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Die Gaskammer in Grafeneck


Letztes Update 11. Juli 2006





Schloss Grafeneck
Am 24. Mai 1939 fand ein erster Besuch durch T4-Angehörige statt. Sie wollten herausfinden, ob das Gebäude für das Euthanasieprogramm geeignet ist. Am 14. Oktober wurde das Schloss von T4 konfisziert. 10 bis 15 Handwerker aus umliegenden Dörfern begannen, das Gebäude in ein Euthanasie-Mordzentrum umzubauen.

Die Gaskammer
300 m vom Schloss entfernt wurden mehrere Baracken gebaut, umgeben von einem bis zu 4 m hohen Bretterzaun. Im 1. Stock des Schlosses wurden folgende Einrichtungen geschaffen: Unterkünfte und Büros für Ärzte, eine Registratur, eine Polizeistation und ein Büro bzw. Standesamt für Todesbescheinigungen, Beileidsbriefe etc. Im 2. Stock baute man Schlaf- und Wohnräume für das Personal.
Das eigentliche Mordzentrum war eine 68x7 m große Baracke mit mehreren Räumen. Im größten Raum wurden 100 Betten aufgestellt, bedeckt mit Stroh. In der hölzernen Garage waren drei große Busse für den Transport der Opfer und ein Krankenwagen untergebracht. Zwei mobile Krematoriumsöfen befanden sich in einer anderen Baracke. Später entfernte man das Dach dieser Baracke, weil die Hitzeentwicklung der im Dauerbetrieb brennenden Öfen zu groß war und sich sogar die umliegenden Bäume schwarz färbten. Die einem Duschbad nachempfundene Gaskammer konnte bis zu 75 Menschen aufnehmen.
Ein runder Pferdestall, 15 m im Durchmesser, diente möglicherweise als Lagerraum für zur Verbrennung bestimmte Leichen. Am Fuße des Berges, an der Zufahrtstraße, verwehrte ein hoher Bretterzaun und ein Wachhäuschen den Zutritt. Das gesamte Gelände wurde durch einen Stacheldrahtzaun abgesperrt und von Wachposten mit Hunden kontrolliert.

Grafeneck Karte.
Karte
Mitte November 1939 trafen SS-Männer, Büropersonal und andere T4-Leute ein, Anfang Januar 1940 etwa 25 Pflegerinnen und Pfleger. Mitte Januar wurden die Öfen geliefert, so dass am 18. Januar 1940 ein erster Transport von 25 Behinderten aus Eglfing-Haar bei München unter der Leitung von Dr. Horst Schumann ermordet werden konnte. Schumann war Aktion T4 Mitglied seit Anfang Oktober 1939, nach einer Besprechung mit Viktor Brack in der Kanzlei des Führers. Ab Frühsommer 1940 wurde er versetzt an die T4-Anstalt Sonnenstein in Pirna bei Dresden. Seine Nachfolger wurden Dr. Ernst Baumhardt und schließlich Dr. Günther Hennecke.
Büroleiter in Grafeneck wurde Kriminalkommissar und SS-Obersturmführer Christian Wirth. Er überwachte auch die ersten Vergasungen. Später wurde er Inspekteur der Vernichtungslager der Aktion Reinhard.

Aussage von Dr. August Becker (Chemiker und Giftgasflaschenlieferant für T4, in seiner Vernehmung am 4. April 1960):
"... Etwa 14 Tage später, noch im Monat Januar 1940, lieferte ich nach der Heilanstalt Grafeneck in Württemberg auch einige der Gasflaschen um dort ebenfalls ein(en) Anfangsversuch zu machen.
In Grafeneck befand sich bereits Dr. Schumann, der auch in Brandenburg dabei war wie mir jetzt einfällt. In Grafeneck spielte sich das gleiche ab wie in Brandenburg, auch einen besonders hergerichteten Bau mit zwei transportablen Verbrennungsöfen. In Grafeneck habe ich die Leitung und die Unterrichtung des Bedienungspersonals durchgeführt. Ich hatte dort die Leitung bei ein oder zwei Versuchen, nachher konnte es Dr. Schumann in eigener Zuständigkeit allein ausführen...
Im Anschluß an die Einführung in Grafeneck ging es etwa 10 Tage später (nach) Hartheim bei Linz...
Ich möchte die Sache mit Grafeneck wie folgt schildern: Etwa Ende Januar 1940 kam ich von Brandenburg mit den Gasflaschen nach Grafeneck um die dortige Anstalt in Betrieb zu setzen. Dr. Baumhard sollte die Anlage bedienen. Dies gelang ihm aber nicht, das Gas zischte laut in den "Duschraum" hinein, so daß man es hören konnte. Die Manometer wurden unruhig und die Delinquenten in der Zelle drohten unruhig zu werden. Ich begab mich an den Manometer und bediente die Gasanlage und zwar derart, daß ich die Ventile zudrehte, so daß eine kleinere Menge Gas einströmte, die Zelleninsassen wurden ruhig und anschliessend getötet. Ich habe auf diese Weise persönlich etwa 20 Menschen durch Gas getötet. Das ist der eine Fall in dem ich die Anlage persönlich bediente und die Tötung der Menschen herbeiführte.
"

Das Morden dauerte bis zum 13. Dezember 1940. Nun waren entsprechend der Planung alle Behinderten aus dem Einzugsgebiet von Grafeneck getötet worden. Einige T4-Männer gingen in Urlaub, andere wurden nach Hadamar versetzt, der Rest blieb im Schloss, um alle Spuren zu verwischen.
10.824 Menschen wurden in Grafeneck vergast und anschließend verbrannt.

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