Der Vernichtungsbereich in Treblinka, auch "Oberes Lager" genannt (wegen des ansteigenden Geländes), lag
im südöstlichen Teil des Lagers. Hier fand der eigentliche Massenmord und die Beseitigung der Leichen statt.
Die alten Gaskammern
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Grundriss Alte Gaskammern |
Während der Anfangsmonate des Lagers gab es nur ein Gebäude mit drei Gaskammern, jede 5 x 5 m groß
und 2,60 m hoch, ähnlich der ersten Gaskammern in
Sobibor. In einem Anbau am Gaskammergebäude stand der
Benzinmotor, der das tödliche Kohlenmonoxiggas produzierte, das durch Rohre in die Gaskammern geleitet wurde.
Ein Dieselgenerator lieferte dort auch den Strom für das gesamte Lager.
Die Eingangstüren zu den Gaskammern lagen entlang eines Korridores, der sich aus dem Raum zwischen einem
Holzzaun und der Längswand des Gebäudes ergab. Jede Tür war 1,80 m hoch und 0,90 m breit. Sie
konnten luftdicht verschlossen und von außen verriegelt werden. An der gegenüber liegenden Seite waren
jeweils die ebenfalls luftdichten Entladungstüren. Sie waren 2,50 m breit und 1,80 m hoch, aus starken Holzbalken
gezimmert und konnten hochgeklappt werden. Die Wände der Kammern waren bis zu etwa 1,60 m Höhe mit weißen
Kacheln verkleidet. An den Decken täuschten Duschköpfe und Rohre einen Baderaum vor. Statt Wasser
strömte allerdings Giftgas aus diesen Installationen. Es gab keine Beleuchtung in den Kammern. Das Gebäude
hatte ein flaches Dach mit einem vergittertem Fenster darin.
Nach einer Vergasung klappte das Sonderkommando die Entladungstüren hoch, stützte sie mit Balken ab,
holte die Leichen heraus und übergab sie den Juden des Grubenkommandos.
Durch die beschränkte Kapazität der drei Gaskammern kam es im
August 1942
zu chaotischen Zuständen im "Oberen Lager". Die eintreffenden Opfer waren zu zahlreich, und die Leichen wurden
nicht "sachgerecht" vergraben.
Globocnik entließ daraufhin den
Lagerkommandanten
Eberl und bestimmte
Stangl
zu dessen Nachfolger.
Wirth "räumte auf", und die Transportzüge wurden
so lange ausgesetzt, bis ein "normaler" Ablauf des Massenmordes gewährleistet werden konnte.
Jan Sulkowski, einer der am Bau der alten Gaskammern beteiligten Maurer, sagte aus:
"
SS-Männer sagten, es sollte ein Bad werden. Doch später, als das Gebäude fast
fertig war, bemerkte ich, dass es eine Gaskammer werden sollte. Indizien dafür waren eine Spezialtür aus
dickem Stahl, die mit Gummi abgedichtet war, mit einer Schraube verschlossen werden konnte und in einen Eisenrahmen
eingesetzt wurde sowie der Einbau eines Motors in einem der Räume, von dem drei Eisenrohre durch das Dach
in die drei anderen Räume gingen. Ein Spezialist aus Berlin brachte die
Kacheln in den Räumen an und sagte mir, dass er woanders bereits eine ähnliche Kammer gebaut hatte."
Abraham Krzepicki wurde am
25. August 1942 nach
Treblinka deportiert. Im
Dezember 1942 und
Januar 1943
äußerte er sich gegenüber
Rachel Auerbach:
"
Ich kannte schon das ganze Lager. Am nächsten Morgen wurden 15 Männer, mich
eingeschlossen, aus unserer Gruppe heraus geholt und wieder nach dem Gaskammergelände eskortiert. Diesmal
hatte man einen anderen Auftrag für uns. Uns wurde befohlen, beim Mauern eines neuen Gebäudes zu helfen.
Einige meinten, dies würde ein Krematorium für die Vergasten werden, weil das Begraben zu viel Platz
erfordere. An dem Tag sollte ich ganz nah am fünften und letzten Teil des Lagers sein. Die meisten Gebäude
im Lager waren aus Holz. Die Gaskammern und das neue Gebäude, das zu der Zeit noch im Bau war, und zu dem wir
als Bauhelfer abkommandiert waren, waren aus Ziegelsteinen.
Das längliche, nicht zu große Gebäude, in der Mitte des Todeslagers stehend, übte eine
seltsame Faszination auf mich aus: dies war also die Gaskammer. Bevor ich den Ort verließ, musste ich aber noch
einen flüchtigen Eindruck von diesem schrecklichsten Teil des Lagers gewinnen können, wo das finstere
Verbrechen an den Juden verübt wurde.
Ich war schon mehrmals ganz nah herangekommen, als ich und andere Wasser für den Kalk und Lehm vom Brunnen
holte, der direkt neben dem Gebäude war. Als wir vom Mittagessen zurück kamen und unsere Kolonne eine Weile
anhielt, schlich ich mich zur offenen Tür der Gaskammer. Ich denke, ich hatte schon erwähnt, dass dieses
Gebäude von Bäumen umgeben war. Nun bemerkte ich, dass ein grünes Drahtnetz über das flache
Dach des Gebäudes gespannt war. Seine Enden gingen etwas über die Wände hinaus. Das könnte ein
Schutz gegen Luftangriffe gewesen sein. Unter dem Netz, auf dem Dach, sah ich ein Gewirr von Rohrleitungen.
Die Wände des Gebäudes waren mit Beton verputzt. Die Gaskammer war eine Woche nicht in Betrieb gewesen.
Ich konnte durch einen der beiden weiß gestrichenen, eisernen Ausgänge hineinsehen, der zufällig
offen war. Vor mir sah ich einen Raum, der nicht zu groß war. Er sah aus wie ein normaler Duschraum mit allen
Einrichtungen eines öffentlichen Badehauses. Die Wände waren mit kleinen, weißen Kacheln bedeckt.
Das war eine saubere Arbeit. Der Boden war mit kleinen orangenen Terrakotta-Kacheln bedeckt. Vernickelte Anschlüsse
kamen aus der Decke. Das war alles. Ein komfortables, nettes, kleines Badehaus inmitten eines Wäldchens."
Yankiel Wiernik wurde am
23. August 1942
von
Warszawa (Warschau) nach Treblinka deportiert und hat seine Erlebnisse in
seinem Büchlein "Ein Jahr in Treblinka" aufgeschrieben:
"
Als ich im Lager ankam, wurden bereits drei Gaskammern benutzt. Während meiner
Gefangenschaft wurden weitere zehn errichtet. Eine Gaskammer maß 5 x 5 m und war etwa 1,90 m hoch.
Der Abzug im Dach hatte eine luftdichte Kappe. Die Kammer war mit einem Einlass für ein Gasrohr
ausgestattet, und mit einem nach der Rampe abfallenden Fußboden aus gebrannten Fliesen.
Das Ziegelsteingebäude, das die Gaskammern enthielt, war durch einen Holzzaun vom Lager 1 abgetrennt. Der
Holzzaun und die Ziegelwand des Gebäudes bildeten einen Korridor, der 80 cm höher war als das Gebäude.
Die Kammern waren mit dem Korridor durch eine luftdichte Eisentür verbunden, die in jede Kammer führte.
Auf der Seite des Lagers 2 waren die Kammern durch eine 4 m breite Rampe verbunden, die an allen drei Kammern
entlang führte. Sie war etwa 80 cm hoch über dem Erdboden. Es gab auch eine luftdichte Holztür an dieser
Seite.
Jede Kammer hatte eine 1,80 m hohe und 2,50 m breite Tür Richtung Lager 2, die man nur von außen
öffnen konnte, mit Eisenstangen hochheben konnte, und die mit Eisenhaken am Rahmen verschlossen werden konnten.
Die Opfer wurden durch die Korridortüren in die Gaskammern dirigiert während die Vergasten durch die Türen
herausgezogen worden, die Richtung Lager 2 zeigten. Die Stromversorgung fand längsseits dieser Kammern statt. Sie
versorgte Lager 1 und 2 mit Strom. Dort stand ein von einem auseinandergebauten russischen Panzer stammender Motor.
Der Motor pumpte das Gas in die Kammern, wenn er mit den Zuführungsrohren verbunden wurde. Der Zeitraum, in dem
der Tod die hilflosen Opfer ereilte, hing ab von der Menge der Motorabgase, die in die Kammer gelangten.
Die Maschinerie der Gaskammer wurde von zwei Ukrainern betrieben. Einer von ihnen,
Ivan, war groß und seine Augen erschienen freundlich und höflich, er war
jedoch ein Sadist. Der andere Ukrainer wurde Nicholas genannt. Er hatte ein bleiches
Gesicht und dieselbe Mentalität wie Ivan.
Zwischen 450 und 500 Menschen wurden in eine Kammer von 25 m2 gepfercht. Sobald die Vergasung vollzogen
war, besichtigten Ivan und Nicholas
das Ergebnis. Dann gingen sie zur anderen Seite, öffneten die Tür zur Rampe und holten die
Leichen heraus."
Die neuen Gaskammern
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Neue Gaskammern |
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Grundriss Neue Gaskammern |
Stangl und
Wirths oberstes Ziel war die
Vergrößerung der Kapazität der Gaskammern. Daher beorderte
Christian Wirth, Inspekteur der
Aktion Reinhard-Lager,
SS-Scharführer
Lorenz Hackenholt von
Belzec nach Treblinka, um den Bau der neuen Gaskammern zu leiten.
Diese wurden im
September 1942 fertig.
Das neue Gebäude hatte 10 Gaskammern, jede 7 x 7 m (Arad: 4 x 8 m). Die "Vergasungsfläche" von
75 m
2 der alten Gaskammern wurde also mit den neuen Gaskammern um fast das Siebenfache übertroffen.
Die Höhe der neuen Kammern war 2 m, etwa 60 cm niedriger als bei den alten Kammern. In den neuen Gaskammern
konnten maximal 3.800 Menschen gleichzeitig getötet werden.
Ein Flur verlief mitten durch das Gebäude, fast der ganzen Länge nach. Auf jeder Seite des Flures
befanden sich 5 Gaskammern. Die Eingangstüren und die großen "Leichenentfernungstüren" ähnelten
denen in den alten Kammern. Die äußeren, großen Türen waren hochklappbare Türen, die beim
Entfernen der Leichen mit jeweils zwei starken Holzbohlen hochgehalten wurden. Neben jeder Eingangstür gab
es Beobachtungsschlitze, durch die die Mörder den Verlauf der Vergasung vefolgen konnten. Der Haupteingang zum
Flur war mit einem dunklen Vorhang versehen, der aus einer unbekannten Synagoge gestohlen worden war. Er hatte die
hebräische Inschrift "Dies ist der Weg zu Gott, die Gerechten werden hindurch gehen". Am Giebel über dem
Eingang war ein großer Davidstern angebracht. Über fünf Treppenstufen gingen die Opfer in den Flur.
Blumenschalen standen an beiden Seiten der Treppe. Am Ende des Flures befand sich der Motorraum, in dem zwei
Benzinmotoren das tödliche Kohlenmonoxidgas produzierten.
SS–Scharführer
Franz Suchomel kam am
20. August
1942 in Treblinka an. Er wurde von
Claude Lanzmann für dessen
Film "Shoah" interviewt:
"
... Die anderen Juden, noch am Leben, warteten zwei Tage lang. Die kleinen Gaskammern
konnten es nicht bewältigen. Sie liefen in der Zeit Tag und Nacht. Mein erster Eindruck von Treblinka war, und
einige andere fühlten dasselbe, es war eine Katastrophe. Hackenholt und
Lambert überwachten die Juden, die die Arbeit machten, zumindest die Maurer.
Ukrainische Tischler stellten die Türen her. Die Gaskammertüren selbst waren Eisentüren von einem
Bunker. Ich denke, dass es russische Bunkertüren waren, aus Bialystok. Die
alten Gaskammern waren noch da. Bei großen Transporten wurden die alten Gaskammern auch benutzt.
... Und hier: die Juden sagen, dass da auf jeder Seite fünf waren; ich sage vier, aber ich bin mir nicht sicher.
Jedenfalls wurden nur die oberen vier auf dieser Seite benutzt."
Yankiel Wiernik in seinem Buch "Ein Jahr in Treblinka":
"
Zwischen 10 und 12.000 Menschen wurden täglich vergast. Wir bauten eine Schmalspurbahn
und fuhren die Leichen auf einer rollenden Plattform zu den Gruben. Der neue Bau zwischen Lager 1 und 2, an dem wir
arbeiteten, wurde in sehr kurzer Zeit fertiggestellt.
Es zeigte sich, dass wir zehn zusätzliche Gaskammern bauten, größer als die alten, 7 x 7 m, oder
etwa 50 m2. 1.000-1.200 Menschen konnten in eine Gaskammer gepresst werden. Das Gebäude war entsprechend
dem Korridor-System angelegt, mit fünf Kammern auf jeder Seite des Korridors. Jede Kammer hatte zwei Türen,
eine Tür ging zum Flur, von dem aus die Opfer eintraten; die andere Tür, Richtung Lager, wurde zum
Entfernen der leichen benutzt. Die Türen waren genauso gebaut wie die Türen der alten Gaskammer. Das
Gebäude, vom Lager 1 aus gesehen, zeigte fünf breite Treppenstufen aus Beton, mit Blumenschalen auf jeder
Seite. Dann kam ein langer Flur. Richtung Lager war ein großer Davidstern an der Spitze des Daches, so dass
das Gebäude wie eine altmodische Synagoge aussah."
Der Angeklagte Münzberger – seine
persönliche Aussage über das "obere Lager".
Siehe unsere Seite mit Treblinka Gaskammern CADs!
Quellen:
Alexander Donath.
The Death Camp Treblinka
Yitzhak Arad.
Belzec, Sobibor Treblinka
Witold Chrostowski.
Extermination Camp Treblinka
Eliahu Rosenberg. Private correspondence to ARC
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