mitglied der NSDAP im Dezember 1930. Eintritt in die SS 1934. Er vollendete sein Medizinstudium 1935 in Jena und arbeitete dann hauptsächlich als Frauenarzt bei der "Organisation Lebensborn" (April 1938 bis Ende 1941).
Fronterfahrung machte er 1942 sechs Monate lang, bis er im Juli desselben Jahres nach Auschwitz kam.

Thilo war von November 1942 bis Oktober 1944 verantwortlicher Arzt für den Häftlingskrankenbau in Birkenau. Laut Dr. Johann Kremer soll Thilo Auschwitz als "anus mundi“ (Arsch der Welt) bezeichnet haben (Eintrag in Kremers Tagebuch vom 5. September 1942). Thilo gehörte zu den Ärzten, die sehr häufig Rampendienst machten. Nicht nur hier nahm er an zahlreichen Selektionen teil, sondern auch in den Blocks des Häftlingskrankenbaus, wo er sich Opfer für die Gaskammern aussuchte. Außerdem wirkte er bei der Liquidierung des "Theresienstädter Familienlagers" am 8. März 1944 mit, bei der 3.791 Juden in den Gaskammern ermordet wurden.

Im Oktober 1944 wurde er nach Gross-Rosen versetzt, wo er bis Februar 1945 als Lagerarzt Dienst machte. Kurz vor der Befreiung des Lagers setzte er sich ab. Am 13. April 1945 beging er in Hohenelbe Selbstmord.

Foto: Yad Vashem

Quellen:
Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Dixon, Jeremy: Commanders of Auschwitz, Atglen 2005


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