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Globocnik |
Odilo Globocnik wurde
1904 in
Triest (Italien) als
Sohn österreichisch-slowenischer Eltern geboren. Der Vater war ein habsburgischer Kavallerie-Leutnant,
später Postbeamter. Die Mutter stammte aus Ungarn. Globocnik hatte teilweise deutsche Vorfahren; beide
Großmütter hatten deutsche Namen. Die Familie zog von
Triest nach
Klagenfurt (Österreich). Laut eines
1935
erstellten Berichtes der Präfektur von
Triest geschah dies
1923.
In seinem SS-Personalbogen gab Globocnik an, Bauleiter zu sein.
1931 trat er
der österreichischen Nazi-Partei bei (Mitgliedsnummer 442.939), am
1. September 1934
der SS (Mitgliedsnummer 292.776).
Wegen seiner illegalen pro-Nazi Aktivitäten in Österreich wurde er vor
1931
mehrmals zu Haftstrafen verurteilt. Seine Rolle bei der Ermordung des jüdischen Juweliers
Norbert Futterweit im
Juni 1933 ist ungeklärt.
Futterweit wurde durch ein von Nazis unternommenes Bombenattentat in
Wien getötet. Vor dem "Anschluss" Österreichs im Jahre
1938 war Globocnik eifrig bemüht, diverse nationalsozialistische Aktivitäten
in Österreich zu unterstützen. 1936 wurde er Gauleiter von Kärnten, und als
SS-Standartenführer am
28. Mai 1938 Gauleiter von
Wien. Er spielte eine wichtige Rolle beim "Anschluss" Österreichs.
Dafür nahm er in
Hitlers Reichskanzlei persönliche Instruktionen entgegen.
Weil er in kriminelle Devisengeschäfte verwickelt war, Geheimkonten für erpresstes jüdisches Geld
einrichtete und schlampig mit Parteigeldern umging, wurde er
1939 seines Postens
enthoben, jedoch am
9. November desselben Jahres von
Heinrich Himmler zum
SS- und Polizeiführer
für den Distrikt Lublin ernannt. Als
SS-Brigadeführer und
Generalmajor residierte Globocnik nun als mächtigster Mann
Lublins
in einer Villa in der
Wieniawska-Straße und genoss seinen extravaganten
Lebensstil. Er umgab sich mit einer Reihe alter Kumpanen aus Kärnten, um
Himmlers Befehle für die Aktion Reinhard auszuführen.
Im Rahmen der Aktion Reinhard wurden etwa 1,7-1,8 Millionen Juden ermordet und jüdisches Vermögen
im Wert von ca. 178 Millionen Reichsmark geraubt. Wertsachen, Kleidung, Haare der Opfer etc. wurden von den
Lagern via
Lublin nach Deutschland geschickt.
Globocnik war verantwortlich für alle SS- und Polizeiangelegenheiten in
Lublin. Darüber hinaus wurde er von
Himmler
im
Juli 1941 auch zum Generalbevollmächtigten für die Planung und Einrichtung
von SS- und Polizeistützpunkten in den besetzten sowjetischen Gebieten ernannt. Seine Standortkommandeure wurden:
Georg Michalsen (für
Riga),
Kurt Classen
(
Bialystok und
Minsk),
Hermann Höfle (
Mogilew),
Richard Thomalla (
Starakonstantinow, Zwiahel
und
Kiev).
Hermann Dolp war ebenfalls wesentlich
an der Errichtung der Stützpunkte in
Minsk und
Mogilew beteiligt. Globocnik und diese fünf SS-Offiziere spielten ein Jahr
später eine führende Rolle bei der Aktion Reinhard.
Globocnik war auch verantwortlich für
- die endgültige Liquidierung der Ghettos in
Warschau und
Bialystok
- die Umsiedlung einer großen Anzahl von Polen (besonders im Gebiet um
Zamosc)
- die
Ostindustrie GmbH ("Osti"), in deren Betrieben jüdische Zwangsarbeiter für die SS schufteten
- ein Netzwerk von Zwangsarbeitslagern im Bezirk
Lublin, in denen 45.000 Juden
gefangen gehalten wurden. Die größten waren
Poniatowa,
Trawniki und das
KZ Majdanek.
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Globocnik zeichnet Hackenholt aus |
Als die Aktion Reinhard im
Oktober 1941 beschlossen wurde, sprach Globocnik
öffentlich davon, dass nach der "Umsiedlung" der Juden des Generalgouvernements die polnische Bevölkerung
ebenfalls weiter nach Osten verschoben werden sollte, und dies im Bezirk
Lublin zuerst stattfinden sollte. Deutsche,
hauptsächlich aus Bessarabien und der Bukowina, sollten dann den Platz der Polen einnehmen. Dieses Konzept
war Teil eines umfangreicheren Planes zur Umsiedlung slawischer Nationen bis östlich des Urals
("Generalplan Ost"). Das Gebiet um
Zamosc wurde von
Himmler und Globocnik als Erprobungsgebiet dafür ausgewählt. So wurden
zwischen 1942 und 1943 110 Dörfer dieser Region umgesiedelt, was oft mit
Massenexekutionen verbunden war.
Etwa 50.000 polnische Kleinbauern wurden in Durchgangslager in
Zwierzyniec und bei
Zamosc eingeliefert, später nach
Auschwitz,
Majdanek und Arbeitslagern in Deutschland deportiert. Mit Hilfe des
polnischen Widerstandes konnten tausende vorher noch in die Wälder entkommen. Viele Dörfer wurden völlig
zerstört. Als Folge dieser Aktion erhielt die Widerstandsbewegung großen Zulauf, und die Wirtschaft im Distrikt
Lublin brach praktisch zusammen.
Globocniks Kompetenzen überschnitten sich teilweise mit denen des Zivilgouverneurs in
Lublin,
Ernst Zörner. Dieser wurde
daraufhin von
Himmler am
10. April 1943 nach
Deutschland versetzt, so dass Globocnik von nun an freie Hand hatte für die Durchführung der Aktion Reinhard.
Die Aktion Reinhard wurde unter der Leitung Globocniks mit größter
Brutalität durchgeführt. Mit voller Rückendeckung durch
Himmler
konnte er die von ihm gut geheißenen rassischen Ziele der Nazis in "seinem" Generalgouvernement realisieren.
Fast zwei Millionen Juden wurden ermordet und vorher ihres Vermögens beraubt, dessen Erlöse der deutschen
Staatsbank zuflossen.
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Selbstmord in Paternion |
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Globocnik in Triest |
Zwei Monate vor Ende der Aktion Reinhard wurde Globocnik am
13. September 1943
zum
HSSPF Adriatisches Küstenland ernannt und erhielt seine
Versetzung nach
Triest (Italien), zusammen mit den meisten
Männern der
Aktion Reinhard.
Himmler benötigte
ihn und seine Vernichtungsexperten zur Partisanenbekämpfung im Grenzgebiet zu Jugoslawien (Istrien). Dort
leitete Globocnik die "Aktion R", die sich neben der Partisanenbekämpfung
auch der Vernichtung der dort lebenden Juden widmete. Später leitete er den von
Hitler befohlenen Bau von militärischen Stellungen in Norditalien.
Im
Oktober 1944 heiratete er
Lore Peterschinegg,
Leiterin des kärntner BDM (Bund Deutscher Mädel). Dem ging eine Beziehung zu
Irmgard Rickheim in
Lublin voraus.
Gegen Ende des Krieges in Norditalien verließ er
Triest und bevorzugte den
noch sicheren Ort
Cividale.
Immer vor der anrückenden Front zurückweichend, gelangte er schließlich über den Alpenhauptkamm
nach
Klagenfurt (Kärnten). Auf der
Möslacher
Alm am
Weissensee wurde er am
31. Mai 1945
von britischen Truppen festgenommen, zusammen mit
Höfle, Lerch und Michalsen.
Man brachte die Gruppe in die nahe gelegene Stadt
Paternion, wo Globocnik sich
nach dem ersten Verhör am selben Tag um 11:30 Uhr mit Zyankali vergiftete. Er starb außerhalb des
Gefängnisses, etwa 100 m entfernt vom Schloss in
Paternion. Seine Leiche
wurde fotografiert, zusammen mit
Höfle,
Lerch, und
Michalsen.
Siehe Auschwitz-Kommandant
Höß'
Gedanken über Globocnik!
Fotos:
USHMM
*
Quellen:
Joseph Poprzeczny:
Odilo Globocnik
Siegfried J. Pucher:
"... in der Bewegung führend tätig". Odilo Globocnik - Kämpfer für
den "Anschluß", Vollstrecker des
Holocaust, Klagenfurt 1997
Gerard Reitlinger:
The Final Solution
Die Enzyklopädie des Holocaust
Majdanek 1941-1944, Ed. by T. Mencel, Lublin 1991.
© ARC 2005