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Gaskammern


Letztes Update 19. Dezember 2005





Zyklon
Eine Gaskammer ist eine Tötungseinrichtung, in der ein tödliches Gas in einen gasdichten Raum eingeleitet wird. In den Gaskammern der Nazis wurden Kohlenmonoxid (CO) oder Blausäure (HCN) verwendet. Das Kohlenmonoxid wurde aus Gasflaschen (in den Euthanasie-Anstalten in neben den Gaskammern gelegenen Räumen stationiert, in den nur kurz verwendeten Vergasungs-Anhängern im Traktor gelagert) eingeleitet oder von Kfz- bzw. Panzer-Benzinmotoren produziert *.
Die Blausäure wurde von der Firma Degesch unter dem Handelsnamen "Zyklon B" geliefert. Die das Giftgas abgebende Substanz bestand aus weißlich-blauen Kristallen, die in Blechdosen verpackt war und ursprünglich als Insektizid zur Entlausung von Kleidung verwendet worden war. "Zyklon B" verdampft sofort, wenn es an die Luft kommt bzw. wenn der Behälter geöffnet wird. Blausäuregas ist sechsmal giftiger als Chlorgas, 34mal giftiger als Kohlenmonoxid und 750mal giftiger als Chloroform. 1 mg dieser Substanz pro kg Körpergewicht ist tödlich.

Die ersten Nazi-Gaskammern zum Töten von Menschen wurden in Deutschland, Österreich und Polen als wesentlicher Bestandteil des Euthanasie-Programmes ("Aktion T4") eingerichtet. In Deutschland und Österreich benutzte man Gas aus Stahlflaschen, in Polen verwendete man die Abgase von Benzinmotoren.

Die ersten Massenvergasungen an Nicht-Deutschen gab es im Oktober 1939 im Fort VII in Poznan (Posen), wo Patienten der Heilanstalt in Owinska in einer kleinen Gaskammer ermordet wurden. Später ging man dazu über, die Behinderten anderer polnischer Heime in Gaswagen und Gasanhängern zu ermorden. Diese Morde wurden vom "SS-Sonderkommando Lange" ausgeübt.
Ab Januar 1940 wurden Gaskammern in sechs Euthanasie-Anstalten in Deutschland und Österreich (Hartheim) eingerichtet, nachdem Viktor Brack, Chef des Euthanasieprogrammes, entschieden hatte, Kohlenmonoxidgas zum Töten von Behinderten zu verwenden.

Später, nachdem über den Vollzug der "Endlösung der jüdischen Frage" entschieden worden war, wurde die Tötung mittels Gaswagen und Gaskammern auch in den besetzten Gebieten im Osten Europas eingeführt. Dies auch deswegen, um den Männern, die die Exekutionen auszuführen hatten, den Stress zu erleichtern.
Mindestens 15 Gaswagen wurden an die Einsatzgruppen ausgeliefert.

Nach einigen Experimenten mit "Zyklon B" im August 1941 fanden am 2./3. September 1941 erste Massenvergasungen in Auschwitz statt, im Keller von Block 11 im Stammlager. Wenig später, im Frühherbst 1941, wurde die erste Vergasung in der Gaskammer des Krematoriums I (Auschwitz Stammlager) durchgeführt.

Im November 1941 wurde das Vernichtungslager in Chelmno eingerichtet, wo man Gaswagen benutzte, um die Juden des Ghettos Lodz und seiner Umgebung zu vernichten.

Im März 1942 wurden stationäre Gaskammern im Vernichtungslager Belzec gebaut. Nach einigen Versuchen mit Gasflaschen (Kohlenmonoxid) und Motorabgasen entschied die SS, die drei primitiven Gaskammern mit den Abgasen eines großen Benzinmotors zu betreiben. Diese Gaskammern waren Prototyp für die größeren Gaskammern in den Vernichtungslagern der "Aktion Reinhard": Sobibor (Mai 1942) und Treblinka (Juli 1942).
Die Massentötungen mit Gas (Aktion Reinhard) erreichten ihren Höhepunkt in Treblinka, wo 10 Gaskammern gleichzeitig in Betrieb waren und bis zu 2.500 Menschen innerhalb von einer Stunde vergast werden konnten.

Die nackten Opfer wurden gezwungen, mit erhobenen Armen die Gaskammern zu betreten und sich so zusammen zu drängen, dass die maximale Anzahl an Körpern die Räume füllten. Babys wurden zusätzlich auf die Menge geworfen. Diese Methode war wohl überlegt, denn das Gas konnte umso effektiver wirken, je weniger Luft sich in einer Gaskammer befand. Daher hatte die perfekte Gaskammer auch eine möglichst niedrige Decke, etwa 2 m hoch.
Um Panik zu vermeiden, waren die meisten Nazi-Gaskammern als Duschräume getarnt. Schilder wurden angebracht, die die meist ahnungslosen Opfer nach den "Bade- und Inhalationsräumen" leiteten, oder "zum Bad". Zusätzlich brachten die Nazis Dusch-Attrappen an der Decke der Gaskammern an oder verteilten sogar Stücke von Seife (in Auschwitz und Chelmno) am Eingang zu den Gaskammern bzw. den Gaswagen in Chelmno. Der Hinweis an die Opfer, sich die Registrierungsnummer ihrer eingesammelten Wertsachen zu merken, bewirkte ein Übriges.

Sowohl fahrbare Gaskammern (Gaswagen und Gas-Anhänger) als auch stationäre Gaskammern mussten nach einer Vergasung gereinigt werden, um die Spuren des Mordens zu beseitigen. Dies geschah durch jüdische Sonderkommandos, die die meist eng ineinander verwundenen und mit Blut und Ausscheidungen beschmutzten Leichen aus den Kammern ziehen mussten. Zur Beschleunigung dieser furchtbaren Arbeit waren die Gaskammern der "Aktion Reinhard" mit großen Außentüren (2 m breit, ähnlich einer hochklappbaren Garagentür) ausgestattet, während die Eingangstüren nur 1 m breit waren.
Die Gaskammern hatten einen nach außen abfallenden Fußboden, der das Säubern erleichterte, während die nächsten Opfer bereits warteten.

Die meisten Gaskammern der Euthanasie-Anstalten blieben nach dem Kriegsende erhalten, die Gaskammern der "Aktion Reinhard"-Lager wurden jedoch zerstört. Die Gaskammern in Auschwitz-Birkenau wurden von der SS gesprengt. Gaskammern anderer KZs kann man z.T noch heute besichtigen.

* Benzinmotoren (ein Beitrag des Historikers Peter Witte):
Rudolf Reder, der einzige bekannte Überlebende des Vernichtungslagers Belzec, trug jeden Tag (nach eigener Aussage von 1944 gegenüber der Sonderkommission zur Untersuchung von Nazi-Verbrechen, zuerst (1946) veröffentlicht in Krakau) 4-5 Kanister Benzin (kanistry benzyny) zum Motorraum der Gaskammer. Dort befand sich die Maschine (maszyna / motor pedzony benzyna), ein Benzinmotor. Seine Aussage wurde erhärtet von dem polnischen Elektriker Kasimierz Czerniak, der 1942 half, den Motorraum einzurichten. Er beschreibt einen Benzinmotor mit etwa 200 oder mehr PS, von dem die Abgase durch Bodenrohre abgeleitet wurden (18. November 1945).

Verwirrung wurde verursacht durch die Frage, ob Diesel- oder Benzinmotoren verwendet worden sind. Ein Dieselmotor kommt nicht in Frage, weil Diesel auf polnisch olej napedowy heißt.
Die Theorie, dass Dieseltreibstoff in den Gaskammern von Belzec verwendet worden ist, beruht auf der Aussage von Kurt Gerstein (1945), der den Motor nicht gesehen sondern nur gehört hat. Daher wurde ein Dieselmotor zur Vergasung Bestandteil der Geschichte dieser Lager, allerdings ohne weitere Bestätigung durch andere Zeugenaussagen.

Der Fall Sobibor ist sogar noch unstrittiger. Hier bestätigten sogar drei ehemalige "Gasmeister" (Erich Bauer, Erich Fuchs und Franz Hödl), die nun wirklich die Gegebenheiten gekannt haben mussten weil sie alle an demselben Motor "gearbeitet" haben, vor Gericht, dass es sich definitiv um einen Benzinmotor gehandelt hat. Bauer und Fuchs, berufsmäßige Kfz-Mechaniker, stritten vor Gericht lediglich darüber, ob es sich um einen Renault-Motor oder um einen schweren russischen Panzermotor (Panzer- oder Zugmaschinenmotor) mit mindestens 200 PS gehandelt hat. Sie stritten sich ebenfalls darüber, ob die Zündung durch einen Starter oder einen Magneten erfolgt war, was Dieselmotoren nicht haben als Selbstzünder (der berühmte russische T 34 Panzer hatte ursprünglich einen Benzinmotor. Die Dieselversion wurde später eingeführt und war seltener).

In allen "Aktion Reinhard"-Lagern wurden Dieselmotoren in Motorenräumen benutzt, doch sie waren kleiner (belegt: 15 PS Motoren / 220 Volt/ 20 Ampere) und dienten zur Erzeugung von elektrischer Energie. Dieser Umstand mag der Grund gewesen sein für die Verwirrung hinsichtlich der wirklichen Nutzung der Benzinmotoren.

Auch für das Vernichtungslager Chelmno und seine Gaswagen trifft dasselbe zu: unzweifelhaft wurden Benzinmotoren für die Vergasungen verwendet.
Walter Burmeister, Gaswagenfahrer, erwähnte mittelschwere Renault-Lastwagen mit Otto-Motoren. Lagerchef Walter Piller beschrieb den Tötungsprozess mit "Gasen, die durch Benzinmotoren produziert wurden". Polnische Mechaniker, denen befohlen worden war, einen Gaswagen zu reparieren, beschrieben genau den großen Benzinmotor und dessen Verbrauch: "Der Motor dieses Wagens brauchte 75 Liter Benzin auf 100 km, das ist der zweifache Verbrauch eines normalen Motors."

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