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Höfle |
Hermann Julius Höfle wurde am
19. Juni 1911 in
Salzburg geboren.
1930 trat er der österreichischen Nazi-Partei bei, am
1. August 1933 der NSDAP (Mitgl. Nr. 307 469)
und SS. Er war ausgebildeter Automechaniker und arbeitete in
Salzburg als Taxiunternehmer.
Zwischen Ende 1935
und Januar 1936 saß er wegen unerlaubter politischer Betätigung im salzburger Polizeigefängnis ein.
1937 war Höfle Führer des SS-Sturmbanns 1/76. Er beteiligte sich
an anti-jüdischen Aktionen während der "Reichskristallnacht" und fiel
Adolf Eichmann auf, der ihn
Globocnik als Mitarbeiter empfahl..
Nach einer Ausbildung an der Offiziersschule in
Dachau war er bis zum Ausbruch des 2.Weltkrieges kurzzeitig
im Sudetenland eingesetzt. Während der Invasion Polens diente er im 8. SS-Infanterieregiment, danach als
Führer des "Selbstschutzes" in
Nowy Sacz.
Am
1. September 1940 wurde Höfle nach
Lublin versetzt. Dort arbeitete
er für den "SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin",
Globocnik.
Höfle leitete nun die Zwangsarbeitslager am "Buggraben", einem Netzwerk
von tiefen Panzergräben in der Nähe von
Belzec.
Er war außerdem Liegenschaftsverwalter
Globocniks, verantwortlich für das Zwangsarbeitslager an der
Lipowa Straße in
Lublin, maßgeblich beteiligt an der Einrichtung von SS- und
Polizeistützpunkten im Distrikt
Lublin, und er baute das SS-Ausbildungslager in
Trawniki mit auf.
Als
Globocniks "Judenreferent" war er schon in früheste Planungen für
die Aktion Reinhard involviert. Am
16. März 1942 nahm er an einem Treffen von SS
und Zivilverwaltung in
Lublin teil, das die
Deportationen nach
Belzec planen sollte.
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Julius Schreck Kaserne |
In
Lublin wohnte Höfle in der
Julius Schreck Kaserne. Im Erdgeschoss
befand sich die Transportabteilung. In der 1. Etage befanden sich die Verwaltung, Buchhaltung, Archiv und
das Büro des Stabsführers. In der 2. Etage war die Personalabteilung. Hier bewohnte
er ein Zimmer.
Höfle begleitete
Eichmann
bei dessen Besuchen in
Belzec und
Treblinka. Er spielte eine bedeutende Rolle bei den Deportationen in
Mielec, Lublin, Rzeszow, Warschau und
Bialystok und organisierte auch den Empfang von Transporten aus Deutschland,
Terezin (Theresienstadt) und der Slowakei im Distrikt
Lublin. Er gab Befehl, von allen nach den Transit-Ghettos (in
Opole Lubelski, Konskowola oder
Deblin),
Sobibor oder
Belzec gehenden Transporten arbeitsfähige, junge
Männer für die Zwangsarbeit zu selektieren. Nach einigen Zeugenaussagen selektierte er auch persönlich
und schickte die jungen Männer vorwiegend nach
Majdanek.
Die Selektionen fanden auf der Rampe des Lagers
Flugplatz in
Lublin und dem Bahnhof von
Naleczow (30 km von
Lublin entfernt) statt. Die Selektionen in
Naleczow fanden bei Transporten aus der Slowakei statt.
Die während der ersten Wochen der
Aktion Reinhard angewendeten Methoden wiederholte
Höfle später auch bei weiteren Deportationen, besonders im
Warschauer Ghetto. Seine
Aktivitäten in
Warschau sind gut belegt: Am
22. Juli 1942, eine Woche nach seiner Ankunft in
Warschau, tauchte er um 10:00 Uhr vormittags beim Judenrat auf. Er
informierte den Vorsitzenden des Judenrates,
Czerniakow, darüber, dass
"alle Juden, egal welchen Geschlechts oder Alters, nach Osten deportiert würden, mit einigen Ausnahmen. Um
16:00 Uhr müssten 6.000 Menschen zur Abfahrt bereit stehen. Diese Mindestzahl würde von nun an die
tägliche Quote sein." Noch am selben Tag tauchten mittags entsprechende Bekanntmachungen in den Straßen
Lublins auf, verfasst vom Judenrat, aber diktiert von Höfle.
Zygmunt Warman, Mitglied des Warschauer Judenrates, sagte aus, dass
Höfle dem Judenrat während dieses Treffens befahl, hölzerne
Kisten (150x70 cm) bereit zu stellen. "Dies war ein sehr seltsamer Befehl. Viel später wurden wir gewahr,
dass die Kisten für die geraubten Goldzähne und Juwelen gedacht waren, die nicht direkt in die Taschen
der Henker gewandert waren."
Nach den Memoiren von
Samuel Puterman besuchte
Höfle während der "großen Aktion" im
Warschauer Ghetto
auch die Ghettostraßen sowie den
Umschlagplatz. Was er dabei
sah, interessierte ihn nicht weiter. Er war nur an den Zahlen der Deportierten nach
Treblinka interessiert. Jeden Abend erhielt
Höfle von einem für die Zählung verantwortlichen
SS-Unterscharführer die tägliche Statistik für die Deportationen. Möglicherweise
wurden ihm so oder ähnlich auch die Zahlen aus anderen Ghettos übermittelt.
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Michalsen und Höfle, Mai 1945 |
Höfle wusste genau, unter welchen Bedingungen die Deportierten während
der Zugfahrten litten und dass viele Menschen schon auf der Fahrt in die Vernichtungslager starben. Er wusste auch,
dass Gerüchte über
Treblinka im Ghetto kursierten. Er sagte
zu
Georg Michalsen: "Es hat keinen Sinn, das Ziel der Transporte zu verheimlichen,
wenn jeder Jude darüber Bescheid weiß."
Zwei seiner vier Kinder (Zwillinge) starben in
Lublin an einer Krankheit.
Von Gram geplagt, rief er am Grab der Kinder: "Dies ist die Strafe für die Kinder von
Warschau!"
Nachdem
Globocnik im
September 1943 nach
Triest versetzt worden war, blieb
Höfle noch in
Lublin. Bei der
Aktion Erntefest, als im
November 1943 die Insassen der Zwangsarbeitslager im Distrikt
Lublin ermordet wurden, spielte er eine bedeutende Rolle.
Nach Ende der Aktion Reinhard tauchte Höfle in
Brüssel und den Niederlanden auf. Eventuell folgte er
Globocnik auch
noch nach
Triest. Auf jeden Fall wurde er zusammen mit
Globocnik, Lerch und
Michalsen
am
31. Mai 1945 in Kärnten von britischen Truppen verhaftet.
Höfle wurde nicht der Prozess gemacht. Er lebte danach in Italien,
Deutschland und Österreich.
1961 wurde er schließlich in
Salzburg verhaftet und nach
Wien gebracht.
Dort erhängte er sich am
20. August 1962 in seiner Gefängniszelle.
Quellen:
Joseph Poprzeczny:
Hitler’s Man in the East, Joseph- McFarland &Co. Inc, 2004
Simon Wiesenthal:
Justice not Vengeance
Yisrael Gutman:
The Jews of Warsaw
Stephen Tyas:
Decoded Radio Messages from the PRO
Yad Vashem Archiv
Public Records Office (PRO), Kew
Institut der Nationalen Erinnerung in Warschau:
Dokumente der Ermittlungen gegen Karl Georg Brandt.
Bundesarchiv in Ludwigsburg:
Ermittlung gegen Georg Michalsen
Memoiren von Samuel Puterman in: Pamietniki z getta warszawskiego. Fragmenty i regesty
(Memoirs from Warsaw Ghetto. Fragments). Ed. M. Grynberg. Warszawa 1993.
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