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Belzec Arbeitslager

Letztes Update 1. Juli 2006





Dass die SS 1940 in Belzec Arbeitslager für Juden aus dem Generalgouvernement einrichtete, hatte zumindest zwei Gründe:
Nach dem ursprünglichen Plan der Nazis, die Juden aus Deutschland und anderen besetzten Ländern nach dem Distrikt Lublin umzusiedeln, ist es denkbar, dass zuerst entsprechende Lager eingerichtet werden sollten.
Himmler, Heydrich und Globocnik hatten die Idee, die umgesiedelten Juden zum Bau von Befestigungsanlagen an der Grenze des Generalgouvernements und der UdSSR einzusetzen.

Tor eines Arbeitslagers *
Von Ende Mai bis etwa August 1940 deportierte die SS ca. 10.000 Juden aus den Distrikten Lublin, Radom und Warschau nach Belzec. Viele kamen auch freiwillig, denn sie kannten die Bedingungen in Belzec nicht. Besonders Juden aus Warschau versprachen sich hier bessere Aussichten als zu Hause, wo es keine Arbeit mehr gab.
Eine große Gruppe jüdischer Arbeiter kam an drei Tagen im August 1940 in Belzec an. Zuerst wurden sie unter primitiven Bedingungen untergebracht, weil es noch keine ausreichenden Gebäude gab. Nach einigen Tagen schickte man sie in 20 verschiedene Zweiglager in und um Belzec.
Ihre Hauptaufgabe war der Bau von Befestigungsanlagen an der sowjetischen Grenze, u.a. eine 140 km lange Wall- und Grabenanlage zwischen den Flüssen Bug und San. Bis Oktober 1940 waren allerdings nur 40 km dieses Bauwerkes fertiggestellt (zwischen Belzec und Dzików Stary). Die Juden der Arbeitslager in Belzec bauten einen 6 km langen Teil dieser "Otto-Linie". Sie wurden auch zum Bau von Entwässerungsgräben, zur Regulierung von Flüssen und zum Straßenbau eingesetzt.
Arbeitslager Nr. 1
Arbeitslager Nr. 2
In Belzec hausten die Juden an drei Orten: Dem Gutshof (1.000 Menschen), Kesslers Mühle (500) und dem Lokschuppen (1.500). Außerhalb des Dorfes wohnten und arbeiteten sie in Cieszanów (ca. 3.000), Plazów (1.250) und anderen Orten. Ein Teil der Juden in Cieszanów wurden schließlich nach Dzików gebracht.

35 Arbeitslager wurden entlang dieser Verteidigungslinie errichtet, vorwiegend in noch vorhandenen Synagogen, in Lagerhäusern, Kornspeichern und Scheunen.

Belzec: Juden marschieren
ins Arbeitslager #2
Belzec: Juden marschieren
ins Arbeitslager #1
Als die erste Gruppe von Juden aus Lublin nach Belzec kam, trafen sie auf Sinti, die von Deutschland (u.a. aus Hamburg), der Tschechoslowakei und Polen deportiert worden waren. Zur selben Zeit sagte der Gouverneur von Lublin, Ernst Zörner, dass Belzec das Hauptlager für Sinti und Roma werden solle. Das "Zigeunerlager" befand sich auf einem Bauernhof in der Nähe des Gutshofes in Belzec. Die Roma und Sinti hatten Gräben im Dorf auszuheben. Unter ihnen befanden sich auch Veteranen des 1. Weltkrieges und sogar NSDAP-Mitglieder.
Unter den Gefangenen befand sich auch eine Gruppe polnischer Bauern aus Dörfern in der Nähe von Tomaszow Lubelski. Diese Geiseln hatte man beschuldigt, ihre Abgaben nicht geleistet zu haben.

Die Lebensbedingungen in den Lagern waren schrecklich: Die Gefangenen wurden gequält und geschlagen. Sie hatten ständig Hunger. Oft entschieden Mütter ihre Babys umzubringen, weil sie keine Nahrung mehr hatten. Jeden Tag gab es sogenannten Schwarzen Kaffee ohne Zucker und 300g Brot zum Frühstück. Die "Suppe", die Hauptmahlzeit, bestand aus Wasser, in dem stinkendes Gemüse und altes Fleisch schwamm. Für die hart arbeitenden Menschen reichte das natürlich nicht aus. Nur anlässlich eines Besuchs des schweizerischen Roten Kreuzes war das Essen zwei Tage lang besser. Als die Kommission Belzec verließ um das Arbeitslager Plazów zu besichtigen, ordnete der Lagerkommandant Dolp an, dass die Häftlinge nun wieder dasselbe eklige Essen erhalten sollten wie vorher. Viele Roma und Sinti starben hier durch Typhus und Ruhr.
Wieviele Roma und Sinti hier insgesamt umkamen, ist nicht bekannt. Ihre Gräber befinden sich nahe der Bahnstrecke und an der Straße nach Jaroslaw.
Als die ersten Juden eingeliefert wurden, verließen gerade über 1.000 Roma und Sinti Belzec. Man schickte sie ins Arbeitslager Krychow bei Sobibor (vor dem Krieg gab es schon ein Arbeitslager für polnische Kriminelle in Krychow). Über das weitere Schicksal der Sinti und Roma, die nicht von hier flüchten konnten, ist nichts bekannt. Möglicherweise wurden sie ins Ghetto Siedlce deportiert, von wo aus sie letztlich wohl nach Treblinka gebracht worden sind.

Auf der Latrine erschossen
Lagerkommandant war SS-Sturmbannführer Hermann Dolp. Vor seiner Abkommandierung nach Belzec leitete er das Zwangsarbeitslager Lindenstraße 7 in Lublin. Sein Stellvertreter in Belzec war SS-Hauptsturmführer Franz Bartetzko, der ab Frühjahr 1942 das Zwangsarbeitslager Trawniki geleitet hatte.
Beide waren sehr grausam und ermordeten eine Reihe von Gefangenen. Ein schlimmes Beispiel für Dolps grausames Wesen: Er ordnete an, dass die Juden nur zu bestimmten Zeiten auf die Latrine gehen durften. Diejenigen, die vor oder nach diesem Zeitraum dort angetroffen wurden, erschoss er persönlich. Besonders die Gefangenen, die an Durchfall litten, fielen ihm zum Opfer.
Dolp war auch als der korrupteste SS-Mann in Belzec bekannt. Die Gefangenen, die in den Werkstätten Kleidung, Schuhe etc. herstellten, mussten alle seine Wünsche erfüllen. Obwohl die Lager von der SS kontrolliert wurden, organisierte ein sogenanntes "Gremium" aus Mitgliedern verschiedener ehemaliger Judenräte die innere Verwaltung der Lager und die Versorgung mit Essen und Kleidung. Sämtliche Ausgaben für die Gefangenen mussten von den ehemaligen Judenräten der Städte bezahlt werden, aus denen die Juden kamen.
Nach August 1940 wurde das "Gremium" umgewandelt in den "Zentralen Lagerrat", geleitet von Leon Zylberajch aus Lublin. Alle Mitglieder des Rates wurden von der Arbeit befreit. Über die Korruption innerhalb dieses Gremiums sind einige schriftliche Berichte erhalten, die vom Judenrat in Lublin im Jahre 1940 verfasst worden sind, nachdem die Arbeitslager aufgelöst worden waren: Die Mitglieder des Rates erpressten von den Gefangenen Geld, wenn diese ins Hospital gebracht werden mussten. Die Gefangenen mussten auch Geld zahlen für einen besseren Arbeitsplatz. Letztlich plünderten die Ratsmitglieder auch Lebensmittelpakete, die von Verwandten an die Gefangenen geschickt worden waren.

Die Gefangenen mussten morgens um 4 oder 6 (je nach Jahreszeit) mit der Arbeit beginnen. Infolge von Misshandlungen, Hunger und primitiver Bedingungen (keine Bettdecken in den Schlafräumen, keine Möglichkeit die Kleidung zu wechseln usw.) sahen viele Gefangene nach kurzer Zeit wie Skelette aus. Dr. Janusz Peter, Leiter des Hospitals in Tomaszów Lubelski, hielt den Kontakt zu seinen ehemaligen Patienten so gut wie möglich aufrecht. Er berichtete, dass die Gefangenen wie "Geister in Lumpen" aussahen. In seinen Memoiren kann man lesen, dass die Deutschen Fotos von diesen Menschen gemacht haben, zum Beweis für die "jüdische Untermenschenkultur" in Polen.

Brief vom 13. Juni 1940
Die Arbeitslager in Belzec und Umgebung wurden im Oktober 1940 aufgegeben. Vor der Auflösung wurde ein Teil der Juden entlassen, weil sie nicht mehr arbeiten konnten. Einige von ihnen starben kurz nach der Entlassung an Erschöpfung und Wunden. Der letzte Transport entlassener Juden ging Ende Oktober 1940 nach Hrubieszow.

Bis heute (2005) wissen die meisten Menschen nicht, dass die Arbeitslager in und um Belzec der größte Komplex von Arbeitslagern im Generalgouvernement im Jahre 1940 gewesen ist. Noch heute kann man direkt nebendem Vernichtungslager Belzec Reste des Walls der "Otto-Linie" sehen.

Die Zahl der Opfer, die in den Arbeitslagern gestorben sind, ist nicht bekannt. Allein im Dorf Belzec sind etwa 300 Menschen umgekommen. Nach Zeugenaussagen sind etwa 200 Leichen in einem alten Park in der Nähe des Gutshofes vergraben, viele andere im Wald "in der Nähe von Jan Woloszyns Haus". Diese Begräbnisstätte ist noch nicht exakt lokalisiert worden. Möglicherweise befindet sie sich im Wald gegenüber des ehemaligen Vernichtungslagers, hinter der Möbelfabrik und Wirths Haus. Einige andere Opfer sind auf dem Judenfriedhof in Tomaszow Lubelski begraben.

Fotos:
GFH *

Quellen:
Staatsarchiv Lublin: Sammlung des Judenrates in Lublin 1939 - 1942
Dokumenty i materialy. Vol. 1, Obozy. Red. N. Blumental, Lodz 1946
E. Dziadosz, J. Marszalek: Wiezjenia i obozy pracy w dystrykcie lubelskim w latach 1939-1944. "Zeszyty Majdanka", vol. 3 (1969)
J. Peter: W Belzcu podczas okupacji. (in) Tomaszowskie za okupacji. Red. J. Peter, Tomaszow Lubelski 1991
T. Radzik: Lubelska dzielnica zamknieta. Lublin 1999

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